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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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hier ist, sofort mausetot.«
    »Durch die Panzertür?«

    23 »Ich hoffe, dass ich mich irre, aber wie es scheint, nähert sich das Questing Beast aus Südosten – Abstand noch hundert Meter.«
    24 »Der ist gerade in Middlemarch. Ich werde versuchen, ihn übers Fußnotofon zu erreichen, aber Sie wissen ja, wie schwerhörig er ist.«
    »Es gibt kein Hindernis, das dem Questing Beast widersteht.
    Der einzige Schutz ist ein Pellinore – sie haben das Ungeheuer
    seit Urzeiten gejagt.«
    Harris wandte sich Kaine und Volescamper zu. »Eins beweist
    uns das aber doch. Einer von Ihnen ist fiktional. Einer von
    Ihnen hat das Questing Beast hergerufen. Ich will wissen, wer
    das war!«
    Kaine und Volescamper sahen erst Tweed, dann mich und
    dann sich gegenseitig an. Schließlich wanderten ihre Blicke zur
    Tür, durch die ein neues tiefes Stöhnen hereindrang. Das leichte
    Maschinengewehr an der Haustür verstummte. Dann hörte
    man Holz splittern, als sich das Questing Beast einen Weg
    durch den Haupteingang bahnte.
    »Kater!« schrie Harris noch einmal. »Wo bleibt der König
    Pellinore, den ich bestellt hatte?« 25
    »Versuch's weiter«, murmelte Harris. »Ein paar Minuten haben wir noch. Next – haben Sie irgendwelche Ideen?«
    Diesmal hatte ich keine. Draußen tobte eine Ausgeburt des
    kollektiven Es, drinnen versuchte eine Romanfigur sich als real
    auszugeben, und ich wusste nicht, wie ich da reingeraten war.
    Das war mir einfach zu viel Durcheinander. Ich musste bedauernd den Kopf schütteln.
    Man hörte ein Knirschen und Knacken, laute Schreie und
    vereinzelte Gewehrschüsse, als das Questing Beast durch den
    Korridor kam. SO-14 konnte uns offenbar keinen Schutz bieten.

    25 »Er meldet sich nicht. Wissen Sie, das Ganze erinnert mich stark an die
    Wahl zur Miss Hässlich im Jahre 1923, als Demogorgon und die Medusa
    aufeinandertrafen –«
    »Raffles?« schrie Harris. »Wie lange brauchen Sie noch?«
    »Zwei Minuten noch, Kumpel«, sagte der Safeknacker, ohne
    innezuhalten. Das Loch war fertig gebohrt, er hatte eine Art Kitt
    angebracht und goss jetzt gerade flüssigen Stickstoff in die
    Tresortür.
    Die Schlacht vor der Tür nahm noch einmal an Heftigkeit zu.
    Man hörte Kommandos, das Krachen von explodierenden
    Granaten, das Rattern von Maschinenpistolen, Schreie und
    schließlich ein gewaltiges Donnergetöse. Die Kronleuchter
    schwankten und einzelne Bücher fielen aus den Regalen. Danach herrschte Ruhe.
    Wir sahen uns an. Leise klopfte es an die Tür, so als tippte
    jemand mit einem Speer auf den Stahl. Ich zuckte die Achseln.
    Nach einer kurzen Pause wiederholte sich das Geräusch.
    »Gottseidank!« sagte Harris erleichtert. »König Pellinore hat es
    verscheucht! Next, machen Sie die Tür auf!«
    Aber genau das tat ich nicht. Ich traute den Ungeheuern aus
    den Abgründen menschlicher Vorstellungskraft nicht. Ich hob
    meine Hand, berührte das Rad aber nicht. Und das war auch
    gut so. Denn der nächste Schlag war überhaupt nicht mehr
    leise. Und der nächste war so stark, dass die Panzertür zitterte.
    »Verdammt!« rief Harris. »Warum ist eigentlich nie ein Pellinore da, wenn man ihn braucht? Raffles, wir haben nicht mehr
    viel Zeit –!«
    »Nur noch ein paar Minuten …« sagte Raffles und schlug mit
    einem Hammer auf die Tresortür, während Bunny gleichzeitig
    am Messinggriff zog.
    Harris warf mir einen besorgten Blick zu, als sich die Bibliothekstür unter der Wucht eines weiteren heftigen Schlags nach
    innen wölbte und ein Riss in der Mitte erschien. Beim nächsten
    Schlag löste sich das Rad von der Tür und fiel auf den Boden. Es
    war keine Frage mehr, dass der Glatisant hereinkommen würde,
    es ging nur noch um Sekunden.
    »Okay«, sagte Harris bedauernd und fasste mich am Ellbogen. »Ich glaube, das war's. Raffles, Bunny, wir müssen hier
    raus!«
    »Nur noch ein paar Sekunden …« sagte der Safeknacker mit
    seiner üblichen Nonchalance. Er war es gewohnt, in einem sehr
    engen Zeitrahmen zu arbeiten, und mochte keinen Auftrag
    halbfertig zurücklassen.
    Die Tür der Bibliothek erzitterte unter der Wucht eines weiteren Angriffs, und der Riss erweiterte sich, als das Questing
    Beast mit ohrenbetäubendem Getöse dagegen anrannte. Erneut
    fielen Bücher aus den Regalen, und ein übler Geruch erfüllte die
    Luft. Und dann, während das Ungeheuer zum nächsten Schlag
    ausholte, hatte ich plötzlich doch noch eine Idee. Ich zog Harris
    zu mir heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    »Nein!« sagte er.

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