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02 - Aus Liebe zu meiner Tochter

Titel: 02 - Aus Liebe zu meiner Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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den Mädchen entwickelt«, bemerkte Craig. »Nicht, daß sie es nicht wollte.
    Sie wußte einfach nicht, wie sie es anstellen sollte. Deshalb beschränkte sich die Beziehung auf: >Ihr müßt was essen, hier habt ihr was; ihr braucht was zum Anziehen, hier habt ihr Was.< Ansonsten war sie mit sich selbst beschäftigt.«
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    Die Party dauerte zwei, drei, vier Tage. Vom frühen Abend bis zum Morgengrauen saß Craig in seinem Mietwagen mit den niederländischen Nummernschildern und beobachtete das Haus, in dem Vera wohnte. Er erregte bereits Aufmerksamkeit und erntete unfreundliche Blicke. Zwei Anwohner notierten sich das Autokennzeichen, ein dritter fotografierte ihn sogar.
    Am Donnerstag konnte Frank Vera endlich überreden, ihre Freunde hinauszuwerfen, damit die beiden eine Weile allein sein konnten. Sie wollten an diesem Wochenende zu Hause bleiben - zusammen mit den Mädchen.
    Als Frank in die Pension zurückkehrte, drängte Craig ihn, auch Vera aus der Wohnung zu schicken. Frank sollte mit den Kindern allein zurückbleiben, damit die Entführung ohne physische Gewalt über die Bühne gehen konnte. »Gib ihr eine Handvoll Geld, damit sie in die Kneipe geht«, sagte Craig. »Das tut sie sofort.«

    Aber Vera wollte nicht. Sie lebte seit vier Monaten so wie jetzt, und sie sah keinen Anlaß, ihre Gewohnheiten zu ändern. Craig hatte mittlerweile in einem nahe gelegenen griechischen Cafe Stellung bezogen, und seine Angst wuchs ständig. Seine Haare wurden wieder länger, und zu viele Menschen in dieser Stadt konnten ihn wiedererkennen. Er wußte, daß Vera und Frank miteinander schliefen und daß Vera mit dem jetzigen Zustand zufrieden war. Schließlich hatte sie einen GI mit Bargeld in der Tasche. Craig argwöhnte, daß Frank sich besser amüsierte, als dieser zugab. »Er schob alles vor sich her. Ich fragte mich allmählich, ob er Vera am Ende gern hatte und dableiben wollte ... Ich nahm seinen Paß und sein Flugticket an mich, weil ich nicht sicher war, was er vorhatte.«
    Am Freitag, dem 4. Mai, stellte Craig seinem Partner ein Ultimatum: Am Sonntag würde er die Mädchen holen, ob die Umstände günstig waren oder nicht.
    212
    Ein paar Tage zuvor, in ihrem Versteck in der Pension, hatte er Frank von seiner Zeit als Pfadfinder erzählt.
    Damals hatte er von einem Indianerstamm gehört, dessen Krieger jeden Morgen beim Aufwachen sagten:
    »Heute ist ein guter Tag, um zu sterben.« Am Samstagabend gegen 20 Uhr wurde Craig im Cafe ans Telefon gerufen. Die Stimme am anderen Ende klang konzentriert und eindringlich. Es war die Stimme eines alten Ledernackens, der ganz in seinem Element zu sein schien. »Hier spricht Brad«, sagte die Stimme. »Heute ist ein guter Tag, um zu sterben.« Craig lachte. Seine Hände wurden feucht.
    Craig eilte zu Veras Wohnung. Er rannte die beiden Treppen hinauf und stürmte durch die Wohnungstür. Zum erstenmal seit vier Monaten sollte er seine Töchter Wiedersehen. Frank fing ihn ab und legte ihm eine Hand auf die Brust. »Beruhige dich erst mal. Sie sind beide hier, und sie sind wohlauf.« Craig holte tief Luft, ging ins Bad und wusch sich Hände und Gesicht. Er durfte die Mädchen jetzt nicht erschrecken. Dann folgte er Frank ins Wohnzimmer, wo die Kinder sich einen deutschen Zeichentrickfilm anschauten. Sie waren schmal und hatten feine Gesichtszüge. Stephanie - mit vier Jahren die Ältere - hatte glattes blondes Haar und ein aufgewecktes Lächeln. Die erst zweijährige Samantha besaß noch immer ihr Babygesicht und die hellbraunen Lok-ken.
    »Mädchen«, sagte Frank, »hier ist jemand, der euch besuchen will. Er ist ein Freund von mir.«
    Stephanie drehte sich um und starrte den schwarzhaarigen Mann in den weiten Kleidern zwei oder drei Sekunden lang an - für Craig eine schmerzhafte Ewigkeit. »Daddy!« rief sie, und dann flössen die Tränen. Sie warf die Arme hoch und lief zu ihm. Craig ging in die Hocke, um sie aufzufangen, und wurde fast umgeworfen.
    Samantha wußte nicht genau, was vorging, aber sie folgte dem Beispiel ihrer 213
    Schwester, und im Handumdrehen hielt Craig die beiden Kinder im Arm, für die er alles gewagt hatte. Die Mädchen sahen dünner aus, als er sie in Erinnerung hatte. Ihre rosaweißen Baumwollnachthemden waren ausgefranst. Ihr Haar mußte dringend geschnitten und gewaschen werden . . ., und trotzdem waren sie die hübschesten Kinder die Craig je gesehen hatte. Plötzlich fühlte er sich beschwingt, als sei ihm eine schwere Last von den Schultern

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