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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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regelmäßigen Abständen. Dahinter erhob sich ein Kirchturm, der von Scheinwerfern angestrahlt wurde.
    »Früher war dies das Minarett der Großen Moschee«, erklärte Mario. »Nach der Rückeroberung Córdobas und der Vertreibung der Mauren bauten es die Spanier in einen Kirchturm um. Dazu wurde ein weiteres Stück Turm mit Uhr und zwölf Glocken auf das ursprüngliche Bauwerk gesetzt.«
    Nach etwa zwanzig Metern gelangten wir auf einen kleinen Platz. Die Bars und Geschäfte hatten um diese Zeit alle geschlossen; lediglich aus einem Torbogen uns gegenüber fiel ein Lichtschein auf das Pflaster.
    »Das ist euer Hotel«, sagte Mario. »Es ist ein alter Stadtpalast. Viel besser könnt ihr hier in der Altstadt nicht wohnen.«
    In dem Torbogen befand sich eine Glastür, die in einen Gang führte, an dessen Ende ein Mann hinter der Rezeption in seinem Stuhl schlummerte. Als er uns hörte, schlug er die Augen auf und reckte sich.
    Mario wechselte ein paar Sätze auf Spanisch mit dem Mann, der zustimmend nickte und zwei Schlüssel aus ihren Fächern nahm. Er legte sie vor uns auf die Theke.
    »Müssen wir nicht unsere Personalausweise zeigen?«, fragte Larissa.
    Mario lächelte. »Ihr seid nicht als Hotelgäste hier, sondern als Gäste der Familie. Das muss nicht offiziell dokumentiert werden.«
    Der Hotelportier wünschte uns buenas noches – Gute Nacht. Wir verabschiedeten uns von Mario und verabredeten, am nächsten Tag miteinander zu telefonieren. Dann zogen wir mit unseren Koffern über einen mit Fliesen ausgelegten Innenhof zum Aufzug, der uns in den zweiten Stock zu unseren Zimmern trug.
    »Frühstück um neun?«, fragte ich Larissa.
    Sie nickte. Ich war hundemüde und auch ihr waren die Strapazen des heutigen Tages deutlich anzusehen.
    In meinem Zimmer war es drückend warm. Ich riss das Fenster weit auf und machte mir gar nicht erst die Mühe, meinen Koffer auszupacken. Zahnpasta und Zahnbürste mussten heute Abend genügen.
    Das Fenster in dem kleinen Badezimmer war kreisrund. Ich öffnete es ebenfalls – und sah direkt auf den Turm der Mezquita. Er leuchtete gegen den nachtdunklen Himmel. Durch das rotbraune Holz des Fensterrahmens wirkte das Ganze wie ein Gemälde.
    Ich starrte bestimmt fünf Minuten auf dieses Bild. Draußen war es um diese Stunde mucksmäuschenstill, was der Situation etwas Unwirkliches verlieh. Es war, als blickte ich in eine andere Welt. In gewisser Weise stimmte das auch, denn der Turm war das Zeugnis einer Kultur, die es schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr gab.
    Mit Mühe riss ich mich schließlich los. Wenige Minuten später lag ich in meinem Bett und fiel in einen unruhigen Schlaf. Durch meine Träume geisterten Flugzeugpiloten und Schatten, Pluribus und der Maure, alles begleitet von dem gleichförmigen Rauschen eines fernen Windes, der die Sandkörner in einer unendlichen Wüste bewegte.

 
    Am nächsten Morgen trafen Larissa und ich uns um neun Uhr im geräumigen Innenhof des Hotels, der zugleich als Frühstücksraum diente. Eine freundliche Frau brachte uns frisch gepressten Orangensaft, Madalenas - eine Art Biskuittörtchen aus Hefeteig – sowie zwei große Tassen café con leche , eine typisch spanische Mischung aus Espresso und heißer Milch.
    Dreißig Minuten später verließen wir das Hotel. Bereits um diese frühe Stunde brannte die Sonne erbarmungslos vom Himmel, und ich war froh, dass ich mich ausgiebig mit Sonnenblocker eingeschmiert hatte.
    Ich schielte unter meiner Basecap zu Larissa hin. »Welche Richtung?«, fragte ich.
    Sie deutete auf die gewaltige Mauer der Mezquita. »Warum fangen wir nicht gleich hier an?«
    Mir war es recht. Direkt gegenüber dem Hotel lag, das wusste ich aus meinem Reiseführer, die Puerta de Santa Catalina , einer von mehreren Zugängen, die in die Mezquita oder Große Moschee führten. Letzte Nacht waren die riesigen messingbeschlagenen Türen geschlossen gewesen; jetzt standen sie sperrangelweit offen.
    Wir erklommen die Stufen zum Tor und betraten einen großen Innenhof, der rundum von Säulengängen eingefasst war. Er war dicht bepflanzt mit Orangenbäumen und ein paar Zypressen und Palmen. Als wir langsam weiterbummelten, konnten wir das Muster erkennen, in dem er angelegt war. Er teilte sich in drei rechteckige Flächen, in deren Mitte sich jeweils ein von schmiedeeisernen Gittern umgebener Brunnen befand.
    »Das ist der patio de los naranjos , der Hof der Orangenbäume«, las ich aus meinem Reiseführer vor. »Damals diente er

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