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02 - Die ungleichen Schwestern

02 - Die ungleichen Schwestern

Titel: 02 - Die ungleichen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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James's Street herunterspaziert kam. Mr. Bullfinch fühlte
wieder die ohnmächtige Wut in sich aufsteigen, die ihm schon vertraut war, weil
sie ihn immer ergriff, wenn er dem Doktor begegnete. Natürlich konnte Gillespie
nichts dafür, dass es ihm nicht gelungen war, Claras Todesursache
herauszufinden, aber dennoch ...
    »Na,
wie geht es denn immer so, Bullfinch?« rief Mr. Gillespie fröhlich.
    »Leidlich«,
antwortete Mr. Bullfinch. »Wohin des Wegs?«
    »Ich
bin auf dem Weg zum nächsten Wirtshaus, um etwas zu essen, und dann muss ich
eine Mrs. Hart in der Clarges Street besuchen.«
    »Ich
kenne die Dame. Ist sie sehr krank?«
    »Ich
habe sie noch nicht untersucht.«
    Mr.
Bullfinch zögerte. »Hören Sie zu«, sagte er etwas unbeholfen. »Mrs. Harts
jüngste Tochter, Jane, beschäftigt sich mit dem Tod von Clara Vere-Baxton.
Sie scheint davon überzeugt zu sein, dass es sich um einen Mord gehandelt hat.
Setzen Sie ihr keine Flausen in den Kopf. Ihre Neugier hat mir schon den
größten Kummer bereitet. Sie ist sehr jung und meint es nicht böse, aber wenn
sie Sie in der Sache anspricht, könnten Sie vielleicht ihr Interesse dämpfen.«
    »Worauf
Sie sich verlassen können«, sagte der Doktor ärgerlich. »Ihre Verdächtigungen
sind eine Beleidigung meiner ärztlichen Fähigkeiten. Guten Tag, Bullfinch!« Der
Doktor ging wütend die Straße hinunter und stieß dabei seinen Stock mit dem
goldenen Griff gegen die Pflastersteine.
    Als Dr.
Gillespie an diesem Nachmittag in der Clarges Street Nr. 67 seinen Besuch
machte, fand er Mrs. Hart bei fest geschlossenen Fenstern im verdunkelten
Schlafzimmer vor. Er hatte das Gerede gehört, dass Captain Hart sie verlassen
hatte, und diagnostizierte zwar richtig, aber heimlich, einen akuten Fall von
verletztem Stolz. Er verschrieb einige fröhlich bunte, unschädliche Tabletten
und empfahl ihr soviel frische Luft und Sonnenschein wie nur möglich. Die
Parks, sagte er, seien sehr geeignet für ein kleines tägliches Training. Mrs.
Hart dachte an die harten Augen und die harten Gesichter, die sie auf der
Promenade anstarren würden, stöhnte und vergrub das Gesicht in den Kissen.
    Mr.
Gillespie verließ leise das Zimmer und sagte Rainbird, der vor dem Zimmer Wache
hielt, dass er eine der Töchter sprechen wolle, lieber die jüngere, die
sicherlich mehr Zeit habe, sich um ihre Mutter zu kümmern, als die ältere. Er
hatte von Euphemias großer Schönheit gehört und hätte das Mädchen gerne selbst
gesehen, aber andererseits war eine Gelegenheit, mit Jane Hart zu sprechen und
sie davon abzuhalten, irgendeinen dummen Verdacht bezüglich Claras Tod zu
hegen, äußerst wichtig.
    Rainbird
führte ihn in den vorderen Salon hinunter, servierte Wein und Gebäck und ging
Jane holen.
    Jane
schaute Mr. Gillespie neugierig an, als sie das Zimmer betrat, wobei ihr Lord Tregarthans
Schilderung des Arztes als »eines Kellners mit schmerzenden Füßen« in den Sinn
kam. Sein Lächeln und sein Verhalten waren freundlich und unterwürfig, aber der
Ausdruck seiner Augen war erregt, ärgerlich und rastlos. Er sagte Jane offen, dass
Mrs. Hart seiner Ansicht nach vollkommen gesund sei, allerdings seien ihre
Nerven überreizt, und er fügte hinzu, dass Jane unbedingt darauf achten müsse, dass
ihre Mutter viel frische Luft und Sonnenlicht sowie eine einfache Diät bekomme.
    Jane
versprach, ihr Bestes zu tun.
    Mr.
Gillespie ließ sie nicht aus den Augen. »Ich bin schon einmal in diesem Haus
gewesen«, sagte er.
    »Ich
weiß«, erwiderte Jane. »Ich habe mir nämlich alles über Clara Vere-Baxtons Tod
erzählen lassen.«
    »Eine
furchtbare Tragödie«, sagte Mr. Gillespie. »Sie war so jung und schön.«
    »Und
Sie konnten keine Todesursache feststellen?« fragte Jane begierig.
    »Absolut
keine.«
    »Aber
es muss eine gegeben haben .«
    »Keine,
die der ärztlichen Wissenschaft bekannt ist, glauben Sie mir. Darf ich Sie
darauf hinweisen, dass diese Dinge junge Debütantinnen wohl kaum etwas
angehen.«
    »Sie
sind unverschämt.«
    »Ich
sage Ihnen nur, dass es besser wäre, von Sachen, von denen Sie nichts
verstehen, die Finger zu lassen. Ich zähle Seine Majestät zu meinen
Patienten. Es steht Ihnen nicht zu, an meinen Fähigkeiten zu zweifeln. Ich
befehle Ihnen hiermit, die Angelegenheit zu vergessen, sonst könnte es Ihnen
schlecht ergehen.«
    Jane
sah ihn durchdringend an. »Soll das eine Warnung sein?«
    »Ja.
Ich warne Sie«, sagte der äußerst aufgebrachte Arzt. »Ich habe den Eindruck, dass
Sie Mr.

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