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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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innerhalb der nächsten
    anderthalb Stunden. Erst als ich den Hörer auflegte, wurde mir
    klar, dass ich vergessen hatte, ihm zu sagen, dass wir vielleicht
    nicht gerade Vampirarbeit machen sollten. Ach, zur Hölle! Ich
    brauchte das Geld.

    23.
    Spaß mit Spike
    Van Helsing's Gazette: Haben Sie eigentlich viel Zeit mit der
    ÜW-Bekämpfung verbracht?
    Agent Stoker: Ja, allerdings. Das Einfangen Übelster Wesen
    – oder ÜWs, wie sie vom Fachmann genannt werden – ist
    die Hauptarbeit für SO-17. Wieso es überhaupt mehr als ein
    Übelstes Wesen geben kann, weiß ich nicht. Jedes einzelne
    Übelste Wesen, das ich geschnappt habe, hielt sich nicht nur
    für die schlimmste, sondern auch für die einzige Verkörperung des Bösen, die jemals auf der Welt unterwegs war. Sie
    müssen ziemlich überrascht und frustriert gewesen sein,
    wenn sie am Ende mit Tausenden von anderen ÜWs zusammen in den Glasbehältern der Behörde zur Aufbewahrung Hassenswerter Geschöpfe eingesperrt wurden. Wo sie
    alle herkamen, kann ich nicht sagen. Ich glaube, da muss irgendwo ein Loch in der Welt sein, durch das sie einsickern.
    Wie ein tropfender Wasserhahn, wissen Sie. (Lacht.) Jemand sollte die Dichtung erneuern.
    »SPIKE« STOKER, ehemaliger SO-17-Agent
    in einem Interview mit Van Helsing's Gazette, 1996

    Die Ereignisse, von denen ich jetzt berichte, fanden im Winter
    des Jahres 1985 an einem Ort statt, der aus Gründen der Diskretion besser ungenannt bleiben soll. Nur so viel: Das kleine Dorf,
    das ich in jener Nacht aufsuchte, war menschenleer, und das
    schon seit einiger Zeit. Die Häuser waren verlassen und von
    jugendlichen Vandalen zerstört worden. Das Wirtshaus, der
    Krämerladen und die Dorfgemeinschaftshalle waren nur noch
    leere Gehäuse. Als ich langsam die dunkle Straße hinunterfuhr,
    sprangen Ratten von den zurückgebliebenen Müllhaufen und
    kleine Nebelfetzen wehten über die Fahrbahn. Ich erreichte die
    alte Eiche am ehemaligen Dorfbrunnen, hielt an und stellte die
    Scheinwerfer und den Motor ab. Nichts war zu hören. Kein
    Lufthauch bewegte die Zweige, kein Zeichen von menschlichem
    Leben ermutigte mich. Es war nicht immer so hier gewesen.
    Ehedem hatten hier Kinder gespielt und Nachbarn hatten sich
    freundlich gegrüßt. Sonntag nachmittags hatten Rasenmäher
    gebrummt, und vom Village Green hörte man die Krocketschläger, die auf den Ball trafen. Aber das war vorbei. All dies
    war in einer Spätwinternacht vor zehn Jahren verloren gegangen, als sich die Mächte des Bösen erhoben und das Dorf und
    alle seine Bewohner für sich beanspruchten. Ich sah mich um,
    und in der kalten Nebelluft stand der Atem mir vor dem Mund.
    Die in den schwarzen Himmel ragenden Gerippe der Häuser
    wirkten wie ein Mahnmal an jene schreckliche Nacht. Direkt
    neben mir parkte ein anderer Wagen, und an seine Tür gelehnt
    stand der Mann, der mich hierher gebracht hatte. Er war hoch
    gewachsen und muskulös. Er hatte Schrecken gesehen, denen
    ich mich hoffentlich nie würde aussetzen müssen. Sein Herz
    war voller Pflichtbewusstsein, Treue und Mut. Als ich auf ihn
    zuging, erschien ein Lächeln auf seinen Zügen, und er sprach:
    »Ein ziemliches Scheißkaff, nicht wahr, Thurs?«
    »Stimmt«, sagte ich, froh darüber, dass ich nicht länger allein
    war. »Mir sind gerade lauter unheimliche Gedanken durch den
    Kopf gegangen.«
    »Wie geht's Ihnen denn? Hat Ihr Ehemann immer noch Existenzsorgen?«
    »Ja, er ist immer noch weg, aber ich arbeite dran. Was steht
    denn hier an?«
    Spike schlug die Hände zusammen und rubbelte sie, um sich
    zu wärmen. »Ach ja! Danke fürs Kommen. Das ist ein Job, den
    ich nicht allein erledigen kann.«
    Ich folgte seinem Blick auf die verfallene Kirche und den
    daneben liegenden Friedhof. Es war ein trostloses Ensemble,
    auch wenn man die Maßstäbe der SO-17-Leute anlegte, die
    eigentlich alles, was öde war, als idealen Schauplatz für eine
    Party ansahen. Der Kirchhof war von zwei hohen Maschendrahtzäunen umgeben; seit den »Unruhen« vor zehn Jahren
    hatte niemand ihn mehr betreten. Die ruhelosen Seelen der
    Verdammten, die darin gefangen waren, hatten alles Pflanzenleben auf dem Friedhof absterben lassen, und auch im Umkreis
    von zwei Metern außerhalb war das Gras welk und verdorrt.
    Die Bäume standen reglos im Mondlicht. In Wirklichkeit
    sollten die Zäune natürlich nicht nur die Untoten auf dem
    Friedhof festhalten, sondern auch verhindern, dass irgendwelche neugierigen Dummköpfe sich selbst in

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