02 - Das Weltenschiff
spürte, dass sich nicht nur sein Bewusstsein reckte, um aus seinem Körper in ein bodenloses Meer aus Wissen zu tauchen, sondern auch seine Gedanken und Gefühle, ja, seine Seele. Er dachte an Charlie in seinem Translator, der ebenfalls hinausgegriffen hatte und sich auf diese Weise in das Bewusstsein eines Außerirdischen verpflanzt hatte, eines Menschen. Bandicut schauderte es, als er begriff, dass der Eiskern ihn in eine gleichermaßen tiefe Verbindung sog … und nicht nur in eine Verbindung: Er trennte Bandicuts Bewusstsein von seinem Körper.
/Warte …!/
Doch er hatte keine Kontrolle mehr über den Vorgang. Das schattenhafte Bild seiner selbst dehnte sich weiter und weiter aus, verzerrte sich. Bandicut fühlte sich benommen, als eine Woge – die mal aus Schwärze, mal aus Licht zu bestehen schien – durch die Verbindung aufstieg und sich um ihn legte; dann packte sie ihn und sog ihn wie eine Unterströmung zu sich, in sich hinein. Verzweifelt wollte er die Woge aufhalten, doch was auch immer er in Bewegung gesetzt hatte, war nun unmöglich aufzuhalten.
»Dein Wissen und deine Gedanken gehören jetzt uns», sagte die Stimme, die viel dunkler und schroffer klang als zuvor.
Antares’ empathische Sinne brannten wie Feuer. Die Maksu summten verwirrend; irgendetwas beunruhigte sie. Antares’ war über das Eislink so tief in den Eiskern vorgedrungen, dass sie die Gefühle des weit entfernten John Bandicut wahrnehmen konnte -wenn auch schwach. Er steckte eindeutig in Schwierigkeiten.
Aber in was für Schwierigkeiten?
Durch die Verbindung spürte sie, dass ein Großteil des Maksu-Schwarms aus der virtuellen Realität des Eiskerns floh, zu ihr aufstieg und ihren Körper umschwärmte. Das stöhnende Insektensummen der Maksu wollte etwas ausdrücken … aber was? Unruhe? Wut? Beschuldigungen? Sie wusste es nicht genau, doch sogar durch das Gewirr der fremdartigen Emotionen erkannte sie den beißenden Geruch von Furcht.
»Das wussten wir nicht, konnten wir nicht wissen!«, hörte sie schließlich. »Wir hätten nicht herkommen sollen.’«, summten sie; die Worte drangen durch die Eiskern-Verbindung zu Antares – sie stammten von den wenigen Maksu, die noch mit dem Kern verbunden waren.
»Was wusstet ihr nicht?«, verlangte sie zu wissen, wobei sie sich bemühte, sich auf die Worte der Maksu zu konzentrieren und zugleich darauf zu achten, was mit Bandicut geschah.
»Gefahr! Gefahr!«
»Was für eine Gefahr?«, bellte sie. Angst schwang in ihrer Stimme mit.
»Das konnten wir nicht wissen! Wir müssen fliehen!«
Die Maksu waren entsetzt. »Warum?«, flüsterte sie. »Was ist mit den anderen? Könnt ihr den anderen irgendwie helfen?« Sie war nun halb in der virtuellen Welt des Eiskerns, halb in der Wirklichkeit, und plötzlich glaubte sie zu wissen, warum Bandicut in Schwierigkeiten steckte.
Die Maksu umschwirrten sie wütend. »Wir werden nicht dafür bezahlt, jemanden zu verteidigen … wir können nicht …«
»Was?«, fuhr sie die Maksu an, gekränkt, weil die Wesen den Rückzug antreten wollten.
»Wir haben keine Kraft -nur Informationen – müssen die Informationen beschützen!« Die Maksu wirbelten nun hinter sie, zur Flucht bereit.
»Ihr könnt nicht einfach fortfliegen!«
»Nehmen dich mit … führen dich nach draußen … müssen jetzt gehen … ehe wir alle zerstört werden …«
Ehe sie alle zerstört würden? Dann sollte sie besser auch … nein. Sie war mit dem Norg in die Eishöhlen gekommen, um sich mit den anderen zu treffen. Sie konnte nicht einfach fliehen – nicht ohne auch den anderen zur Flucht zu verhelfen … oder es zumindest zu versuchen. Sie legte den Kopf in den Nacken und sah zu Copernicus hoch, der auf dem Vorsprung über ihr stand. »Kannst du mich aus den Höhlen führen, falls wir fliehen müssen?«, rief sie.
Der Norg klopfte wild, als habe er ihre Gedanken besser verstanden als ihre Worte. »Wir müssen einen Weg finden, John Bandicut zu helfen! Ich habe Napoleon lokalisiert, auf dem gegenüberliegenden Felsvorsprung! Wir müssen uns bereit halten, den anderen zu helfen!«
» Wir müssen sofort fliehen!«, schrien die Maksu.
»Könnt ihr uns wenigstens die Schattenleute … schicken?«, keuchte Antares.
Das Stöhnen der Maksu schwoll zu einem Kreischen an. »Das werden wir tun!« Dann wirbelten sie wild blinkend aus der Höhle.
Antares sah ihnen nach, begann zu zittern und ließ ihre Gedanken wieder in die oberen Schichten des Eislinks sinken. Sie sah, wie
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