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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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waren die einzigen Menschen auf dem Vorplatz. Nur gelegentlich zuckelte auf der Straße eine der Pferdekutschen vorbei, die man für Rundfahrten mieten konnte.
    »Der Ruhm Córdobas begann mit einem jungen Mann aus der Wüste«, hob der Maure an. »Er hieß Abd ar-Rahman ibn Muawiya al Dajil, Diener des Barmherzigen, Sohn des Muawiya, des Einwanderers, und war ein Prinz aus dem Geschlecht der Umayyaden, deren Hof sich in Damaskus befand, das heute die Hauptstadt Syriens ist. Im Jahre 750 wurden die Umayyaden durch die Abbasiden von ihrem Thron vertrieben. Der Anführer der Abbasiden war grausam und hinterhältig; er gab sich selbst den Beinamen der Blutvergießer . Nach einer blutigen Verfolgungswelle verkündete er eines Tages eine Amnestie und rief alle überlebenden Umayyaden dazu auf, zu einem großen Versöhnungsmahl in seinen Palast zu kommen. Als alle versammelt waren, ließ er sie niedermetzeln. Teppiche wurden über die Toten und Sterbenden geworfen, und die Abbasiden setzten das Festmahl in dem blutverschmierten Saal fort.«
    Bei diesen Worten musste ich an das Haus mit den Blutflecken in Amsterdam denken. Dort war ich auf eine Tafel gestoßen, die von allen Anwesenden offenbar vor langer Zeit fluchtartig verlassen worden war. Die Atmosphäre des Raums war erfüllt von etwas unsagbar Bösem. So musste es auch damals im Palast der Abbasiden gewesen sein.
    »Abd ar-Rahman war damals ein junger Mann, vielleicht neunzehn oder zwanzig Jahre alt«, fuhr der Maure fort. »Er war einer von mehreren Hundert Angehörigen des alten Kalifen und hatte seine Zeit bis dahin mit Müßiggang und den Freuden des Palastes zugebracht. Nur durch Zufall kam er nicht zum Versöhnungsmahl und entging so dem Tod. Doch damit war die Gefahr für ihn nicht vorbei.
    Ein treuer Freund der Familie ritt zum Versteck Abd ar-Rahmans und seines Bruders Yahya, um sie von dem Blutbad zu unterrichten und zu warnen. Was er nicht wusste, war, dass er von Kriegern des neuen Herrschers verfolgt wurde. Zum Glück war Abd ar-Rahman nicht in seiner Hütte, als der Bote eintraf. Die Verfolger ermordeten Yahya und den Boten, konnten den Prinzen aber nicht finden.
    Abd ar-Rahman floh mit seinem jüngeren Bruder, zwei Schwestern, seinem vierjährigen Sohn Suleyman und seinem Diener und Freund Badr, einem ehemaligen Sklaven, dem er die Freiheit geschenkt hatte, weiter in die Wüste, aber die Verfolger blieben ihm stets auf den Fersen. Tiefer und tiefer wagte er sich in das endlose Sandmeer hinein. Schließlich ließ er seine Familie in einem Beduinendorf zurück und folgte, begleitet von Badr, einem nur für ihn hörbaren Ruf, der ihn direkt in die Rub al-Khali, die Große Leere, führte.«
    Bei der Erwähnung der Rub al-Khali horchte Larissa auf. Dies war auch die Wüste, in der ihre Eltern verschollen waren und aus der, der Legende nach, die Schatten und die Vergessenen Bücher stammen sollten.
    »Was genau sie dort gefunden haben, ist nicht bekannt. Es wird aber überliefert, dass sie mit einer Kiste von Büchern aus der Wüste zurückkehrten.«
    »Den Vergessenen Büchern«, platzte es aus mir heraus.
    Der Maure lächelte. »Vielleicht. Oder sogar wahrscheinlich. Denn seit jenem Zeitpunkt verwandelte sich der zuvor verweichlichte Junge in einen unbarmherzigen Krieger.«
    »Weil er über das Wissen der Vergessenen Bücher verfügte!«, rief Larissa.
    »Ein naheliegender Gedanke. Aber ihr müsst bedenken, dass man die Vergessenen Bücher nicht einfach lesen kann wie gewöhnliche andere Bücher. Man benötigt dafür besondere Fähigkeiten, und ich bezweifle, ob der junge Prinz diese besaß. Nein, ich glaube eher, es waren seine Erfahrungen in der Wüste, die ihn reifen ließen.«
    »Sie meinen, er hat überhaupt nicht in die Bücher reingeguckt?«, fragte ich.
    »Selbstverständlich hat er das«, erwiderte der Maure und fügte dann hinzu: »Jedenfalls nehme ich das an. Doch ich glaube nicht, dass er daraus großen Nutzen gezogen hat. Sonst wäre seine Geschichte anders verlaufen. Denn kaum war er zurückgekehrt, spürten die Abbasiden ihn und seine Familie auf. Er und Badr überlebten als Einzige das Massaker, das seine Verfolger anrichteten. Jetzt war er der letzte Überlebende des einstmals so ruhmreichen Umayyaden-Geschlechts.
    Er trat den langen Weg quer durch Nordafrika an, bis er die Berberstämme in Mauretanien erreichte. Dort gab es noch Gefolgsleute der Umayyaden, die er um sich scharte. Er war ein sehr charismatischer Mensch ...« Hier

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