02 - Das Weltenschiff
flog durch explodierende Bilder von Strukturen und Informationen: Karten von Schiffwelt und seinen Subsystemen; an verschiedenen Stellen zeigten Schraffuren an, wer die Systeme wartete und in Gang hielt: hier waren es die Schattenleute, dort andere Wesen; flackernde Linien markierten die Grenzen zwischen Sektionen mit inkompatiblen Ökologien. Bandicut sah flüchtig, wie lebenswichtige Ressourcen transportiert, lebenswichtige Wartungsarbeiten geleistet wurden; er sah Kommunikationsnetze, zu denen auch das Eisnetz gehörte – es war lediglich eines unter hunderten; er sah Sternenkarten, in denen der Ursprung der auf Schiffwelt versammelten Spezies kartografiert waren; er sah Datenerhebungen über diese verschiedenen Spezies. Bandicut begriff allmählich, warum Schiffwelt auch Metaschiff genannt wurde: eine komplexe Schicht über der anderen, jede einzelne schloss riesige aktive Systeme ein; das Schiff glich einem Fraktalbild, das, ganz gleich in welchem Maßstab betrachtet, immer mehr Schichten von selbstähnlichen Mustern offenbarte. Bald war er verloren im Treibsand aus Bildern und Informationen. Noch immer war ihm alles zu groß, zu komplex; er fand den Weg zu den richtigen Fragen, den richtigen Antworten nicht.
/Hilfe!/, hauchte er. /Gibt es hier irgendwo eine Art Hilfsprogramm?/
Sogleich erhielt er eine Antwort. Eine neue Kristallstruktur blühte auf, reckte sich ihm funkelnd entgegen. Eine tonlose Stimme sagte:
»Komm näher bitte. Wenn du Hilfe wünschst, musst du näher kommen. »
Verwirrt versuchte er, der Aufforderung nachzukommen. /Was genau soll ich denn tun?/
»Komm näher. Um deine Wünsche zu verstehen, müssen wir auf deinen gesamten Speicher und deine Netzwerkfunktionen zugreifen können. »
/Also, ich … /Inwieweit traute er diesem System?
» Wir können dir nicht helfen, wenn du uns den Zugriff auf diese Funktionen verwehrst. Wenn du Hilfe wünschst, komm bitte näher. »
Bandicut durchrieselte es kalt. Er war schon gefährlich tief in dieses virtuelle System eingedrungen, weit entfernt von seinem Körper. Doch er hatte noch nicht gefunden, wonach er und seine Freunde suchten -und offenbar würde er es auch nicht finden, ohne weitere Risiken einzugehen. Er sammelte seine Gedanken, dann neigte er sich dem Hilfeprogramm entgegen, das einer funkelnden Eisblume glich, und ließ sich, wie von einem Magneten, in das Flimmern ihrer inneren Welt ziehen …
Antares spähte in die Höhle hinab und versuchte, einen besseren Blick auf das erstaunliche schneeflockenähnliche Eisgebilde zu erhaschen, das um Bandicut aus dem Boden gewachsen war. Er hatte nicht wieder geschrien, war aber völlig von Eiskristallen eingeschlossen. Die Schneeflocke, zwischen deren Kristallspitzen turbulente Energien flossen, leuchtete intensiv. Bandicuts Gefährten schienen sich ebenfalls nicht mehr bewegen zu können, waren jedoch nicht so dicht von Kristallen umschlossen. Es sah beinahe so aus, als hätten die Eishöhlen sie nur deswegen umhüllt, damit sie nicht stören konnten. Was geht da unten nur vor?
»Maksu?«, rief sie schneidend. Noch immer schwebte ein kleiner Teil des Schwarms summend in ihrer Nähe. »Könnt ihr mir ein Fenster öffnen, in dem ich sehen kann, was rings um den Menschen vor sich geht? Ich will nicht eingreifen. Ich will nur wissen, was er tut.«
Die Wesen summten tief, wirbelten kurz außer Sicht, dann tauchten sie flimmernd wieder auf. »Klettere hinunter, bitte.«
Sie sollte hinunterklettern? Antares ließ ihren Blick in die Tief wandern und sah, dass sich ungefähr anderthalb Meter unter ihr ein schmaler Vorsprung befand. Von dort aus würde sie vermutlich alles deutlich besser beobachten können, doch war es nicht ungefährlich: Sie könnte von diesem Vorsprung auch viel leichter abstürzen – zumal dieser über und über von Eiskristallen bedeckt war. War diese – Art Vorsprung vielleicht ein Medium, mit dem sie eine Verbindung herstellen könnte? Sie zögerte, schämte sich wegen ihrer plötzlichen Angst. War es ihr wirklich so wichtig, Bandicut zu beobachten? Sie schaute Copernicus an, der schweigend neben ihr stand. Der Norg klickte und erklärte: »Ich mache mir Sorgen um John Bandicut. Ich wüsste gern, ob er in Gefahr ist.«
»Ich tue, was ich kann«, versprach sie ihm und kletterte vorsichtig zu dem Vorsprung hinunter. Er war unangenehm schmal, und sie drückte den Rücken gegen die senkrechte Felswand. »Also schön«, wandte sie sich an die Maksu. »Was jetzt?«
»
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