02 - Die ungleichen Schwestern
Marquis of
Berry, der mit Euphemia um fünf Uhr in den Park fahren wollte.
Aber.
es kam kein einziger Besucher. Der Marquis of Berry ließ sich entschuldigen, er
könne keine Fahrt mit Euphemia unternehmen, da er andere Verpflichtungen habe,
und, so leid es ihm tue, er wisse jetzt schon, dass er einige Zeit anderweitig
verpflichtet sein werde. Der Marquis hielt das für eine sehr taktvolle und
witzige Absage, aber für Mrs. Hart und Euphemia war es eine verletzende Abfuhr.
Immer
mehr Briefe und Karten kamen an. Mrs. Hart müsse verstehen. dass die Einladung
zu diesem Ball oder jener Abendgesellschaft irrtümlich verschickt worden sei.
Unglücklicherweise
hatte Mr. Brummell die Countess von Devonshire am Vorabend getroffen und
erfahren, dass die Schnupftabaksdose keineswegs ein Geschenk von Mrs. Hart war.
Daraufhin steuerte auch er freudig sein Scherflein zum ohnehin blühenden
Klatsch bei.
Dann
erzählte jemand, dass Captain Hart unter seinem Stand geheiratet habe und dass
Mrs. Hart niemand anderer als die Tochter eines Pächters sei. Ach du lieber
Himmel! Die feinen Leute schauderten bei dem Gedanken, dass sie einer solchen
Person Zutritt zu ihren Räumen gestattet hatten.
Als
sich schließlich einige Leute erinnerten, dass Mrs. Hart eine reiche Erbin und
aus angesehener Familie sei, auch wenn sie in Brighton und nicht in London in
die Gesellschaft eingeführt wurde, wollte niemand mehr zuhören. Die Geschichte
von der Bauerstochter war viel besser.
Mrs.
Hart erlitt einen Ohnmachtsanfall und zog sich ins Bett zurück. Euphemia, die
immer noch an die Macht ihrer Schönheit glaubte, war Überzeugt, dass der ganze
Skandal, bald vorüber sein werde.
Nur
Jane war glücklich.
Aber
nicht einmal das währte sehr lange.
Abraham,
der Lakai von Lord Tregarthan, war zu Besuch gekommen, um sich mit Rainbird zu
unterhalten und Alice zu bewundern. Während der Unterhaltung zog er das
Briefchen, das er vergessen hatte auszuhändigen, heraus und legte es auf den
Tisch. »Wirf es lieber ins Feuer und vergiss es«, riet ihm Rainbird.
Ȇbernehmen
Sie das für mich«, sagte Abraham. »Ich trage es immer mit mir herum und weiß
nicht, warum.«
Schwere
Fußtritte kündigten die Ankunft des Verwalters, Jonas Palmer, an. Abraham
verabschiedete sich. Die Diener besannen sich auf dringende Verpflichtungen.
Palmer fragte Rainbird über die Mieter aus. Er hatte den Klatsch über Captain
Hart gehört und wollte wissen, ob Mrs. Hart das Haus jetzt räumen wolle. Unter
Umständen war es nämlich möglich, das Geld der Harts zu behalten und das Haus
für den Rest der Saison an andere Leute zu vermieten.
»Fragen
Sie sie doch selbst«, sagte Rainbird mürrisch.
»Das
werde ich«, sagte Palmer. »Und bei der Gelegenheit werden auch Sie zur Sprache
kommen. Mir scheint, Sie sind dick und faul geworden.« Er erhob sich, um zu
gehen. Mit einem ärgerlichen Brummen ging Rainbird ins Anrichtezimmer. Palmer
sah das Briefchen, das an Mrs. Hart gerichtet war, nahm es und trug es hinauf.
Joseph war nach oben geschickt worden, um Mrs. Hart zu bitten, den Verwalter zu
empfangen.
Aber
Mrs. Hart ließ sagen, sie sei viel zu erschöpft. So legte Palmer das Briefchen
auf das Silbertablett in der Eingangshalle und ging wieder. Alice dachte, es
sei ein neuer Brief, da sie davon überzeugt war, dass Rainbird den Brief
Abrahams ins Küchenfeuer geworfen hatte. Sie trug ihn zu Mrs. Hart hinauf, die
halb betäubt von einer großen Dosis Laudanum im Bett lag.
Mrs.
Hart las die Mitteilung sehr erstaunt. Es stand kein Datum darauf, nur Montag,
und heute war Dienstag. Wenigstens hatte er so viel Anstand zu schreiben, dass
er nur geschäftliche Angelegenheiten mit Captain Hart zu besprechen wünsche. Er
wußte offenbar gar nicht, dass ihr Mann nicht mehr da war.
Jane
war mit einem träumerischen Lächeln auf dem Gesicht herumgegangen -
kränkend für ihre Mutter, die fand, Jane könnte wenigstens etwas kindliche
Trauer über das Verschwinden ihres Vaters zeigen. Mrs. Hart wußte ja nicht, dass
Jane viel zu sehr verliebt war, um sich um das zu kümmern, was um sie herum
vorging. Die Vorstellung, ihre eigenwillige jüngere Tochter ein bisschen zu
demütigen, war unwiderstehlich. Mrs. Hart schickte nach Jane. Ein Blick auf das
Gesicht ihrer Tochter, das vor Glück strahlte, genügte, um ihr zu verraten, dass
Jane wieder von Beau Tregarthan in die Irre geführt worden war. Sie richtete
sich in den Kissen auf und betrachtete ihre Tochter mit kalten
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