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02 - Das Weltenschiff

Titel: 02 - Das Weltenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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mindestens hundert Stockwerke über dem Boden – den unzähligen Etagen nach zu urteilen, die auf der gegenüberliegenden Seite zu sehen waren. Während Ik sich über die Konsole beugte und ihre Position zu bestimmen versuchte, ging Bandicut zur Brüstung des Balkons, um einen Blick in die Schwindel erregende Tiefe zu werfen. Vorsichtig lehnte er sich über die viel zu niedrige Brüstung. Er starrte auf eine bemerkenswerte Promenade hinab, gewiss die größte Einkaufsmall der ganzen Galaxis, umfasste sie doch eine ganze Stadt. Überall flanierten Lebewesen oder hasteten geschäftig weiter, die den verschiedensten Spezies anzugehören schienen; von seinem Aussichtspunkt betrachtet, wirkten die meisten von ihnen nicht größer als Flöhe. Leute! Keine Menschen, nein-aber zum ersten Mal seit seiner Ankunft auf Schiffwelt spürte er einen Anflug echter Hoffnung. Er war womöglich endlich an einem Ort, einer Stadt, angelangt, wo er anderen Wesen im »normalen« Alltagsleben begegnen und vielleicht herausfinden konnte, was es genau mit Schiffwelt auf sich hatte – nicht auf der Flucht oder im Kampf, sondern eben im nur allzu alltäglichen Leben. War es möglich, dass es hier Menschen gab, oder zumindest einen Platz für ihn, nach allem, was bisher geschehen war?
    ///Vielleicht, vielleicht///,
    wisperte Charlie. Die Worte des Quarx’ schienen sich weniger auf Bandicuts Gedanken zu beziehen, als vielmehr auf eine tiefe Wehmut, die es selbst empfand.
    Li-Jared spähte neben Bandicut über die Brüstung. »Gibt es in deiner ›Heimat‹ etwas, das hiermit vergleichbar wäre?« Bandicut blinzelte, einen Moment von Schwindel geplagt. Er holte tief Luft. »Ja schon, etwas Ähnliches zumindest. Nur viel kleiner.« Bei dem sich ihm bietenden Anblick dachte Bandicut eigentlich gar nicht direkt an die Erde, sondern eher an das riesige Einkaufszentrum, das L5 City ringförmig umgab – oder umgeben hatte, vor tausend oder eine Million Jahren, bevor er das Sonnensystem verlassen hatte.
    ///Zieh keine voreiligen Schlüsse!///
    Bandicut runzelte die Stirn.
    »Ein bisschen großkotzig die ganze Anlage hier, finde ich«, tat Li-Jared sein Urteil kund. »Ich halte diese …«, b’wang, »Karbunkel der Zivilisation für recht überholt. Aber das ist noch lange kein Grund, tatenlos mit anzusehen, wie sie zerstört werden.« Das schimpansenähnliche Wesen legte den Kopf in den Nacken und blickte zum Kuppeldach hoch. Dort oben war etwas zu sehen, das Ähnlichkeit mit einer Sonne hatte, jedoch wurde das Licht durch einige sehr seltsame geometrische Gebilde gebrochen oder reflektiert.
    »Zerstört?«, fragte Bandicut verwirrt nach. »Wieso sollte das hier zerstört werden?«
    Li-Jared senkte den Blick. »Ich sage nicht, dass es zerstört werden sollte. Aber andererseits, warum sollte eine Sternenkopplerfabrik zerstört werden? Warum tut der Boojum das, was er tut?«
    »Das weiß ich nicht«, musste Bandicut zugeben.
    Li-Jared schnipste mit den Fingern – das Äquivalent zu einem Schulterzucken? Jedenfalls wandte er sich ab und trat wieder zu Ik.
    Bandicut seufzte, blickte mehrmals abschätzend nach oben und unten und gelangte zu dem Urteil, dass seine Gefährten und er sich – obgleich der Balkon wirklich sehr hoch lag – noch nicht einmal auf halber Höhe zwischen Boden und Kuppeldach befanden. Hier und dort waren die Balkone in diesem Atrium durch elegante, asymmetrische Bögen miteinander verbunden – einzelne Brücken, die einander gegenüberliegende Seiten verbanden, auch wenn die betreffenden Etagen nicht immer auf gleicher Höhe lagen. Dem Tang der Sargassosee ähnliche Pflanzen schwebten durch die Luft wie Ballons, die auf Luftströmungen ritten.
    Bandicut geriet ins Wanken, fing sich wieder und trat hastig von der Brüstung zurück. Beinahe wäre er mit einem Wesen zusammengeprallt, das hinter ihm vorbeiging – ein Vierfüßer mit schlurfendem Gang, von der Statur eines Tigers, aber mit dem Gesicht eines Ameisenbären. Napoleon surrte und fing Bandicut mit ausgestrecktem Arm ab. »Entschuldigung«, brummte Bandicut. Das vierbeinige Wesen murrte etwas, das der Translator ignorierte, und lief weiter. Bandicut zuckte die Schultern und sah dem Wesen nach, bis es um die Ecke verschwunden war. Einen Augenblick später spürte er im Nacken einen Stich wie von einem Moskito und schlug sich mit der offenen Hand auf die Stelle. Kurz durchfuhr ein Kribbeln seinen Körper wie ein sanfter Stromstoß. Aufgeregt betrachtete er seine

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