02 - Das Weltenschiff
nach Mustern und bedeutungstragenden Wortfetzen. /Charlie/, dachte Bandicut, /falls du jemals zurückkommen willst, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt dazu!/ Seine Füße berührten den Boden und fanden zwischen den spitzen Kristallen Halt. Bandicut ließ das Seil los und drehte sich um.
Ihm war, als stünde er in einem Wintermärchen: Leuchtende Spindeln aus Eis wuchsen in unterschiedlichen Winkeln in alle Richtungen aus dem Boden, überkreuzten und berührten einander und vereinten sich zu Kristallmustern, die an riesige Schneeflocken erinnerten. Sie glühten in lebendigem Licht, sacht flackernd und von atemberaubender Schönheit, aus ihrem Innern heraus. Doch fühlte Bandicut auch, wie gefährlich dieser Ort war. Bandicut hatte das Gefühl, zwischen Strom führenden elektrischen Anschlüssen zu stehen, bei denen jede falsche Bewegung eine Energieentladung bewirken könnte. Abgesehen vom flackernden Licht deutete jedoch nichts auf fließende Energie hin. Gleichwohl empfand er ein seltsames Gefühl – eine Art innere pulsierende Unruhe; ihm war, als schwimme er in einem Meer aus unsichtbarer Aktivität.
Er schaute flüchtig zu Ik und Li-Jared. Auch sie schienen Angst davor zu haben, sich zu bewegen. Ihre Augen waren von der Schönheit und Macht des Ortes gefangen; keiner von beiden schien eines Wortes fähig.
Bandicut blickte wieder hinüber zu den Eiskristallen und konzentrierte sich auf eine Reihe sich kreuzender Kristalle, die einen Kanal in eine tiefere Kristallschicht bildeten, als deuteten sie zum Herzen der Mulde, wo das flackernde Licht dunkler und zugleich intensiver zu sein schien. Als sein Blick dort versank, wurden die Stimmen in seinem Kopf lauter. Nur vage war er sich der winzigen Kristallspitzen ringsum bewusst, die sich ihm wie Fühler entgegenstreckten, dann seine Kleidung und Haut berührten. Bandicut spürte ein Kribbeln und wollte sich schütteln, konnte es aber nicht. Etwas berührte seine Gedanken und hallte in schrillenden, klanglosen Tönen durch sein Bewusstsein.
Dann öffnete sich weit entfernt eine Tür und Stimmen rauschten ihm in den Kopf wie ein Wasserfall …
24 Im Eiskern
Antares bemerkte, dass sich unten in der leuchtenden Eismulde etwas bewegte. Anfangs konnte sie nicht erkennen, was es war – dazu sah sie dort unten viel zu viele verwirrende Reflexionen. Dann sagte der Norg: »Ich glaube, ich empfange Signale von der Gruppe. Sollen wir einen Weg hinab suchen?«
Antares antwortete ihm nicht, stand einfach nur reglos am Rand des Felsvorsprungs. Sie sah eine Reihe facettenartiger, verzerrter Spiegelungen. Der Norg hatte Recht: Jemand bewegte sich dort unten. Ja – drei zweibeinige Gestalten, zweifellos Ik, Li-Jared und John Bandicut. Sie hatte sie gefunden. Was jetzt?
Die Maksu wirbelten über den Rand des Vorsprungs und schwebten vor ihr, auf Anweisungen wartend.
Kurz sah sie eine Spiegelung des Menschen Bandicut, der vorsichtig seine Schritte zwischen kantigen Klingen aus Eis wählte. Nun blieb er völlig reglos stehen, und endlich nahmen ihr keine Kristalle mehr den Blick auf ihn. Erstaunt beobachtete sie, dass die dünnen Eiskristalle rings um ihn herum zu wachsen begannen – wie bei einer Zeitrafferaufnahme von einer erblühenden Pflanze. Die Kristalle hüllten ihn beinahe ganz ein. Sie verspürte den Drang, ihm eine Warnung zuzurufen, tat es jedoch nicht. Es hatte keinen Sinn, aus Unwissenheit heraus zu handeln – vielleicht war Bandicut ja gar nicht in Gefahr.
Die Maksu schwirrten näher an sie heran. »Gleich wird es Aktivität geben: eine erste vorsichtige Verbindung mit dem Kern der Eishöhlen. Vermutlich ist es gefährlich einzugreifen. Wir schlagen vor, du erlaubst uns, den Kontakt für dich herzustellen. «
Sie warf dem Norg, der so viel mehr über diese Leute zu wissen schien als sie, einen flüchtigen Blick zu. »Erwarten sie mich? Soll ich sie kontaktieren?«
Copernicus surrte, tastete mit den Sensoren die seltsame Landschaft unter sich ab. »Lady Antares, hier stoße ich an die Grenzen meines Wissens. Ich fürchte, ich kann Ihnen keinen nützlichen Ratschlag erteilen.«
Also schön, dachte sie. Jemand wollte, dass ich herkomme – aber das müssen nicht unbedingt die drei da unten sein. Doch wenn ich zum falschen Zeitpunkt eingreife …
Mit einem tiefen, kehligen Laut gab sie den Maksu eine Antwort auf ihre Frage: »Bitte, kontaktiert sie, falls das nicht zu gefährlich ist, und fragt sie, ob ich ihnen helfen kann.«
Aus dem Maksu-Schwarm kam ein
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