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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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»Was ist mit García? Wir dürfen nicht länger warten.«
    »Vielleicht hat er es sich anders überlegt«, mutmaßte Ramiro. »Ich kann es ihm nicht verdenken. Er ist erst seit wenigen Jahren bei uns und weiß nicht, welche Bedeutung die Bücher besitzen.«
    »Dann müssen wir es ohne ihn versuchen.« Abul Hassan deutete in eine im Schatten verborgene Ecke des Raumes. »Dort steht die Truhe.«
    Es war eine einfache Kiste aus dunklem Holz, ohne jegliche Verzierungen. Die beiden Männer fassten die Lederriemen, die an ihren Schmalseiten befestigt waren. Auf das Kommando Abul Hassans hoben sie die Kiste an.
    »Ich hatte sie mir schwerer vorgestellt«, kommentierte Ramiro, während sie die Truhe um die Pulte des Saals herum manövrierten.
    »Es sind ja auch nur dreizehn Bände«, erwiderte Abul Hassan. »Ihr Gewicht liegt weniger in ihrer äußeren Form als in ihrem Inhalt.«
    Sie traten aus dem Schreibsaal in einen der großen Bibliotheksräume. Soldaten liefen, die Arme vollgepackt mit Schriftrollen und gebundenen Manuskripten, in Richtung Ausgang. Andere warteten darauf, von den Bibliothekaren, die mit der Aussortierung betraut waren, beladen zu werden. Es ging zu wie in einem Bienenstock.
    »Warum helfen sie nur so anstandslos mit, ihre eigene Arbeit zu zerstören?«, flüsterte Ramiro.
    »Weil sie sich davon Vorteile erhoffen«, knurrte Abul Hassan. »Ihnen geht es nicht um das Wissen, sondern um ihre Position. Deswegen liefern sie al-Mansûr so bereitwillig alle angeblich gottlosen Werke aus.«
    »Und was haben wir hier?«, ertönte eine laute Stimme hinter ihnen. Die beiden Männer erstarrten. Sie setzten die Truhe ab und drehten sich langsam um.
    Der Sprecher war ein schlanker Mann, kaum vierzig Jahre alt. Seine weiße und rote Djellaba war aus teuren Stoffen gefertigt, und auch der mit Gold verzierte Gürtel zeigte deutlich, dass es sich bei ihm um einen höheren Würdenträger handeln musste.
    »Yusuf!« Abul Hassan legte die rechte Handfläche auf sein Herz und verneigte sich. Der Mann machte eine abwehrende Handbewegung. »Keine Formalitäten, Abul Hassan. Dafür kennen wir uns zu lange. Was habt ihr hier zu suchen?«
    Yusuf al Hanafi war bekannt für seine Direktheit wie für seine Aufrichtigkeit. Er war ein hervorragender Wissenschaftler, Philosoph und Diplomat. Trotz seiner jungen Jahre hatte er es bereits zum Leiter der Bibliothek von Córdoba gebracht, und man munkelte, dass ihm noch eine weitaus glorreichere Zukunft bevorstehe.
    »Wir haben nur … also …«, stotterte Ramiro, verstummte aber schnell unter Yusufs durchdringendem Blick.
    Abul Hassan wusste, dass Leugnen keinen Zweck hatte. »Wir schaffen einige Bücher fort, um sie vor der Vernichtung zu retten«, sagte er und blickte sein Gegenüber herausfordernd an.
    Ein leichtes Lächeln umspielte Yusufs Lippen. »Du maßt dir an, meine Entscheidungen infrage zu stellen?«
    »Wenn es um meine Bücher geht, dann ja.« Abul Hassan schob entschlossen das Kinn vor. Ramiro wich zurück. Er hielt es für keine gute Idee, Yusuf al Hanafi herauszufordern.
    Der Leiter der Bibliothek lächelte nicht mehr. Er machte einen Schritt auf sein Gegenüber zu. »Deine Bücher? Glaubst du, irgendein Buch hier gehört dir?«, zischte er. »Woher nimmst du dir das Recht zu entscheiden, was mit den Büchern geschieht?«
    »Ich handle im Auftrag der gesamten Menschheit«, erwiderte Abul Hassan scheinbar unbeeindruckt. Sein Herz klopfte laut in seiner Brust, aber er war so weit gegangen, dass es nun kein Zurück mehr gab. »Diese Bücher sind weder mein Eigentum noch das des Kalifen oder des Ministers. Sie gehören allen Menschen, und sie zu zerstören, ist ein Verbrechen.«
    »Du nennst den Ersten Minister einen Verbrecher?« Yusuf stieß ein freudloses Lachen aus. »Ich will dir sagen, was al-Mansûr ist: Er ist der mächtigste Mann in Córdoba, und allein das zählt. Wer sich ihm widersetzt, ist so gut wie tot.« Er senkte erneut seine Stimme. »Was glaubst du, was ich mache? Meinst du, ich führe die Anordnungen al-Mansûrs mit Freuden aus? Doch ich bin Realist. Wenn er Bücher verbrennen will, dann werden Bücher verbrannt. So einfach ist das. Er hat die Soldaten, ich verfüge nur über ein paar Bibliothekare. Alles was ich versuchen kann, ist, so viele wertvolle Manuskripte wie möglich zu retten.«
    Abul Hassan starrte Yusuf mit offenem Mund an. Er hatte alles erwartet – nur nicht das. Er kannte den Chefbibliothekar als einen aufrechten Mann, hätte aber nie

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