0196 - Gangsterschlacht in Norfolk Street
ihre Entführung. Dass die Burschen Jerry und den Jaguar mitgenommen haben, halte ich nur für eine Notlösung. Die zwei sahen eine Gelegenheit, wegzukommen und nutzten diese aus. Wieso Jerry sich hat hochnehmen lassen, ist mir unklar. Wenn sie ihn nicht in der ersten Aufregung erledigt haben, so werden sie sich hüten ihm auch nur ein Haar zu krümmen.«
Das war es auch, was ich mir die ganze Zeit über einzureden versuchte. Auch der gefährlichste Verbrecher hütet sich davor, einen G-man zu ermorden. Noch niemals ist einer, der sich dazu hinreißen ließ, davongekommen.
Während ich darüber nachdachte, schnüffelte Neville immer noch in dem Aktenstück. Dann plötzlich schnaufte er durch die Nase wie ein verschnupftes Walross.
»Monty Blyle«, knurrte er. »Der Bursche läuft noch frei herum, und ich lasse mich braten, wenn ich ihm nicht Verschiedenes aus der Nase ziehen werde.«
»Das hätten wir auch schon gern getan«, meinte ich. »Aber wir haben ihn nicht, und das ist der wunde Punkt.«
»So, ihr habt ihn nicht, ihr Schafsköpfe. Jetzt ist es fünf Uhr. Was gibst du mir, wenn ich dir den Lumpenhund innerhalb von fünf Stunden auf einem Tablett serviere? Wenn du willst, stecke ich ihm sogar eine Zitrone ins Maul.«
Er wartete die Antwort gar nicht ab, stülpte seinen breitrandigen Hut auf den Hinterkopf und überzeugte sich mit einem schnellen Griff davon, dass seine Kanone an Ort und Stelle war.
Dann brauste er ab.
Ich konnte mir vorstellen, dass es innerhalb der nächsten Stunden im East End, im Italiener-, im Polen-Viertel und vielleicht auch in Harlem einen heillosen Wirbel geben würde.
Als ich noch überlegte, ob ich es Neville nachmachen und auf eigene Faust losziehen sollte, liefen die ersten Meldungen ein.
An den verschiedensten Ecken und Enden der Stadt wollte man einen roten Jaguar gesichtet haben, aber dabei blieb es. Alle möglichen roten Wagen wurden gestoppt und teilweise zu den Polizeistationen geschleppt, darunter befand sich auch ein roter Jaguar, aber unglücklicherweise hatte er die falsche Nummer und gehörte dem Vorsitzenden der Senatskommission zur Verhütung des Gangsterunwesens.
Immer wieder wollte ich verschwinden, und immer wieder hielten irgendwelche Meldungen mich zurück. Gegen neun Uhr, als es bereits dämmerte, fing ich an, mir ernsthafte Sorgen zu machen. Auch Neville hatte nichts hörfen lassen.
»Der Teufel hole den ganzen Mist«, sagte ich zu mir selbst, und dann nahm auch ich meinen Hut und bestellte einen der wenigen Wagen, die noch in der Garage standen.
Ich war bereits im Begriff hineinzu springen, als oben ein Fenster aufflog und jemand aufgeregt winkte. Die Entfernung war zu groß, um etwas verstehen zu können, und so lief ich wieder in den Bau zur Anmeldung und ließ mich mit dem zwölften Stockwerk Verbinden.
»Meldung von der Polizeistation 312 am Grand'Boulevard. Im Claremont Park, und zwar genau in der Mitte, soll ein roter Jaguar mit einem schlafenden Fahrer stehen. Ein Liebespaar, das dort spazierenging, hat es gesprächsweise erzählt. Sie wussten sogar die Nummer, und diese Nummer stimmt.«
Das genügte.
Ich brauchte nicht länger als siebzehn Minuten. Vor mir war bereits ein Patrouillenwagen der Stadtpolizei angekommen. Das Erste, was ich sah, war Jeriys etwas verlegen grinsendes Gesicht.
Trotzdem ich heilfroh war, ihn mit heiler Haut wiederzusehen, pfiff ich ihn zuerst einmal an.
»Du hast die ganze Stadt durcheinandergebracht . Dreihundertsechzig Steifenwagen der City Police und vierzig von uns sind unterwegs, um den verlorenen Sohn zu suchen, und wir haben schon angefangen, für die Blumen beim Begräbnis zu sammeln. Neville ist auf dem Kriegspfad und wird vor lauter Wut über dein frühes Ende ein paar Dutzend großer und kleiner Ganoven umlegen. Selbst Mr. High sitzt noch im Office und weint blutige Tränen um dich.«
»Du lieber Himmel«, stöhnte Jerry. »Die tun ja alle, als hätten sie noch niemals einen über den Schädel bekommen. So was kann schließlich jedem passieren. Sag mal, Phil, hast du schon mal zum Unrechten Zeitpunkt niesen müssen?«
»Ganz bestimmt. Erst vorgestern, als ich gerade den Mund voll Whisky hatte und der durch die Nase wieder rauskam.«
»Na, siehst du, so ging mir das heute. Ich musste niesen, und die Gelegenheit benutzte einer der beiden Lumpen um mir eins auf den Schädel zu geben. Dann holten sie den Schlüssel aus meiner Tasche, machten die Armbänder ab und fuhren einfach weg. Ich muss längere
Weitere Kostenlose Bücher