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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Stückeschreiben und Cricket haben schon immer gut zusammengepasst. Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich sage, dass keinem anderen Nobelpreisträger als Samuel Beckett ein Eintrag in
Wisden
, dem Almanach der Cricketspieler, gewidmet ist.
    Zur Teestunde besucht das ketterauchende Gespann Tom Stoppard und Ronnie Harwood in Qualmwolken gehüllt unsere Showbiz-Loge. David Frost ist Gastgeber und fragt sich laut, ob es wohl einen Sammelbegrifffür eine Gruppe von Stückeschreibern gibt. Stoppard schlägt das Wort »snarl 2 « vor. Diese besondere »snarl« an Stückeschreibern, die nebenan versammelt ist, hat insgesamt zwei Oscars eingeheimst, ein Dutzend BAFTA-Preise und Olivier Awards, einen CH, drei CBE-Orden. Zwei Männer sind geadelt worden und einer gewann den Nobelpreis für Literatur. Ich freute mich, mit Stoppard und Harwood sprechen zu können, die beide so einnehmend, charmant und freundlich waren wie Pinter und Gray widerborstig, streitlustig und launisch. Pinters Neigung zu hitziger Feindseligkeit und mürrischem Missmut wegen der geringsten Kleinigkeit ist legendär, und obwohl er mir gegenüber niemals Animosität gezeigt hat, bin ich doch immer argwöhnisch darauf bedacht gewesen, lieber nicht länger als ein paar Minuten mit ihm zu sprechen. Nur für den Fall.
    Als das Spiel endet, bahne ich mir den Weg aus der Loge und laufe Simon in die Arme, den ich seit jenem Nachmittag in Notting Hill nicht mehr getroffen hatte.
    »Hallo, Simon«, sagte ich. »Meine Güte, sehen Sie wohl aus.«
    Was sich im Vergleich zu seinem Aussehen vor zwei Jahren sagen lässt.
    »Tue ich das?«, sagt er. »Nun, das ist Krebs im Endstadium. Tatsache ist, dass ich sterbe. Das hier war mein letztes Cricket-Match. Nun, so ist es. Goodbye.«
    Er starb drei Wochen später. Ich habe keine Ahnung, ob der Prostatakrebs, der ihn umbrachte, auf irgendeine Weise mit seinem Rauchen zusammenhing. Ich vermute aber, dass der Alkoholismus und die fünfundsechzig am Tag nicht die Todesursache waren. Jedenfalls starbSimon Gray und wurde zu Recht als eine der eigenwilligsten, intelligentesten und auf komische Weise hoffnungslosesten Stimmen seiner Zeit betrauert. Ich war zur Beerdigung nicht eingeladen.
     
    Zurückspulen ins Jahr 2006. Ich hatte entschieden – warum, kann ich nicht so recht sagen –, dass es an der Zeit sei, mit dem Rauchen aufzuhören. Eigentlich weiß ich
doch
, warum. Mir war es endlich gelungen, die große Sache aufzugeben, die Sache, der wir uns zu anderer Zeit zuwenden werden, und es wurmte mich, dass es mir so schwerfiel, dasselbe mit den Zigaretten zu tun. Wenn ich den systematischen und starken Gebrauch einer verbotenen Substanz der Klasse A aufgeben konnte, müsste ich da nicht die Nikotinsucht mit einem Fingerschnippen zu vertreiben in der Lage sein?
    Auf dem Regal neben meinem Schreibtisch in meinem Londoner Haus stand ein seltsamer Gegenstand. Entworfen und gefertigt von der Firma Dunhill, sah er aus wie ein altmodisches BBC-Rundfunkmikrofon. Wenn man ihn jedoch auseinandernahm und neu zusammensetzte, wie es Scaramanga mit seinem goldenen Colt zu tun pflegte, wurde er zu einer Pfeife. Diese schöne Trophäe war mir ein paar Jahre zuvor überreicht worden, als man mich zum Pfeifenraucher des Jahres ernannte. Angesichts dessen plagte mich jetzt bei dem Gedanken, das Rauchen aufzugeben, der Anflug eines Schuldgefühls. Ich nahm den Preis zur Hand, und wie ein Kind es mit einem Transformer-Spielzeug tut, verdrehte, drückte und presste ich so lange an dem Ding herum, bis es in seine Alternativform schnappte.
    Es begab sich, dass meine Krönung im Jahr 2003 zur letzten dieser spaßigen kleinen »Pfeifenraucher desJahres«-Zeremonien wurde. Die Auszeichnung wurde von den Gesundheitsbehörden als Tabakwerbung durch die Hintertür angesehen und von jenem Jahr an gnadenlos geächtet. In ihrer Blütezeit hatte sie die großen Ikonen der Zeit gefeiert, von denen die meisten vielleicht etwas strickwestenhaft und spießig gewesen sein mochten, aber von Harold Wilson bis Eric Morecambe über Tony Benn und Fred Trueman hatten sie etwas Vortreffliches verkörpert, das inzwischen aus dem englischen Leben verschwunden ist. Weder smart noch weltmännisch und stilvoll, waren sie Mitmenschen, die ihre Sonntage damit verbrachten, den Gartenschlauch zu schwingen und den Wolseley einzuwachsen oder forschen Schrittes durch die Natur zu wandern, einen Brotbeutel aus Leinen auf dem Rücken und die langen Wollsocken hinaufgezogen bis zum

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