0196 - Die Mörderklaue
das Bild der beiden Toten vor Augen. Und jetzt war ich sicher, daß sich die Krähen und Raben für den Tod der Männer verantwortlich zeigten. Als Totenvögel geisterten diese Tiere durch die Sagen und Legenden, für mich waren es Killervögel geworden.
Die neue Opfer gefunden hatten. Nämlich uns!
Wir mußten blitzschnell überlegen, was wir unternehmen sollten. Suko und ich konnten uns wehren, aber wie sah es mit Sarah Goldwyn und Detlev Menningmann aus?
Die Vögel verdunkelten für einen Moment den Himmel über uns. Noch stießen sie nicht herab, waren sie unschlüssig, aber auch aufgeregt, denn ich hörte ihr Schreien und Krächzen.
Sarah Goldwyn drängte sich gegen mich. »John, mein Junge, jetzt mußt du dir etwas einfallen lassen«, sagte sie.
»Und wie?«
»Schützt dich dein Kreuz?«
Ich hob die Schultern. Sarah Goldwyn hatte mich geduzt. Ein Zeichen dafür, wo sie doch sonst so auf Distanz hielt, unter welch einer Spannung auch sie stand.
»Ihr müßt auf jeden Fall aus der Gefahrenzone«, erklärte ich.
»Und wohin?«
Ich deutete nach vorn, wo das geheimnisvolle Säulenhaus stand. »Dort könnt ihr euch vielleicht verstecken.«
»Aber wir..«
Ich schüttelte den Kopf und unterbrach Detlev Menningmann, kaum daß er angefangen hatte. »Es gibt keine Wenns und Einwände. Ihr habt sonst keine Chance.«
Lady Sarah ergriff die Initiative. Bevor Detlev sich rührte, packte sie ihn am Arm und zog ihn mit. Über die Schulter warf sie uns noch einen besorgten Blick zu.
Auch wir schauten nicht fröhlich aus der Wäsche, denn für uns würde es bald um Leben und Tod gehen. Normalerweise hätten die Vögel schon längst angreifen müssen. Warum sie sich zurückhielten, wußte ich auch nicht. Vielleicht waren sie durch die Vernichtung der Hände ein wenig aus der Fassung geraten. Wie dem auch sei, lange würden sie nicht mehr zögern.
Ich behielt recht.
Lady Sarah und der junge Maler waren kaum verschwunden, als sich das erste Dutzend Vögel schon auf uns stürzte. Suko und ich spritzten auseinander, obwohl jeder von uns den unheimlichen Friedhof als Ziel hatte.
Ich sprang mit einem gewaltigen Satz vor, erreichte den Friedhof an einer Stelle, wo ich bereits mit meinem Kreuz aufgeräumt hatte und hörte dicht neben meinem rechten Ohr das Flattern.
Ich schlug nach hinten.
Ein krächzender Schrei, nachdem mein Kreuz auf Widerstand gestoßen war. Dann klatschte neben mir etwas zu Boden. Es war einer der schwarzen Vögel.
Ihn hatte ich erledigt.
Suko hatte wieder seine Peitsche genommen. Er schlug damit um sich, traf auch einen Vogel, dessen Gefieder grau wurde und als Asche zu Boden rieselte.
Aber es waren zu viele.
Schon griffen mich die ersten an, flogen gegen meinen Rücken und hackten mit ihren spitzen Schnäbeln zu. Vor langer Zeit hatte ich mal gegen Geistervögel gekämpft und wußte deshalb, wie gefährlich sie werden konnten. [4]
Hinzu kamen noch die grünen Klauen, die wieder nach mir griffen. Die Druidenmagie war hier ungemein stark.
Wie sollten wir dagegen ankommen? Mein Kreuz!
Himmel, warum half mir denn mein Kreuz nicht? Ich merkte doch, wie es sich erwärmte und damit begann, eine Gegenmagie aufzubauen. Es wollte nicht zulassen, daß die andere stärker war.
Ich fiel zu Boden.
Eine schwarze Wolke umflatterte mich. Wieder hackten Schnäbel, ich vernahm das Flattern der Flügel, und dann rammte ich das Kreuz in den Boden und griff gleichzeitig zu meinem Dolch. Mit ihm in der Faust schwang ich herum, stach zu und traf auch, denn die Tiere bildeten einen dichten Pulk, der mich umflatterte und mich zu Boden drücken wollte.
Sie kamen nicht so recht an mich heran, das sah ich schon, denn mein Kreuz hatte sich in diesen Augenblicken stärker aufgeladen. Es mußte von irgendwoher Kraft bekommen haben. Es schien diesem wertvollem Kruzifix nicht recht zu sein, daß eine andere, fremde Magie die Oberhand gewinnen wollte. So jedenfalls sah ich es, denn anders konnte ich mir die Reaktion auch nicht erklären, die plötzlich einsetzte..
Ein silberfarbener Schimmer breitete sich über den gesamten Friedhof aus. In meinem Kreuz hatte er seinen Ursprung, fand dort die Kraft und wurde zu einem regelrechten Teppich, der dicht über dem Boden schwebte.
Die Vögel zuckten zurück, sobald sie der Aura zu nahe kamen. Ich nutzte meine Chance und warf mich zu Boden, damit ich mich selbst durch die Aura schützen konnte.
Auch Suko schrie ich zu, daß er nach unten tauchen sollte. Mein Freund und
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