0198 - Wir rammten die Luftpiraten
nichts anderes übrig, als das widerwärtige Theater mitzuspielen. Ich mußte Zeit gewinnen. Dabei lauerte ich mit allen Sinnen darauf, daß Miller sich eine Blöße gab und ich die Herrschaft über die Lage wieder an mich reißen konnte.
Miller schob sich einen anderen Sessel zurecht, mir direkt gegenüber, aber wohlweislich außerhalb meiner Reichweite. Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich. Alle Tricks, zum Beispiel mich mit dem Sessel rückwärts zu kippen, waren zwecklos, da mich Miller jederzeit mit meiner Null-acht erfolgreich in Schach halten konnte. Jedenfalls hatte er viel schneller seinen Zeigefinger gekrümmt, als ich in irgendeine Deckung kommen konnte. Meine ganze und letzte Hoffnung konzentrierte sich auf das Hauptquartier, das mit einer Anzahl von Leuten anrücken würde, wenn ich mich um einundzwanzig Uhr fünfunddreißig nicht meldete.
Miller sprach mit seiner öligen Stimme weiter:
»Selbstverständlich werde ich mich über Sie beschweren. Ich kenne meine Rechte als Staatsbürger sehr genau und weiß überdies, daß auch ein G-man sich nicht erlauben darf, ohne richterlichen. Haussuchungsbefehl in die Wohnung eines unbescholtenen Bürgers einzudringen, und schon gar nicht in der Art eines perfekten Einbrechers. Ich bin nämlich ganz sicher, daß ich die Haus-Türen abgeschlossen hatte, ebenfalls meine Schreibtischschubladen, die jetzt so aufreizend offenstehen! Was haben Sie eigentlich gesucht, Sie FBI-Gangster?«
Diese Wortverbindung von FBI und Gangster brachte mich augenblicklich auf Hochtouren. Das ganze Gehaben dieses Mr. Millers, der, wenn auch lässig, so doch gekonnte, meine Null-acht auf mich gerichtet hielt, war mir geradezu zuwider. Ich hatte das Spiel satt und höhnte:
»Was ich bei Ihnen suchte, wollen Sie wissen? Das kann ich Ihnen ganz genau sagen: Ich suchte nach dem Beweis, daß Sie in der Nacht des Dacota-Absturzes tatsächlich nur geschäftlich unterwegs waren!«
Miller brach in ein schallendes Gelächter aus:
»Sie sind wohl krank, wie? Das heißt doch mit anderen Worten, daß Sie mich mit den Luft-«, er verbesserte sich schnell, »mit dem Absturz des Flugzeugs in Verbindung bringen wollen.«
»Habe ich das gesagt?« fragte ich. »Ich sagte nur, daß ich nach Beweisen für Ihre Geschäftsreise gesucht habe, nicht aber nach Beweisen für irgendeine verbrecherische Tätigkeit! Das ist ein Unterschied!«
»Cotton, lassen Sie doch diese Haarspaltereien. Was bezwecken Sie mit solchem Gerede. Spielen wir doch mit offenen Karten. Haben Sie mich in Verdacht?«
»Genau das!« sagte ich erbittert.
Miller lachte wieder:
»Sie glauben also, daß Sie bei mir auf einer heißen Spur sind? Ich habe Ihnen doch schon gesagt — und es auch ausreichend beweisen können —, daß ich in jener Nacht nur geschäftlich unterwegs war! Ich will Ihnen entgegenkommen und Ihnen noch einen Beweis, einen endgültigen Beweis liefern. Drehen Sie mal Ihren Kopf nach hinten und sehen Sie sich die Tür an, die Sie demontieren wollten. Sie sehen da im Zwischenraum der normalerweise von der Füllung verdeckt ist, einige Beutel hängen. Dreimal dürfen Sie raten, was da drin ist. Ach was, ich will Ihnen die Denkarbeit ersparen und verrate es Ihnen gleich: In den Beuteln befinden sich die Crifford-Diamanten und der Schmuck, den die Damen einer gewissen Reisegesellschaft umhängen hatten. Wollen Sie jetzt immer noch bezweifeln, daß ich damals geschäftlich unterwegs war?« Obwohl ich beinahe schon überzeugt war, daß Miller der Luftpiraten-Boß war, wirkte dieses zynische Geständnis wie eine kalte Dusche. Unwillkürlich mußte ich eine entsprechende Bewegung gemacht haben, denn sogleich brüllte Miller, jetzt gar nicht mehr vornehm, höflich oder ölig, sondern mit eisiger Kälte, die keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit ließ:
»Keine Bewegung, sonst bist du ein toter Mann!«
In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. Na endlich, fuhr es mir durch den Kopf, jetzt kommt Phil.
Es war aber nicht Phil, sondern drei mir fremde Männer. Sie glichen genau der Beschreibung, die wir von den Passagieren der DC-6 bekommen hatten. Aber auch ohnedies hätte ich sofort gewußt, daß ich es mit drei von den vier Luftpiraten zu tun hatte, denn die Läufe ihrer Maschinenpistolen zeigten unmißverständlich auf mich.
Miller begann nun zu reden. Obwohl er nicht ganz dem herkömmlichen Schema der Gangster entsprach, so glich er doch in einem allen anderen Halunken seines Schlags: Er war eitel wie ein
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