02 - Beiss mich, wenn du kannst
keine Sorgen", versicherte ich ihr noch mal. „Alles wird gut."
Hoffe ich.
Der Gedanke ging mir nicht mehr aus dem Kopf, während ich noch ein paar weitere Telefonate führte, mit allen, die auf meiner Beste-Freunde-Liste standen: den Ninas. Francis und Melissa. Den Ninas.
Ich weiß, ich weiß. Ziemlich deprimierend. Aber wenigstens musste ich mir nicht noch länger die Nase zuhalten oder bescheuerte Namen ausdenken.
Außerdem war es nicht die Quantität der Freunde, die zählte, sondern die Qualität. Und ich war zufällig felsenfest davon überzeugt, dass meine Freundinnen da keinen Vergleich zu scheuen brauchten, ungefähr so wie eine Fendi aus Silberlame und ein Armband von Tiffany.
Ich legte das Telefon auf den Wohnzimmertisch und widerstand dem Drang aufzustehen und hin- und herzulaufen. Hinundherlaufen würde bedeuten, dass ich mir Sorgen machte, und ich machte mir keine - ich wiederhole: keine - Sorgen. Alles würde gut werden. Ich musste nichts tun, als mich unauffällig zu verhalten, bis die Polizei merkte, dass sie einen Fehler gemacht hatte.
Falls die Leute da das überhaupt jemals merkten.
Das würden sie aber tun, versprach ich mir selbst. Inzwischen würde ich alles vergessen, was mit kleingehackten Undercover-Journalisten und der Todeszelle zu tun hatte und damit, wie sich die Handschellen angefühlt hatten, als sie sich um meine Handgelenke schlossen.
Entspann dich. Tys tiefe Stimme echote durch meinen Kopf.
Er hatte recht. Ich brauchte dringend Entspannung. Vor allem verdiente ich ein bisschen Entspannung. Seit der Eröffnung von Dead End Dating hatte ich ununterbrochen nichts als Stress gehabt, und darum sollte ich diese Zwangsunterbringung als etwas Gutes betrachten. Endlich mal Zeit für mich.
Ich konnte mich ausruhen. Wieder sammeln. Ich konnte sogar ein Nickerchen machen, wenn ich wollte, vorausgesetzt, ich war imstande meine Hormone lange genug zu beruhigen, um an Schlaf zu denken, statt daran, dass ich mich gerade auf Tys Platz, in Tys Bett und in Tys Wohnung räkelte.
Okay, ich würde also nicht allzu häufig ein Nickerchen machen, aber der springende Punkt war doch, dass ich es konnte. Genauso wie ich ein ausgedehntes, erholsames Schaumbad nehmen und eine Gesichtsmaske auflegen und meine Zehennägel machen und jede Menge Kabelfernsehen gucken konnte.
Na, und bevor ich wusste, wie mir geschah, hätte schon der neue Tag begonnen, und ich wäre meiner Freiheit wieder eine Nacht näher gekommen.
Ich stand von der Couch auf und ging geradewegs ins Bad.
Es stellte sich heraus, dass Ty gar keine Badewanne hatte -und ich hatte keine Gesichtsmaske dabei; mein Pediküre-Set natürlich auch nicht. Am Ende duschte ich kurz (er brauchte unbedingt einen neuen Wasserboiler), bevor ich meinen Lieblingsfrotteebademantel anzog und mich mit der Fernbedienung in der Hand auf dem Sofa niederließ.
Ich zappte mich in der nächsten halben Stunde durch sämtliche Programme, bis ich mich endlich für eine Dauerwerbesendung für ein neuartiges Fitnessgerät entschied, das Oberweitenwunder hieß. Das konnte ich auf jeden Fall gebrauchen. Ich beobachtete ein paar Frauen dabei, wie sie ihre Körbchengröße in einer lächerlichen Dreiviertelstunde am Tag, und das sechs Tage in der Woche, verbesserten, bevor ich auf MTV schaltete.
Dort wurde ich mit einer Sendung konfrontiert, die Pimp My Ride hieß. Hallo?
Wo waren denn die Musikvideos geblieben?
Die Sache ist die - ich schaue nicht allzu oft fern. Und wenn, dann ist es meistens etwas, das ich mir extra aufgenommen habe: Dr. Phil, Der Bachelor, Die Bachelorette, Lost, die Designerstunde bei QVC - Sie wissen schon, all diese wirklich wichtigen Sachen, die ich einfach nicht verpassen darf.
Vergiss das Fernsehen. Du kannst dich auch so entspannen.
Ich legte den Kopf zurück und starrte in die Dunkelheit draußen vor den Fenstern. Die Sterne glitzerten, und der Mond erhellte den Himmel. Nicht zu vergleichen mit Sich aalen an Costa Ricas Stränden, aber das war ja genau der Punkt. Mit ein bisschen Glück hatte die Polizei Evies Leitung angezapft, und vielleicht, aber nur vielleicht, nahmen sie den Costa-Rica-Kommentar ernst.
Ich schloss die Augen und versuchte mir vorzustellen, wie sich das anfühlen würde. Warm, das wusste ich. Ich konzentrierte mich auf meine Haut und bemühte mich, dieses Gefühl heraufzubeschwören. Aber nichts passierte.
Obgleich ich durchaus schon einmal die Wirkung der Sonne verspürt hatte - Verlust der Kraft,
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