02 - Die Nacht der D?monen
können uns in meinem Zimmer unterhalten.«
Caryn blieb vor der Tür zu Jessicas Zimmer stehen, das bedrohlich dunkel war. Es gab keinerlei Licht außer dem Glimmen einer roten Lavalampe auf einem Regal. Als Jessica den Lampenschirm abnahm, erhellte der grelle Schein der Glühbirne den Raum, was jedoch den düsteren und eintönigen Charakter des Zimmers nur noch unterstrich.
»Das ist dein Zimmer?«, fragte Caryn, bevor sie sich überlegen konnte, dass es kein guter Anfang war. Sie entdeckte nur einen einzigen Farbtupfer: ein lilafarbenes Kissen auf dem Bettrand, das halb von einer schwarzen Tagesdecke verdeckt wurde. Sie fragte sich, wie Jessica wohl auf die Bemerkung reagierte, dass Lila die Farbe der Menschlichkeit war.
Caryn verspürte den plötzlichen irrationalen Wunsch, das Kissen aus der Schwärze zu retten. Das wäre nicht weiter schwer. Im Gegensatz zu seiner Besitzerin würde das Kissen sie nicht bekämpfen.
»Also sag, was du zu sagen hast«, knurrte Jessica.
Caryn ging in Gedanken die Millionen von Drehbüchern durch, die sie entworfen hatte, um dem Mädchen die Wahrheit zu sagen, doch sie verwarf sie alle. Sie lief zu dem Regal und blätterte die groben Manuskriptentwürfe durch, bis sie das Exemplar von Dunkle Flamme fand.
»Ich habe davon gehört«, begann sie. Fast jeder auf dieser Welt – mit Ausnahme der Menschen – hatte von Ash Nights Dunkle Flamme gehört.
Jessica runzelte die Stirn und Caryn konnte sehen, dass sie versuchte, den Sinn dieser Bemerkung zu erfassen. Bevor sie sich jedoch eine Antwort überlegen konnte, fuhr die junge Hexe fort.
»Wie bist du ... auf die Idee zu diesem Buch gekommen? Und zu Tiger, Tiger?«, erkundigte sie sich.
Jessica lachte, offenbar schockiert von der Normalität dieser Frage. »Du bist hergekommen, um mich über meine Ideen auszufragen?«
Caryn atmete tief ein, um Kraft zu sammeln. »Nicht ganz.« Ihre nächsten Worte überschlugen sich fast. »Ich wollte dich fragen, ob du weißt, dass sie wahr sind.«
Jessicas Gesichtsausdruck verlor plötzlich jede Spur von Belustigung.
»Verschwinde, Caryn«, befahl sie kalt.
Die junge Hexe trat angesichts Jessicas Heftigkeit einen Schritt zurück und versuchte sie zu erklären. Die pure Leugnung, dachte sie. Jessica kannte die Wahrheit, weigerte sich aber, sie zu akzeptieren. Es war völlig logisch; sie würde gegen jeden kämpfen, der sie von etwas überzeugen wollte, dass sie verzweifelt zu ignorieren versuchte.
Wieder atmete Caryn tief ein, diesmal weil sie bemerkte, dass sie in den letzten paar Sekunden die Luft angehalten hatte.
»Was weißt du über Alex?«, bohrte sie weiter. Jessica war außergewöhnlich stark. Wenn man sie zwingen würde, der Wahrheit ins Auge zu sehen, wäre sie bestimmt fähig, sie zu akzeptieren. Wenn Caryn nur wüsste, wie sie das Mädchen überzeugen könnte!
»Ich habe gesagt, du sollst verschwinden«, wiederholte Jessica.
»Wirst du wenigstens über das nachdenken, was ich gesagt habe?« Außer dieser einfachen Bitte fiel Caryn nichts ein, was sie tun könnte. »Bitte.«
»Wenn du jetzt gehst.« Die Antwort war kaum mehr als ein Knurren.
Caryn griff in ihre Tasche und holte den Brief heraus, den sie so oft umgeschrieben hatte, bevor sie hergekommen war. Als sie ihn Jessica hinhielt, riss das Mädchen ihn ihr aus der Hand.
»Zufrieden?«, fauchte sie.
Jessicas Gefühlschaos machte Caryn schwindelig, so nickte sie nur eingeschüchtert und verließ eilig das Zimmer. Sie hielt einen Moment im Flur inne und wünschte sich, ihr fiele ein besserer Weg ein, um mit Jessica zu reden, aber dann hörte sie, wie sich der Schlüssel in der Tür herumdrehte. Eine Sekunde später schallte laute Musik in den Flur.
16
JESSICA LAG QUER auf dem Bett und versuchte inmitten des unsinnigen Lärms, der in ihren Ohren dröhnte, eine Erklärung zu finden.
Caryn spielte mit ihr. Sie wusste, dass die Rashidas und Alex sich irgendwoher kannten; sie hassten sich viel zu sehr, um sich fremd sein zu können. Vielleicht waren Alex und Caryn einmal ein Paar gewesen – schließlich war alles möglich.
Und jetzt hatten sie sich zusammengetan, um das schöne Spiel »Wir machen die Schriftstellerin fertig« zu spielen.
Sie musste widerstrebend zugeben, dass sie ihre Sache gut machten. Alex gab ein perfektes Abbild von Aubrey ab. Sie fragte sich, wen Caryn darstellen sollte. Wenn es tatsächlich ein Spiel war,
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