02 - Das Weltenschiff
zeriss plötzlich ein lauter Pfiff die bisher so beschauliche Ruhe. Li-Jared blieb abrupt stehen. Ein großes, peitschengleiches Wesen mit einer Vielzahl winziger Augen erhob sich aus dem Strombett und winkte ihnen mit zahlreichen Armen zu. »Wir haben geschlossen! Sie können hier nicht bleiben!«, rief es – dank der Translatorsteine verstand Bandicut jedes Wort. »Wie sind Sie hereingekommen?«
»Wir mussten notlanden«, antwortete Li-Jared. »Wir hatten keine Wahl.«
»Wir haben wegen Wartungsarbeiten geschlossen«, sagte das Wesen.
»Wir wollen aber unter anderem diese Anzüge hier warten lassen«, erklärte Ik.
Das seltsam baumartige Geschöpf gab einen Pfeiflaut von sich. »Das ist höchst, höchst ungewöhnlich! Nun, ich glaube schön, dass sich das machen ließe. Aber ich muss Ihre Ankunft registrieren. Das hier ist ein Park, keine Einwanderungsstation. Also wirklich, das entspricht überhaupt nicht der normalen Vorgehensweise!«
Ik rieb sich die Brust. »Könnten Sie uns vielleicht sagen, wo wir momentan sind? Und uns vielleicht die Richtung weisen, zu den …«, schnarr, schnarr.
Den letzten Begriff ließen die Steine unübersetzt.
Das Wesen erbebte. »Sie sollten es mal mit einer Karte versuchen, mein Herr! Es ist nicht meine Aufgabe, solche Orte ausfindig zu machen!«
»Ich wollte Sie nicht beleidigen«, beeilte sich Ik zu versichern. »Ich werde selbstverständlich eine Karte benutzen. Vielleicht könnten Sie uns zu einer führen?«
Das Baumwesen stieß ein Zischen aus. »Bitte folgen Sie mir! Und nehmen Sie Ihre Abfälle mit.«
Das Wesen führte sie über die Brücke und durch einen langen Bogengang aus lebenden Bäumen. Am Ende des Gangs war eine schwere Holztür, die aufschwang, als das Baumwesen sie berührte. Ik hielt die Tür auf, damit die anderen mit ihren sperrigen Panzeranzügen hindurchtreten konnten. Sie befanden sich nun in einem mit Holz getäfelten Foyer, einer Rezeption mit einer geschwungenen Theke, hinter der das Wesen für einen kurzen Moment verschwand.
/Kennt der Translator die Sprache dieser Spezies schon?/, fragte Bandicut, überrascht, dass die Kommunikation mit dem Wesen so mühelos funktionierte.
///Offenbar.///
Ik lehnte seinen Panzeranzug gegen den Tresen und wedelte mit der knochigen Hand. »Wo sollen wir uns eintragen?«
Das peitschengleiche Geschöpf richtete sich hinter der Theke auf; es hielt kleines Gerät in den Händen, das es auf die vier Gefährten richtete. Ein dunkelblauer Lichtfächer schoss daraus hervor und glitt über ihre Körper, um gleich darauf wieder zu verlöschen. »Sie sind registriert«, kommentierte das Wesen sein Tun mit unverhohlener Abneigung gegen die unerwarteten Gäste. »Und hier sind Ihre Marken.« Es hielt vier matte, münzenähnliche Scheiben in der schlanken Hand, die es den vier Gefährten entgegenstreckte.
Bandicut beäugte die Scheiben argwöhnisch, doch Ik nahm ohne zu zögern eine davon entgegen. Als er die Scheibe berührte, leuchtete sie auf, tauchte Iks Fingerspitzen in ein flimmerndes Licht, das für einen kurzen Moment seinen ganzen Körper zu durchleuchten schien. Das Peitschenwesen warf die anderen Scheiben in die Luft, und drei flimmernde Lichtstrahlen schossen in die Körper von Li-Jared, Napoleon und Bandicut. Das Licht fühlte sich nicht unangenehm an, doch überkam Bandicut kurz das seltsame Gefühl, verbunden zu sein, wie mit einem DatenNetz. Dann war das Licht verschwunden.
Das Peitschenwesen meinte: »Das ist Ihre vorübergehende Aufenthaltserlaubnis. Sie können jetzt gehen. Lassen Sie die Raumanzüge hier! Aber ich kann nur noch einmal betonen, dass die Wartungsabteilung alles andere als begeistert sein wird!«
»Bitte richten Sie der Wartungsabteilung unseren Dank aus«, entgegnete Ik würdevoll. »Können Sie uns bitte noch erklären, wo wir Zugang zu einer Karte bekommen können?«
Das Wesen deutete auf eine Tür am anderen Ende des Raums. »Draußen, auf der linken Seite. Und jetzt muss ich Sie wirklich bitten …«
»Wir gehen ja schon!«, unterbrach Li-Jared das Geschöpf und ging voran, auf die Tür zu.
Sie fanden die Kartenkonsole recht schnell: Sie war absolut langweilig im Vergleich zu der Aussicht, die sich ihnen bot. Aus dem Foyer waren die Reisegefährten auf einen Balkon, ja eine ganze Galerie hier und da miteinander verbundener Balkone hinausgetreten, hinein in ein höchst großzügig bemessenes, ein überdimensionales Atrium: Der Balkon, auf dem sie sich befanden, schwebte
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