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0197 - Mörder im Chinesenviertel

0197 - Mörder im Chinesenviertel

Titel: 0197 - Mörder im Chinesenviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mörder im Chinesenviertel
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enttäuscht. Wir verließen O'Briens Zimmer wieder, ich schloß es mit dem Dietrich ab, denn merkwürdigerweise hatte O'Brien keine Schlüssel bei sich gehabt.
    Um elf Uhr vormittags besprachen wir die Entwicklung des Falles mit Mr. High. Auch Jim Rueling war anwesend. Er vertrat den Leiter der Mordkommission im Falle des Chinesenmädchens, weil Ben selbst anderweitig beschäftigt war.
    Wir erhielten einen Überblick von der Arbeit, die die Mordkommission bisher geleistet hatte. Namentlich wollte man versuchen, von der Mordwaffe her dem Täter auf die Spur zu kommen, denn man hatte festgestellt, daß der Dolch eine alte venezianische Arbeit war, also ein seltenes Stück darstellte. Jetzt kam es nur darauf an, herauszufinden, wer eine solche Waffe besaß. Am nächsten Tage wollte man ein Bild des Dolches in allen Tageszeitungen veröffentlichen lassen und die Öffentlichkeit um Mitarbeit ersuchen. Ob dabei etwas Positives herauskam, würde sich zeigen. Ansonsten verfolgte die Mordkommission noch eine Reihe von Spuren, die sich aus den Aussagen der Nachbarn ergeben hatten. Aber es war mehr als fraglich, ob diese zum Ziele führen konnten, denn die Aussagen — wie so oft — widersprachen einander.
    Mittags fuhren Phil und ich in ein kleines italienisches Lokal essen. Als wir von dort zurückkamen, und als wir in Wahrheit wirklich nicht wußten, was wir noch hätten tun können, brachte ein äußeres Ereignis auf einmal die ganze Lawine ins Rollen.
    Als wir unser Office betraten, kam der Kollege aus dem Nebenzimmer herein und sagte:
    »Gut, daß ihr endlich wiederkommt! Schon seit einer halben Stunde unterhalte ich einen Mann, der auf euch wartet und euch sprechen möchte. Es handelt sich um diesen Chinesenmord, den ihr bearbeitet.«
    Wir fuhren wie elektrisiert auf. »Herein mit dem Mann!« rief ich. Unser Kollege brachte unseren Besucher und verdrückte sich schweigend wieder. Es war — der Holländer.
    »Guten Tag, Mister Vermoeren«, sagte ich und gab mir Mühe, mein Erstaunen zu verbergen. »Das ist mein Kollege Phil Decker. Ich heiße Jerry Cotton, wenn ich Ihnen das noch nicht gesagt haben sollte. Bitte, nehmen Sie Platz!«
    »Danke, danke«, 'sagte er mit seinem deutlichen holländischen Akzent. Er ließ sich in einen Stuhl fallen und verzog sein breites, offenes Gesicht zu einem jungenhaften Grinsen. »Wieviel steht auf illegaler Einwanderung?«
    »Wieso?« fragte ich zurück. »Sind Sie illegal eingewandert?«
    »So ungefähr«, nickte er mit entwaffnender Ehrlichkeit. »Das heißt aber, ich will nicht hierbleiben! Ich will wieder nach Hause! Aber vierzehn Tage muß ich noch warten.«
    »Worauf denn?« erkundigte sich Phil. »Bis mein Schiff wiederkommt. Wir hatten New York vor sechs Wochen angelaufen. Die Mannschaft bekam Landurlaub bis zum Wecken. Tja, und dabei habe ich zuviel von diesem verdammten amerikanischen Whisky getrunken. Als ich wieder zu mir kam, war mein Schiff weg. Jetzt muß ich warten, bis es wiederkommt.«
    Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Auch Phil schmunzelte. Wir boten ihm eine Zigarette an. Er bediente sich. Dabei fielen mir zum ersten Male so richtig seine Hände auf. Es waren Pranken, die er bequem dazu benutzen konnte, mit einer Hand New Yorks Telefonbuch zuzudecken. Die Schwielen an den Fingern legten ein beredtes Zeugnis davon ab, daß er keine harte Arbeit scheute.
    »Wovon haben Sie denn die ganze Zeit gelebt, Mister Vermoeren?« fragte ich.
    Er klatschte sich mit seiner Pranke auf dem Oberschenkel, daß es wie ein Pistolenschuß knallte.
    »Oh, ich habe ‘nen dollen Dusel gehabt. Beim Whiskytrinken lief mir ein Kerl in die Quere, der anscheinend zu viele Dollar hat. Er sah sich meine Hände an und heuerte, mich an.«
    »Für ein Schiff?«
    »No. Für ihn selbst. Ich bin sein Leibwächter.«
    Mir verschlug es die Sprache. Kam der Bursche zu uns und erzählte frank und frei, daß er sich als Gorilla hatte anheuern lassen.
    »Ist das verboten?« erkundigte er sich naiv, als er unsere bedenklichen Gesichter sah.
    »Ich fürchte, hier liegt ein sprachliches Mißverständnis vor«, erklärte ich ihm. »Wenn wir von Leibwächtern reden, meinen wir gewöhnlich die Gorillas von Gangstern. Nicht etwa die ehrenwerten Leute, die als Beschützer hoher Politiker oder anderer Leute ihre Brötchen verdienen.«
    Er nickte ein paarmal.
    »Kein Mißverständnis«, trompetete er. »Ich bin dahintergekommen, daß mein Boß wirklich ein Gangster ist. Deswegen komme ich doch zu

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