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02 - Aus Liebe zu meiner Tochter

Titel: 02 - Aus Liebe zu meiner Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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merkwürdig gereizt. »Drück mir die Daumen, daß mir dort drüben nichts zustößt«, wiederholte er ständig, »denn dann kommst du nie mehr aus diesem Land hinaus.« Vielleicht hätte Christy diese Drohung als paranoides Hirngespinst abgetan, wenn Fiaz nicht deutlicher geworden wäre: »Wenn meinem Bruder etwas zustößt, ist es deine Schuld.«
    Am meisten aber erschreckten sie Riaz' ominöse Ab-
    schiedsworte am Tag seiner Abreise: »Ich bedaure alles, was ich dir angetan habe, und ich bedaure, was ich jetzt tun werde.« Das klang, als wolle er überhaupt nicht mehr zurückkommen. Christy hatte schreckliche Angst. Ihre größte Sorge war, in die Gewalt von Riaz' unberechenbaren männlichen Verwandten zu geraten, wie es das islamische Recht beim Tod oder Verschwinden des Ehemannes vorsieht. Sie bat Riaz, sie an seiner Stelle nach Michigan reisen zu lassen, aber er wollte nichts davon wissen. Er war bereit, dem Schicksal die Stirn zu bieten, auch wenn er ihr nicht sagen wollte, was dies bedeutete.
    Riaz' Reise führte zunächst nach Deutschland, wo er einen Juwelier aufsuchte, dann nach Großbritannien, wo er sich mit einem Bekannten aus Peshawar traf. In der ersten Augustwoche traf er in New York ein, ein paar Tage später flog er nach Detroit weiter, wo Christys Vater ihn abholte. Gegen 20 Uhr kamen sie im Haus von Christys Eltern an. Als Riaz in Peshawar anrief, war Christy beinahe erleichtert, den alten spöttischen, anmaßenden Tonfall in seiner Stimme zu hören. »Was ist mit Eric los?« fragte er. »Warum hast du ihm nicht das Laufen beigebracht?«
    »Ich bin doch in den vergangenen zehn Monaten in Pakistan gewesen«, sagte Christy, worauf Riaz lachte.
    Offenbar hat er wieder getrunken, dachte sie.
    Es war das letzte Mal, daß sie seine Stimme hörte.
    Riaz hielt sich zwei Stunden lang bei Christys Eltern auf. Das Angebot, über Nacht zu bleiben, lehnte er ab; er sagte, er wolle bei Freunden aus Indien übernachten, die in der Nähe wohnten. Gegen 22 Uhr hielt ein Wagen vor dem Haus und hupte. Riaz wollte nicht, daß man ihm beim Tragen der Koffer half. Er murmelte hastig ein paar Abschiedsworte und eilte aus der Tür.
    Sechs Stunden später wurde seine Leiche in einem Park nahe der Grenze zu Indiana gefunden.
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    Nach ihrem Gespräch mit der Polizeidienststelle wurde Christy mit Fragen überhäuft, die sie nicht beantworten konnte. »Wie wurde Riaz umgebracht?« wollten seine Verwandten wissen. »Wann ist es passiert? Wer wird verdächtigt?« Sie rief ihren Vater an, der alles mit grimmiger Stimme bestätigte. Kriminalbeamte hatten die Adresse ihrer Eltern anhand eines von Riaz ausgefüllten Antragsformulars für eine Kreditkarte ausfindig gemacht und Christys Vater um Fotos gebeten, die zur Identifizierung der Leiche dienen sollten. Er gab ihnen mehrere. Infolge der Aufregung hatte er danach heftige Schmerzen in der Brust. Riaz hatte Christy und die Jungen zwar zu Gefangenen gemacht, aber er war das einzige Bindeglied zwischen ihnen und ihren Eltern. Er war derjenige, der ihre Ausreisevisa besaß und der sich vielleicht noch hätte überreden lassen, sie freizugeben.
    Wenn er tot war, würde ihre Zukunft ungewiß sein.
    Christy rief noch einmal bei der Polizei an, und diesmal wurde sie mit einem für den Fall zuständigen Kriminalbeamten verbunden. Er erklärte ihr, Riaz habe ein »Trauma« erlitten.
    »Was bedeutet das?« fragte Christy, während ein halbes Dutzend Verwandte sie zu unterbrechen suchten.
    »Er wurde erschlagen«, sagte der Kriminalbeamte.
    »Wer hat ihn erschossen? Wer hat ihn erschossen?« schrien die Verwandten. »Hat die Polizei ihn erschossen?«
    Christy versuchte, das Mißverständnis zu klären, aber sie wollten nicht zuhören. Sie waren überzeugt, Riaz sei erschossen worden. Als sie nach und nach begriffen, daß Riaz tot war, begannen sie um den verlorenen Sohn zu trauern. Die meisten liefen mit ausdrucksloser Miene herum, starrten die Wände an und schlugen sich hin und wieder an die Brust, um ihrem Schmerz Luft zu machen.
    »Er hatte ein reines Herz«, jammerte die Mutter. »Er hatte das Herz eines Königs, er wollte allen alles geben.«
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    In der darauffolgenden Woche, während die Familie auf die Ankunft von Riaz' Leichnam wartete, verstärkte sich die Trauer. Die Überführung verzögerte sich zum Teil deshalb, weil der Tote einen britischen Paß bei sich hatte -
    eine der vielen Ungereimtheiten des Falles. Während sich Riaz' entferntere Verwandte in dieser Zeit

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