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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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größten Dramatiker Spaniens, der sogar den Nobelpreis für Literatur bekommen hat.«
    »Aha«, nickte ich ohne viel Begeisterung. Soeben hatte mich eine tiefe Müdigkeit überfallen. Mario schien dieser Mangel an Enthusiasmus nicht viel auszumachen. Er begann, uns die Mitglieder seiner Truppe vorzustellen.
    Auch wenn ich mir die Namen nicht merken konnte, erkannte ich an ihnen doch, dass die Vagabunden eine wirklich multikulturelle Gruppe waren. Neben Spaniern gab es Franzosen, Italiener, Griechen, Deutsche und sogar eine Russin in der Runde. Nur einer der Anwesenden beteiligte sich nicht an der Diskussion. Es war ein Mann mit olivbrauner Haut und pechschwarzen Haaren. Er saß am anderen Ende des Tisches. Seine Gesichtszüge hatten etwas Aristokratisches an sich. Mir kam es so vor, als ob ich ihm schon irgendwo begegnet war; ich konnte mich allerdings nicht entsinnen, wann und an welchem Ort. Sein Gesichtsausdruck war ernst. Ab und an nickte er leicht zu dem, was die vagabundos rechts und links von ihm sagten. Dabei ließ er uns nicht aus den Augen.
    Ich fühlte mich etwas unbehaglich unter seinem Blick. »Wer ist das da in dem weiten schwarzen Hemd«, fragte ich Mario.
    »Seinen Namen kennt keiner von uns. Wir nennen ihn einfach nur den Mauren«, erklärte er.
    »Maure? Also Mohr?« Ich zog fragend die Augenbrauen hoch.
    »Nein, nein, Maure heißt nicht Mohr. Es ist abgeleitet von dem Wort Mauretanien und bezeichnet die Berberstämme Nordafrikas. Das Wort Mohr hingegen bezieht sich auf einen Menschen mit schwarzer Hautfarbe.«
    »Gehört er auch zu eurer Truppe?«
    »Er kommt manchmal zu unseren Treffen. Aber mitspielen tut er nicht, wenn du das meinst. Irgendwann war er einfach da.«
    »Und keiner von euch weiß, wer er ist, wo er herkommt und was er macht?«
    Mario lachte. »Wir haben ihn noch nie ein Wort sprechen hören.«
    »Vielleicht ist er stumm«, mutmaßte Larissa. »Oder er beherrscht die spanische Sprache nicht. Bist du nicht neugierig zu erfahren, was mit ihm los ist?«
    Mario schüttelte den Kopf. »So ist das einfach bei uns. Jeder ist uns willkommen.« Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern ab. »Wer weiß, vielleicht ist er der Sohn eines Scheichs oder Emirs mit viel Geld und will irgendwann unsere Arbeit finanziell unterstützen?«
    »Bah, das finde ich fies, so etwas zu denken«, rief Larissa.
    »Aber von irgendwas müssen doch auch wir Schauspieler leben«, grinste Mario verschmitzt.
    Larissa begriff, dass er seine Bemerkung ironisch gemeint hatte. Sie wechselte schnell das Thema: »Wo tretet ihr denn üblicherweise auf?«
    Mario räusperte sich. »Ähm, also ... um ehrlich zu sein: Wir hatten bislang noch keinen Auftritt. Aber es wird nicht mehr lange dauern, und die Theaterwelt wird von uns begeistert sein!«
    Larissa gähnte und hielt sich schnell die Hand vor den Mund. »Entschuldigung«, sagte sie. »Das hat nichts mit deinen Erklärungen zu tun. Ich bin einfach nur todmüde.«
    »Ich würde auch gern schlafen gehen«, schloss ich mich an.
    Mario nickte. »Kein Problem. Das Hotel ist nicht weit von hier. Ich bringe euch hin.«
    Er trank sein Weinglas aus und erhob sich. Wir folgten ihm an seinen Freunden vorbei zur Tür. Keiner schenkte uns große Beachtung – bis auf denjenigen, den Mario den Mauren genannt hatte. Sein Blick wich nicht von uns, bis wir den Raum verlassen hatten.
    Wir holten die Koffer aus dem Auto. Mario führte uns durch einen Torbogen in der riesigen Mauer, hinter dem wir in ein Gewirr von engen Gassen eintauchten, die mir wie ein Labyrinth vorkamen. Manchmal verengten sie sich so sehr, dass wir nur hintereinander hergehen konnten. An den Häuserwänden waren in großen Abständen Laternen angeschraubt, die ein dämmriges Licht verbreiteten. Das Klappern der Rollkoffer auf dem Kopfsteinpflaster kam mir in der Stille der Nacht unpassend laut vor.
    Aus unbestimmten Gründen warf ich einen Blick über die Schulter und glaubte im Halbschatten der Gasse hinter uns eine dunkle Gestalt wahrzunehmen. Beim nächsten Hinsehen war sie allerdings nicht mehr zu erkennen. Ich musste mich wohl getäuscht haben.
    »Jetzt kommen wir zu unserem Glanzstück: der Mezquita«, kündigte Mario schließlich an. Wir traten aus einer Gasse auf eine breitere Straße, deren helle Beleuchtung wir schon von Weitem bemerkt hatten. Vor uns ragte ein gigantisches Bauwerk auf, das sich die ganze Straße entlang erstreckte. Eckige Vorsprünge unterbrachen die von Zinnen bekrönte Mauer in

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