Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
»Was ist, wenn –«
    Ich erklärte es noch einmal, und da lächelte er.
    Daraufhin wandte ich mich an Volescamper und Kaine. »Einer von euch ist also fiktional«, sagte ich.
    »Und wir müssen herausfinden, wer«, sagte Harris und hob
    seine Pistole.
    »Es könnte Mr Kaine sein –«, sagte ich und starrte den eleganten Politiker an, der wütend zurückstarrte und sich wahrscheinlich fragte, was wir wohl vorhatten.
    »–der fragwürdige Populist –«
    »–oder sagen wir lieber gleich Nazi –«
    »–der so geil auf Eroberungskriege ist –«
    »–und die Menschenrechte abschaffen will.«
    Harris und ich warfen uns gegenseitig die Dialogzeilen zu,
    immer schneller und schneller, während das Ungeheuer auf die
    Bibliothekstür und Raffles auf den Tresor einhämmerte.
    »Oder ist es doch Volescamper –«
    »–der Lord des alten Königreichs, der –«
    »–wieder an die Macht kommen will –«
    »–mit Hilfe seiner Whig-Freunde ?«
    »Aber viel wichtiger –«
    »–bei diesem Dialog –«
    »–der so munter –«
    »–zwischen uns hin und hergeht –«
    »–ist natürlich, dass eine fiktionale Person –«
    »–wahrscheinlich den Faden verloren hat –«
    »–und nicht mehr weiß –«
    »–wer von uns gerade spricht.«
    »Und wissen Sie, was das Komische ist? Ich weiß es schon
    beinahe selbst nicht mehr richtig!«
    Wieder krachte das Biest an die Tür, ein Metallsplitter fegte
    haarscharf an meinem Ohr vorbei. Beide Türen waren fast
    offen, und in wenigen Sekunden würde das Entsetzliche uns
    vernichten.
    »Deshalb stellen wir Ihnen eine einfache Frage: Wer von uns
    spricht gerade?«
    »Sie!« brüllte Volescamper und zeigte – zutreffenderweise –
    auf mich. Kaine allerdings hatte tatsächlich den Faden verloren
    und zeigte auf Harris. Er korrigierte sich hastig, aber es war
    schon zu spät. Wir wussten jetzt, dass er fiktional war. Nur im
    Roman oder im Theaterstück muss man dazusagen, wer gerade
    spricht.
    Und er wusste, dass wir ihn durchschaut hatten. Die Maske
    des geschmeidigen Politikers fiel von ihm ab, er zitterte und
    nackte Wut zeigte sich in seinem Gesicht. Dennoch machte er
    einen letzten Versuch, sich zu retten. »Hören Sie«, fauchte er.
    »Ihr zwei steckt bis zum Hals in der Scheiße. Wenn ihr versucht, mich zu verhaften, sorge ich dafür, dass es euch schlecht
    geht. Ein Anruf mit dem Fußnotofon, und ihr zwei könnt bis in
    alle Ewigkeit im OED Streife gehen und Grammasiten verscheuchen.«
    Aber davon ließ Tweed sich nicht einschüchtern. »Wissen
    Sie, ich habe schon in Dracula und Biggles gearbeitet«, sagte er
    lässig. »Ich bin nicht so leicht zu erschrecken. Sagen Sie jetzt
    dem Glatisant, er soll sich verziehen, und legen Sie beide Hände
    auf Ihren Kopf.«
    »Lassen Sie mir den Cardenio«, sagte Kaine und lächelte
    mühsam, »wenigstens noch bis morgen. Ich gebe Ihnen dafür,
    was Sie wollen: Macht, Geld, eine Grafschaft, ganz Cornwall. Sie
    dürfen Romanheld bei Hemingway werden – das kann ich über
    das AustauschProgramm arrangieren. Sagen Sie mir einfach
    nur, was Sie wollen – Kaine sorgt dafür, dass Sie es kriegen!«
    »Es gibt nichts mehr zu verhandeln«, sagte Tweed, und seine
    Pistole zeigte direkt auf Kaines Magen. »Ich sage es zum letzten
    Mal –«
    Aber Kaine hatte nicht die Absicht, sich verhaften oder erschießen zu lassen. Er verfluchte uns in den zwölften Kreis der
    Hölle und löste sich im selben Sekundenbruchteil in Nichts auf,
    als Tweed feuerte. Die Kugel bohrte sich als harmloser Blind-gänger in einen Jahrgang gebundener Punch-Hefte. Gleichzeitig
    flog die Stahltür der Bibliothek auf.
    Aber statt eines grässlichen Ungeheuers aus den Tiefen einer
    verkommenen Vorstellungskraft, das uns alle verschlingen
    würde, fegte bloß ein eisiger Windstoß herein, der nach Tod
    roch. Das Questing Beast war genauso schnell wie sein höllisches Herrchen zurück in die mündliche Überlieferung und die
    wenigen Bücher verschwunden, die heute noch Spuren von ihm
    tragen.
    »Kater!« brüllte Harris und steckte seine Pistole zurück in ihr
    Halfter. »Wir haben einen gefährlichen SeitenLäufer. Ich brauche dringend einen BuchHund.« 26
    Volescamper ließ sich auf einen Stuhl sinken und sah gebührend verwirrt aus. »Soll das heißen«, stammelte er, »dieser
    Kaine war –?«
    »–vollkommen fiktiv, ja«, sagte ich und legte ihm zur Beruhigung die Hand auf die Schulter.
    »Heißt das, der Cardenio gehörte überhaupt nicht zur Bibliothek meines

Weitere Kostenlose Bücher