Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
entfaltete ein Blatt Papier
    und rückte seine Brille zurecht.
    »Gut. Damit kommen wir zu Tagesordnungspunkt eins. Die
    neue Rekrutin. Thursday Next. Sind Sie da?«
    Die versammelten Jurisfiktion-Agenten sahen sich um, und
    ich winkte mit der Hand, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Aha, da sind Sie ja. Thursday wird von Miss Havisham ausgebildet. Ich bin sicher, Sie freuen sich ebenso wie ich über
    diesen Neuzugang zu unserer kleinen Truppe.«
    »Das Ende von Jane Eyre hat ihr nicht gefallen?« rief jemand
    in feindseligem Ton. Alle sahen zu, wie ein Mann mittleren
    Alters zum Podium trat. Es herrschte Schweigen.
    »Wer ist das?« flüsterte ich.
    »Harris Tweed«, sagte Miss Havisham. »Gefährlich und arrogant, aber ziemlich brillant – für einen Mann.«
    »Wer hat ihre Bewerbung unterstützt?« fragte Tweed.
    »Sie hat sich nicht beworben«, sagte der Protokollführer. »Ihre Berufung hat sich schon seit langem angekündigt. Außerdem
    hat sie Jane Eyre aus den Händen des grausamen Acheron
    Hades befreit, allein das rechtfertigt schon ihre Aufnahme.«
    »Aber sie hat das Buch geändert!« rief Tweed. »Wer garantiert uns, dass sie das nicht noch mal tut?«
    »Ich habe nur zum Besten der Literatur gehandelt«, sagte ich
    mit lauter Stimme, was Tweed zu verblüffen schien. Offenbar
    war er Widerspruch nicht gewöhnt.
    »Ohne Thursday hätten wir Jane Eyre gar nicht mehr«, sagte
    der Protokollführer. »Ein vollständiges Buch mit einem anderen
    Schluss ist besser als ein halbes Buch ganz ohne Schluss.«
    »So steht es aber nicht in den Vorschriften.«
    Zu meiner größten Erleichterung meldete Miss Havisham
    sich zu Wort. »Wirklich kompetente literarische Detektive sind
    so selten wie wahrheitsliebende Männer, Mr Tweed. Das wissen
    Sie genauso gut wie ich. Haben Sie Angst vor der Konkurrenz?«
    »Darum geht es doch überhaupt nicht«, erwiderte Tweed.
    »Aber was ist, wenn sie ganz andere Gründe für ihren Aufenthalt bei uns hat?«
    »Ich bürge für sie!« donnerte Miss Havisham. »Ich beantrage
    eine Abstimmung. Wenn eine Mehrheit meine Menschenkenntnis in Zweifel zieht, werde ich sie dahin zurückschicken,
    wo ich sie herhabe.«
    Sie sagte das mit solchem Temperament, dass ich zunächst
    annahm, niemand würde sich melden, und am Ende hob auch
    nur Tweed seine Hand. Aber als er sah, dass er hoffnungslos in
    der Minderheit war, zeigte er sich als guter Verlierer. »Ich ziehe
    meine Einwände zurück«, sagte er.
    »Gut«, sagte der Protokollführer. »Wir begrüßen also Miss
    Next bei der Jurisfiktion, und unterlassen Sie bitte die albernen
    Streiche, die neuen Rekruten normalerweise gespielt werden –
    okay?«
    »Tagesordnungspunkt zwei: Wir haben einen Alarm, Stufe
    Rot: Ein illegaler SeitenLäufer aus Shakespeare. Der Verdächtige heißt Feste und hat als Spaßmacher in Was ihr wollt gearbeitet. Nach einer durchzechten Nacht mit Sir Toby ist er geflüchtet. Wer will ihn wieder einfangen?«
    Eine Hand in der Menge erhob sich.
    »Fabien? Vielen Dank. Nehmen Sie Falstaff mit, der kennt
    sich bei Shakespeare aus. Aber bitte lassen Sie sich nicht vom
    Publikum sehen, Sir John. Dass Sie bei den Lustigen Weibern
    von Windsor gastieren, haben wir gerne genehmigt, aber wir
    wollen es nicht übertreiben.«
    Falstaff erhob sich, machte eine Verbeugung, rülpste und
    setzte sich wieder hin.
    »Tagesordnungspunkt drei: bei Conan Doyle ist ein Eindringling aus der Außenwelt aufgetreten. Der Bursche heißt
    Mycroft. Taucht völlig ohne jede Ankündigung in The Greek
    Interpreter auf und behauptet, er wäre der Bruder von Sherlock
    Holmes. Weiß irgendjemand etwas darüber?«
    Ich duckte mich und hoffte, dass keiner der Anwesenden
    meine Welt so gut kannte, dass er die Verwandtschaft zwischen
    mir und meinem Onkel hätte aufdecken können. Dieser hinterlistige alte Halunke! Da hatte er das ProsaPortal also doch neu
    gebaut! Ich legte die Hand auf den Mund, um mein Grinsen zu
    unterdrücken.
    »Keinerlei Hinweise?« sagte der Protokollführer. »Na, vielleicht ist es ja auch nicht so schlimm. Sherlock Holmes jedenfalls scheint zu glauben, dieser Mycroft wäre wirklich sein
    Bruder. Aber ich dachte, es wäre eine gute Gelegenheit, diese
    ganzen Sherlock-Holmes-Geschichten mal näher unter die
    Lupe zu nehmen. Bisher fehlt uns ja jeglicher Zugang. Irgendwelche Vorschläge?«
    »Wie wäre es durch die Rue Morgue?« rief Tweed, was heftiges Gelächter und Zurufe auslöste.
    »Ruhe, bitte! Ich möchte vernünftige

Weitere Kostenlose Bücher