02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
besorgte mir einen Waffenschein.
Ich hatte unser Haus mit dem besten Alarmsystem ausstatten lassen, das ich bekommen konnte. Trotzdem fühlte ich mich nicht sicher. Immer wieder schaute ich aus dem Fenster und musterte mißtrauisch jeden Wagen, der überdurchschnittlich lange an dem Stoppschild an der Straßenecke hielt.
Waffen und Alarmsysteme waren wichtig, aber sie reich-
ten nicht aus. Ich wußte, daß ich so schnell wie möglich eine Sorgerechtsverfügung für Mahtab brauchte. Ohne Sorgerechtsverfügung, so hatte Teresa mich gewarnt, konnte Moody mir meine Tochter wegnehmen, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen. Immerhin war er ihr Vater. Selbst wenn man ihn und Mahtab auf dem Flughafen erkannte, konnte Mahtab nicht gerettet werden.
Außerdem fürchtete ich, daß die Beantragung des Sorgerechts unsere Sicherheit gefährden würde. Wenn Moody vom Gericht auf unseren Wohnort aufmerksam gemacht wurde, kam er vielleicht schneller nach Amerika zurück; und genau das wollte ich ja vermeiden. Darüber hinaus erinnerte ich mich noch gut an die Auskunft eines Anwalts auf meinen Hilferuf vor unserer Reise in den Iran.
Im Sommer des Jahres 1984, als die Zeit vor unserem zweiwöchigen »Familienurlaub« bei Moodys Familie in Teheran schneller verging, als mir lieb war, nahmen meine bösen Vorahnungen stündlich zu. Ich fürchtete mich vor der Reise, aber mir blieb keine Wahl. Wenn ich mich weigerte mitzukommen, würde Moody sicher versuchen, Mahtab für immer in sein Land zu bringen. Es gab nur einen Weg aus dem Dilemma: eine Schutzverfügung, die Moody von Mahtab fernhalten würde.
Zu jener Zeit hatte ich noch nie von einer internationalen elterlichen Entführung gehört. Aber ich konnte meine Befürchtungen nicht ignorieren.
Ich hatte viele Gründe, Moody zu mißtrauen: seine plötzliche Hinwendung zu islamischen Ritualen; seine häufigen Telefongespräche mit der Familie im Iran und seine Weigerung, mir zu übersetzen, was gesagt wurde; die heimlichen Gespräche mit Mammal, seinem Neffen, der uns besuchte. Dies alles ließ Böses ahnen.
Ich schüttete mein Herz einem Rechtsanwalt aus, der ein gemeinsamer Freund von Moody und mir war. Seine Ant-69
wort lautete: »Erstens brauchst du einen Psychiater, wenn du wirklich glaubst, daß er das tun wird. Zweitens schenkt dir in diesem Land kein Richter Gehör. Moody hat kein Verbrechen begangen. Es gibt keinen Grund, weshalb man ihm das Besuchsrecht vorenthalten sollte.«
Da wurde mir klar, daß ich keine Wahl hatte. Ich mußte mit Moody in den Iran reisen, oder ich würde riskieren meine Tochter für immer zu verlieren.
Kurz nachdem wir aus dem Iran geflohen waren, ging ich zu mehreren Rechtsanwälten, um mich scheiden zu lassen und das alleinige gesetzliche Sorgerecht für Mahtab zugesprochen zu bekommen. Diesmal hoffte ich auf eine bessere Antwort.
Es gab zwei gesetzliche Barrieren. Die erste betraf den Verhandlungsort, an dem der Schriftsatz abgelegt werden sollte und der Scheidungstermin stattfinden würde. Nach dem Recht des Staates Michigan mußte ich die Anträge bei dem Gericht einreichen, das für den Kreis, in dem ich wohnte, zuständig war. Wenn ich sie anderswo einreichte, würde ich einen Meineid leisten müssen. Außerdem konnte Moody die Scheidung dann ohnehin für ungültig erklären lassen. Die zweite Barriere war, daß die Prozeßvorschriften beachtet werden mußten. Dazu gehörte, daß ich Moody vor dem Verfahren nach bestem Können und Vermögen über die Scheidungs- und Sorgerechtsanträge schriftlich in Kenntnis setzen mußte.
Zusammengenommen liefen diese beiden gesetzlichen Anforderungen darauf hinaus, daß Moody Tür und Tor geöffnet wurden. Sie enthielten gewissermaßen eine offene Einladung an Moody, nach Michigan zu kommen, uns ausfindig zu machen und die im Iran gegen mich ausgestoßenen Drohungen in die Tat umzusetzen.
»Eine Scheidung kommt nicht in Frage, wenn Sie Moody keine Vorladung zustellen«, insistierte der Rechtsanwalt.
»Das kann ich nicht«, protestierte ich. »Moody wird uns finden. Er wird Mahtab wieder entführen.«
»Aber anders geht es nicht«, sagte der Anwalt. »Sie müssen Moody Gelegenheit geben, sich vor Gericht zu verteidigen.«
Als mir mehrere Anwälte diese schlimme Nachricht bestätigten, verwarf ich meine Scheidungspläne.
Nun, im Jahr 1988, stand ich vor demselben Dilemma wie bereits vor meiner Reise in den Iran. Konnte ich vor Gericht auf mehr Entgegenkommen hoffen als damals? Ich hoffte das Beste und
Weitere Kostenlose Bücher