0196 - Gangsterschlacht in Norfolk Street
aufgebrochen hatten. Am meisten ereiferte sie sich darüber, dass das Schweißgerät, das man zum Öffnen des Wandsafes benutzte, schwarze Flecken auf der Tapete hinterlassen hatte.
»Haben Sie eine Ahnung, was sich in diesem Safe befand?« erkundigte ich mich.
Die alte Frau kicherte vergnügt.
»Nichts, gar nichts. Lucio war viel zu schlau, um etwas Wertvolles darin aufzuheben - Ein Safe ist etwas für Dummköpfe, pflegte er zu sagen. Jeder Dieb wird zu allererst mal an das Safe gehen. Die Kiste mit der schmutzigen Wäsche aber wird er immer in Ruhe lassen. Lucios Safe war eine Attrappe, weiter nichts.«
»Und wie ist es mit dem Schreibtisch?«
»Darin befanden sich nur Papiere und in einer kleinen Kassette annähernd tausend Dollar. Mehr hatten wir nie im Haus.«
Das Personal, zwei schwarze Hausmädchen, schlief im Souterrain und hatte natürlich nichts gehört. Die Diebe waren durch ein französisches Fenster, dessen Scheibe sie herausgeschnitten hatten, eingestiegen. Man konnte sofort sehen, dass es Fachleute gewesen waren, und dementsprechend hatten sie auch keine Fingerabdrücke hinterlassen.
Ich benutzte die gute Gelegenheit, um zusammen mit den Detectives vom NYPD das ganze Gebäude zu durchsuchen. Wenn Amiglio die bei dem Hehler geraubten Juwelen wirklich im Haus hatte, was ich bezweifelte, so waren sie der Aufmerksamkeit der Einbrecher entgangen. Sie waren nicht weitergekommen, als bis zum Schreibtisch und zum Wandsafe. Inzwischen hatte die Alte die Polizei alarmiert, bei deren Eintreffen sich die Diebe schleunigst verzogen.
Meine Hoffnung, etwas zu finden, erfüllte sich leider nicht, Amiglio war noch klüger gewesen, als vorausgesagt worden war.
Die alte Frau, die, wie sie mir gesagt hatte, Rebecca Amiglio hieß, folgte uns mit wehendem Schlafrock und klap-22 pernden Pantoffeln überall hin, als hätte sie Furcht, wir könnten etwas mitnehmen.
Als dann die erfolglose Haussuchung beendet war, fragte ich:
»Kennen Sie eine junge Dame mit Vornamen Stella?«
»Stella?« Sie schüttelte den Kopf. »Wenn es allerdings eine von Lucios Freundinnen war, so dürfen Sie mich nicht fragen. Ich hatte ihm kategorisch und ein für allemal verboten, seine Weiber mit nach Hause zu bringen.«
Ich musste grinsen. Also stand sogar ein Boss des Syndikats unter dem Pantoffel, wenn auch unter dem einer uralten Schreckschraube.
Die Alte war denn auch schuld daran, dass wir die Wäschetruhe auf den Kopf stellten, aber auch darin fand sich nichts.
Gegen sieben kam der Chauffeur, den ich mir sofort unter vier Augen vornahm. Er bestätigte, dass Tante Rebecca das Regiment im Haus geführt und auch, dass sie keinerlei Damenbesuche erlaubt hätte.
Als ich den Namen Stella nannte, meinte er.
»Ja, diese Stella war während der letzten vier Monate Amiglios erklärte Favoritin. Er hat ihr einen Bungalow gekauft und eingerichtet, aber hierherkommen durfte auch sie nicht.«
»Wie heißt das Mädchen mit Nachnamen und wo wohnt sie?«
»Ihr Name ist Steresch. Soviel ich weiß, stammen ihre Eltern aus der Tschechoslowakei Sie wohnt in der Nelson Avenue 27 und tanzt im Ballett des Pariser Revue Theaters am Broadway.«
Und dann erzählte er weiter:
»Ich hatte Glück, dass gestern Louis den Bentley fuhr, sonst hätte ich auch daran glauben müssen. Wir wechselten täglich im Dienst ab. Einer von uns musste immer zu Hause bleiben für den Fall, dass Mrs. Amiglio etwas zu erledigen hatte oder Miss Stella anrief. Der,Herr wollte nicht, dass sie selbst fuhr. Darum steht ihr Roadster auch immer hier in der Garage. Wenn sie ausfahren will, so ruft sie an, und ich kann in zehn Minuten dort sein.«
»Wissen Sie etwas von Mr. Amiglios Geschäften?«
»Nicht das Geringste. Er traf sich mit allen möglichen Leuten in den verschiedensten Lokalen und Hotels. Was aber dort besprochen oder unterhandelt wurde, ist mir unbekannt.«
»Kennen Sie einen dieser Geschäftsfreunde mit Namen?«
»Keinen Einzigen. Ich habe auch nur die wenigsten gesehen, und das flüchtig. Ich glaube nicht, dass ich imstande wäre, einen davon wiederzuerkennen.«
»Haben Sie Stella Steresch gesehen, nachdem Mr. Amiglio gestern verunglückte oder ermordet wurde?«
»Ja. Sobald wir hier die Nachricht bekamen, rief ich bei ihr an. Sie war sehr aufgeregt und bat mich, sofort mit dem Wagen hinzukommen. Dann fuhren wir zur Maiden Street zu der Firma Cox Brothers, wo sie ungefähr eine Stunde blieb. Dann waren wir in der Fifth Avenue, um Trauerkleider zu kaufen, und
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