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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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vereinigen. Sie sagte: »Ich
habe immer dein Bestes im Auge. Mr. Bullfinch hat mich auf dem Ball der Quesnes
begrüßt. Er war ausgesprochen nett, und Lady Quesne drängte mich, die
Bekanntschaft mit ihm zu vertiefen. Wenn die Quesnes ihm ihr Wohlwollen
entgegenbringen, dann muss er wohl zur guten Gesellschaft gehören.«
    Sie
klopfte Jane auf die Wange und ging hinaus.
    Jane
holte Mr. Bullfinchs Briefe aus der Schublade. Vielleicht konnte sie ihn
bei einer verräterischen Reaktion ertappen, wenn sie einen Satz daraus
auswendig lernte und ihn beiläufig im Gespräch fallenließ.
    Da war
z. B. eine Zeile, die Mr. Bullfinch offenbar von irgendwoher auf dem Lande
geschrieben hatte: »Eis hat die Teiche und Seen überzogen, hart und funkelnd im
Sonnenlicht - hart und funkelnd wie Deine schönen Augen, wenn sie auf diesen
Deinen ergebenen Sklaven blicken.«
    Es war
sicherlich nicht ganz einfach, diesen Satz in eine gewöhnliche Unterhaltung
einzuflechten. Jane war gerade dabei, eine geeignetere Stelle zu
suchen, als sich die Tür öffnete und Felice sie erwartete, um sie hinunterzugeleiten.
    Jane
war vollkommen überrascht, als sie Lord Tregarthan wiedersah. Er stand vor dem
Kamin und unterhielt sich mit Mr. Bullfinch, als sie eintrat. Das Kerzenlicht
glitzerte auf seinem hellen Haar, und seine blauen Augen wandten sich
ihr mit einem halb spöttischen, halb zärtlichen Lächeln ZU. Jane errötete bis
tief unter die Haarwurzeln und blieb wie versteinert stehen. Felice musste sie
sanft in den Rücken stupsen, damit sie vorwärts ging.
    Jane
machte vor Lord Tregarthan einen Knicks. In ihren Ohren rauschte das Blut. Sie
hatte Mühe, Mr. Bullfinch zu verstehen, als er sie fragte, ob es ihr auf dem
Ball der Quesnes gefallen habe. Mit großer Mühe nahm sie sich zusammen und
bejahte seine Frage dankend.
    »Ich
bin Ihnen nirgends mehr begegnet«, sagte Lord Tregarthan. »Ich habe Mrs. Gullys
musikalische Soiree bis zum Ende durchgestanden, und ich bin zu
Abendgesellschaften der Summerses gegangen, aber nirgends ein Lebenszeichen von
Ihnen, obwohl Ihre Schwester da war.«
    »Ich
bin überhaupt nicht ausgegangen«, sagte Jane, erfreut, dass er sie vermisst
hatte.
    Mr.
Bullfinch lächelte Jane an. Sie blinzelte überrascht zurück. Sein Lächeln war
bezaubernd, es war warmherzig und erleuchtete sein ganzes Gesicht, das
plötzlich äußerst anziehend wirkte. »Vielleicht kann ich Sie überreden,
mit mir im Park spazierenzufahren, Miss Jane«, sagte er.
    »Vielen
Dank, Mr. Bullfinch«, antwortete Jane.
    »Aber
nicht morgen«, sagte Lord Tregarthan. »Morgen bin ich dran, nicht wahr, Jane?
Erinnern Sie sich, dass Sie mir versprochen haben, dass ich mit Ihnen ausfahren
darf?«
    Er lächelte
sie auf seine neue Art, in der er sie mit den Augen liebkoste, an, und Jane
fühlte ihre Knie zittern. »Ja«, flüsterte sie, und ihr Fächer entglitt ihren
Händen. Als sie sich beide zugleich bückten, um ihn aufzuheben, stießen sie mit
den Köpfen zusammen.
    »Ihre
Rosen sind verrutscht«, sagte er und berührte zärtlich ihr Haar, um eine
zerknitterte Blüte glattzustreichen. »So! jetzt sehen Sie wieder wie eine
Zigeunerprinzessin aus.«
    Mr.
Bullfinch schaute neugierig von einem zum anderen, verbeugte sich und
ging - und war bald in ein Gespräch mit Euphemia vertieft. Der Marquis
of Berry war noch nicht da.
    »Was
will Tregarthan eigentlich?« zischelte Mrs. Hart ihrem Mann hinter dem Fächer
zu. »Er kann sich doch wohl nicht im Ernst etwas aus ihr machen, warum läßt er
sie dann nicht in Frieden? Ich habe ihn nur eingeladen, um die neidische Mrs.
Wentworth zu ärgern, die ihn für eine ihrer teiggesich tigen Töchter
haben will.«
    »Vielleicht
will er sie heiraten«, meinte Mr. Hart kurzangebunden.
    »Unsinn.
Er amüsiert sich bloß.«
    »Ich
glaube nicht, dass er so ein oberflächlicher Dummkopf ist«, sagte Mr. Hart. »Er
hätte in Jane eine warmherzige, liebevolle Frau, was - glaube ich -
weitaus besser ist, als mit einem unzufriedenen Modepüppchen verheiratet
zu sein.« Den letzten Satz sagte er mit beträchtlicher Bosheit, aber Mrs.
Hart hatte bemerkt, dass der Marquis of Berry angekommen, war, und eilte schon
auf ihn zu.
    »Sie
haben nichts davon gesagt, dass Sie mit mir spazieren fahren wollen«, sagte
Jane schüchtern zu Lord Tregarthan.
    »Ah ja,
aber ich hatte es eigentlich vor. Ich hätte merken sollen, dass Sie
gefangengehalten werden. Wollen Sie nicht mit mir spazierenfahren?«
    »Ich
kann mir nichts Schöneres vorstellen.

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