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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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gegen großspurige Mittelklasseliberale. Später erfuhr ich, dass seine besten Sprüche von dem entschieden der Mittelklasse zugehörigen und in Private Schoolserzogenen Anwalt und Cambridge-Footlights-Alumnus Clive Anderson stammten, was aber der Wirkung, die Sayle hatte, nichts nehmen soll. Seine ausdauernden und surrealen Tiraden, sämtlich mit einem Liverpool-Akzent hingerotzt, an dem man Hartkäse hätte reiben können, kombiniert mit dem Aussehen eines dunklen Stummfilmschurken, machten ihn komisch, furchteinflößend und unmöglich zu ignorieren; er war eine Art anarchosyndikalistischer John Belushi – aber litauisch, jüdisch und abstoßend, wo Belushi albanisch, orthodox und knuddelig war. Als ich ihn kennenlernte, wurde mir unmissverständlich bewusst gemacht, dass ich alles repräsentierte, was er am meisten verachtete: Public School, Cambridge und, dank des Auftretens, das ich nie ganz abzuschütteln vermocht hatte, Establishment. Vorurteile und Snobismus aus seiner Richtung scheinen legitim zu sein: Hätte ich ihn hingegen verachtet, weil er der Arbeiterklasse angehörte und der in einer State School erzogene Sohn eines kommunistischen Eisenbahnarbeiters war, hätte man mich zu Recht verurteilt. In jenen Tagen war man stolz darauf, zur Arbeiterklasse zu gehören, und schämte sich, aus der Mittelklasse zu sein. Ich war verzweifelt bemüht, darauf stolz zu sein, dass ich keiner Klasse angehörte, sondern
déclassé
und
déraciné
war, zur Klasse der Bohemiens zu zählen war, der Klasse ewiger Studenten, zur Künstlerklasse. Aber von denen war ich meilenwert entfernt, und bis zum heutigen Tag riecht man an mir eher den Garrick Club als den Groucho Club, aber das hat mich nicht daran gehindert, auf meine zum Scheitern verurteilte, vergebliche und sinnlose Weise zu versuchen, frei zu sein. Wir haben alle unsere sonderbare Weise, klarzukommen oder beim Klarkommen zu versagen. Über die Jahre binich mit Alexei und seiner Frau Linda auf die höflichste und beinahe freundschaftliche Weise ausgekommen, aber leider konnte ich ihm nie wirklich verzeihen, wie tyrannisch und aggressiv er sich Ben Elton gegenüber verhalten hat. Zum Ende des Jahrzehnts und während der Neunziger ließ er keine Gelegenheit ungenutzt, Ben zu attackieren, und beschuldigte ihn ungerechterweise, nicht authentisch zu sein, sondern epigonal und der Bezeichnungen »Comedian« oder »alternativ« verachtenswert unwürdig. Nun, all das kam später, und ich wage zu sagen, dass er sich inzwischen beruhigt hat: Entscheidend ist, dass Sayle für einige kurze Jahre als das auffälligste Symbol der neuen Bewegung im Vordergrund stand, und als wir aus Australien zurückkehrten, schien ihm und seinen Kohorten die Welt zu gehören.
    Von Natur aus bin ich kein Pessimist, aber ich fragte mich doch, ob Typen wie uns die Türen versperrt worden waren. Bei der Comedy geht es, wie jeder weiß, in erster Linie ums Timing, und ich fürchtete, was die Karriere betraf, stimmte unser Comedy-Timing ganz und gar nicht mehr.
Not the Nine O’Clock News
mit drei Oxbridge-Darstellern, dem Ex-Footlights-Produzenten John Lloyd und dem Hauptautor Richard Curtis aus Oxford war ganz sicher der Schwanengesang unseres Genres. Und die Welt frohlockte: Gut, dass wir euch los sind! Was Punk für die Musik getan hatte, taten die alternativen Comedians für die Comedy. Der klassische »Ach, Perkins, kommen Sie rein, setzen Sie sich«-Sketch wurde zusammen mit der Süßigkeitenkiste und der alten Schulkrawatte weggefegt. So kam es uns jedenfalls in den düstersten Stunden vor. Mir ist inzwischen eine Tatsache völlig klar, die für Sie selbstverständlich sein dürfte, mir aber damals kaum bewusst war, denn ich wollte so gerneglauben, dass sich die Ereignisse, die Geschichte und die Umstände einzig gegen einen selbst verschwören. Während wir also unsere eigenen Ängste pflegten, warteten mit Sicherheit ganze Schwadrone von Comedians mit ziemlich gegenteiligen Ängsten in den Kulissen. Sie sahen eine BBC, die von Oxbridge-Graduierten dominiert wurde, die anscheinend alle dieselben Bücher und Zeitschriften lasen, auf dieselbe Weise redeten, sich auf dieselben geheimnisvollen Erfahrungen beriefen und denselben Geschmack hatten. Es gab noch keinen Channel 4, kein Kabel, keine Satelliten, sondern nur BBC 1, BBC 2 und BBC Radio. Ein einziger ITV-Kanal hatte Varieté-Shows im Programm und dazu die letzten Helden der großartigen Music-Hall-Tradition wie Benny Hill, Morecambe und Wise

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