02 - Das Weltenschiff
das: Erfühlte etwas, das am Rand seines Bewusstseins wie ein Echo nachhallte. Es erinnerte ihn an den NeuroLink, nur war das hier schneller, heller, ein Chor aus leisem Zirpen, Zwitschern und Trillern. Das Zirpen war weder lästig noch an ihn gerichtet, vielmehr glich es dem leisen Übersprechen auf einem besetzten Com-Kanal: einander überlappende Echos von Funkrufen, die nicht ihm galten.
»Seht!«, rief Ik. Sie eilten zu ihm. Ik stand am Rand eines Abhangs. Zehn Meter unter ihm, in einer tiefen Mulde, stand eine spektakuläre Ansammlung von langen, schmalen Eiskristallen, die stark vergrößerten Schneeflocken glichen. Die Kristalle schienen nach innen zu wachsen und verliehen der Mulde das Aussehen einer gewaltigen, fantastischen Geode. Die Kristalle leuchteten, flackerten rege.
»Mein Gott«, hauchte Bandicut. »Meint ihr, das ist der Kern der Eishöhlen?«
»Auf jeden Fall ein Nodus«, murmelte Ik.
»Ich spüre etwas!«, wurde Li-Jared ganz aufgeregt. »Es ist, als hätte ich einen Bienenstock im Kopf! Stimmen!«
»Ja, ich …« Bandicut wollte seinen Freunden schon die zwitschernden Stimmen in seinem Kopf beschreiben, doch dann zögerte er plötzlich. »Hört mal, wir stehen kurz vor einem wirklich wichtigen Schritt auf unserer Suche, und sollten uns gründlich nach dem Boojum umsehen, ehe wir da runtergehen!« »Stimmt«, pflichtete Ik ihm bei. »Aber ich spüre keinen Hinweis – sehe kein Anzeichen von Beschädigung. Wenn der Boojum das System von innen angegriffen hat, können wir das wohl nur herausfinden, indem wir …«
»Hineingehen und nachsehen?«, brummte Bandicut. »Gut. Wenn er das System zerstört hat, kommen wir ohnehin nicht sehr weit.« Allerdings spürte Bandicut nichts, was auf diese Gefahr hindeutete: Das System war eindeutig lebendig und aktiv. Mit ein wenig Glück hatte der Boojum sich zurückgezogen und leckte seine Wunden – oder vielleicht suchte er noch nach den Eishöhlen. Je eher Bandicut und seine Freunde die Mulde betreten, die gesuchte Information finden und die Mulde wieder verlassen würden, desto besser für sie.
Als hätten die Translatorsteine auf diesen Gedanken gewartet, begannen sie zu zwicken, und die zirpenden, zwitschernden Stimmen am Rand seines Bewusstseins wurden lauter. Zudem wirkten die Stimmen klarer, obwohl Bandicut nichts von dem verstand, was sie sagten. /Charlie, ich wünschte mir so sehr, du könntest bei mir sein, alter Kumpel!/, flüsterte er in sich hinein.
»Lasst uns nach unten steigen, wenn wir können.« Ik spähte am Vorsprung entlang, suchte nach einer geeigneten Stelle für den Abstieg. Schließlich nahm er sein aufgerolltes Seil vom Gürtel und legte das eine Ende an den Vorsprung, wo es sich von selbst befestigte. Dann setzte Ik sich an den Rand, schwang sich herum und ließ sich vorsichtig in die geodengleiche Mulde hinab.
Bandicut wandte sich Li-Jared zu. Der Karellianer hatte die Augen zu dünnen, feurigblauen Schlitzen verengt. Der Ort, den er so lange gesucht hatte, lag nun greifbar nah vor ihm, dennoch konnte man unmöglich bestimmen, ob er Angst oder Aufregung oder beides zugleich empfand. »Möchtest du als Nächster runterklettern?«, fragte Bandicut.
»Ich bin bereit einzutreten. Zu fragen und zu finden.« Die Worte des Karellianers schienen weniger eine Antwort auf Bandicuts Frage zu sein als vielmehr zu Li-Jareds Selbstbestätigung zu dienen. Li-Jared schwang sich über den Rand und rutschte am Seil hinab, bis er schließlich neben Ik zwischen den zerbrechlich aussehenden Eiskristallen stand.
»Und?«, sprach Bandicut Napoleon an. »Soll ich dich hinablassen? Oder willst du hier warten?«
Napoleon krächzte nachdenklich. »Ich orte da unten keine Anschlussmöglichkeit für mich, John Bandicut. Ich schlage vor, dass ich hier oben Wache halte. Sie werden doch vorsichtig sein, oder?«
Bandicut starrte Napoleon an; er empfand tiefe Zuneigung zu dem Metallwesen. »Klar«, beruhigte er ihn, setzte sich hin und schwang die Beine über den Rand.
Als er schon halb am Seil hinabgeklettert war, wurden die Stimmen in seinem Kopf plötzlich sprunghaft lauter. Bandicut fuhr zusammen, sofort auf der Hut vor dem Boojum – dann erkannte er, dass der plötzliche Anstieg der Lautstärke nur darauf zurückzuführen war, dass die Verbindung zu den Stimmen stärker wurde. Während des restlichen Abstiegs versuchte er, das Lärmen in seinem Kopf zu ignorieren. Der Translatorstein in seiner rechten Hand pulsierte, suchte in dem Stimmengewirr
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