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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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geht’s, wie steht’s? Ich bin Mir…« Sie hielt inne und zupfte mit Daumen und Zeigefinger an ihrer Zunge. »… Miriam Margolyes. Sorry, aber ich hab letzte Nacht meine Freundin geleckt und noch jede Menge Mösenhaare im Mund.« Miriam ist womöglich die freundlichste, loyalste und unbestechlich ehrlichste Schauspielerin auf der Mitgliederliste von Equity, aber zur Teestunde beim Erzdiakon sollte man sie lieber nicht mitnehmen.
    In dem Film spielte ich einen Mann namens Creighton, geschieden und gebeutelt vom Leben, von Kindern und Alimentenzahlungen. Ich trat in nur einer Szene auf, aber da ich sie mit Hopkins persönlich zu spielen hatte, kam es mir vor, als sei meine Rolle gewichtig wie die von Michael Corleone und Rhett Butler zusammen. Aber die Handlung verlangte es, dass ich mit Simon Callow die Schule besucht hatte, und das kränkte mich, denn er war gut acht Jahre älter als ich. Für jemanden in den Zwanzigern sind acht Jahre wie ein ganzes Leben. Ich wusste, dass ich nicht gerade der Typ war, den man schlanke und ranke junge Männer spielen ließ oder attraktive junge Liebhaber, aber ich tat mich doch ein wenig schwer damit, in meiner allerersten Filmrolle gleich einen Mann mittleren Alters verkörpern zu müssen.
    Beim Casting geschehen die seltsamsten Dinge.
    Zu ungefähr dieser Zeit feiern wir eine Party in der Southgate Road. Ich laufe herum mit einer Nebukadnezar-Flasche Champagner, um den Gästen nachzuschenken, und gebe mir alle Mühe, die Dämpfe nicht einzuatmen, denn ich weiß sehr wohl, welche Folgen meine Champagner-Allergie haben kann. Als ich an ihm vorbeikomme, fragt ein Schauspielerkollege, was bei mir so läuft, und ich erwähne
Die Liebe eines Vaters
.
    »Und in was für einer Rolle?«
    »Ach, ich spiele diesen gescheiterten Vater und Ehemann, der gerade geschieden wird.«
    »Du!« Der Schauspieler kann oder will die Verachtung, Empörung und das Missfallen in seiner Stimme nicht verhehlen. »Du lieber Himmel, was für eine Ahnung hast
du
denn von so was?«
    Ich lächle verkniffen und gehe weiter. Ich sollte also nichts anderes spielen als zölibatäre schwule Männer?Funktioniert so die Schauspielerei? Ich schätze, der verheiratete Schauspieler, der gerade zum zweiten Mal Vater wird und nicht besonders gefragt ist, reagiert sauer, weil er arbeitslos ist und die reizvollen Rollen an Glückspilze wie mich gehen: Das boshafte und ungläubige Kichern zeigt wohl die Art, wie er damit umgeht. Menschen, die keine Schauspielschule besucht haben, riesige Lücken in ihrer Tschechow-Technik aufweisen und Rollen angetragen bekommen, die sie keinesfalls aus eigener persönlicher Erfahrung spielen können, müssen auf echte Schauspieler äußerst ärgerlich wirken. Das verstehe ich zwar, aber ich bin dennoch leicht gekränkt.
    Wir sind ziemlich aufgeregt, Kate Bush als Gast auf unserer Party zu haben. Hugh hat gerade im Video ihres neuesten Songs mitgespielt. Zwei Nebukadnezar-Flaschen Champagner reichen perfekt für den Abend, und da wir alle noch in dem Alter sind, in dem man als Partygast Getränke mitbringt, ist genug Rotwein da, um uns ebenfalls in Stimmung zu versetzen. Da wir gerade von Rotwein sprechen: Auf der Straße draußen vor dem Haus parkt mein neuer bordeauxroter Daimler Sovereign, mein ganzer Stolz und meine Freude. Was für ein perfektes Leben ich doch führe. Mir kommen die Tränen, wenn ich zurückschaue. Genügend Geld für Zigaretten, Hemden und ein schickes neues Auto, aber nicht so viel, dass es mich hindern würde, an diesem reizvollen Studentenleben in einem gemeinsam bewohnten Haus in Boheme-Atmosphäre teilzuhaben und leichtfertigen Vergnügungen zu frönen. Die Erlebnisse sind immer noch neu und aufregend, mein Gaumen ist nicht abgestumpft, das Leben ist nicht lau.
    Wir waren glücklich, und uns ging es bestens, aberwir lebten in Thatchers Großbritannien, und wir ließen keinen Augenblick verstreichen, ohne Thatchers Großbritannien erbittert anzuklagen. Entschuldigen Sie die Phrase. Wir waren eigentlich noch Kinder, und wie wir es sahen, gehörte Thatchers Großbritannien erbittert angeklagt, je erbitterter, desto besser. Man könnte denken, es habe uns doch so gut behandelt, dass wir auf die Knie fallen sollten, um für die Filmrollen zu danken, für die Arbeitsmöglichkeiten, die erschwinglichen Immobilienpreise, die Daimler Sovereigns und den blühenden Wohlstand, der uns in den Schoß gefallen war. Aber so sahen wir es nicht. Erstens hatten wir unsere Bildung

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