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02_In einem anderen Buch

02_In einem anderen Buch

Titel: 02_In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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würde, wenn ich ihnen von Aornis erzählte. Aber
    dass SO-1 bereit sein könnte, Lavoisiers Verbrechen zur Kenntnis zu nehmen, war sehr unwahrscheinlich. Goliath und die
    beiden Schitts waren auch ein Problem, aber es würde mir
    schon etwas einfallen, um sie auf Abstand zu halten. Immerhin
    war die Welt gestern nicht untergegangen, das war ein erheblicher Pluspunkt für mich.
    Als ich mich der Kreuzung vor Mutters Haus näherte, bemerkte ich einen auf der anderen Straßenseite geparkten Wagen, der verdächtig goliathesk aussah. Ich fuhr also weiter ohne
    anzuhalten und machte einen großen Bogen, ehe ich das Motorrad zwei Straßen weiter abstellte und auf Schleichwegen
    wieder zum Haus meiner Eltern zurückkehrte. Erneut musste
    ich einem dunkelblauen Goliath-Fahrzeug aus dem Weg gehen,
    ehe ich von hinten zu Mutters Haus vordringen und über den
    Gartenzaun springen konnte. An Gemüsebeet vorbei schlich ich
    zur Hintertür. Leider war sie verschlossen, und so blieb mir
    nichts anderes übrig, als durch die Dodo-Klappe zu kriechen.
    Ich wollte gerade das Licht in der Küche anknipsen, als ich die
    kalte Mündung einer Pistole an meinem Hinterkopf spürte. Vor
    Schreck hätte ich beinahe laut aufgeschrien.
    »Das Licht bleibt aus«, knurrte eine heisere Frauenstimme.
    »Und keine plötzlichen Bewegungen, bitte.«
    Ich erstarrte gehorsam. Eine Hand glitt unter meine Jacke
    und entfernte Cordelias Pistole. DH-82 schlief fest in seinem
    Körbchen; den tapferen Beutelwolf zu spielen, der das Haus
    bewachte, fiel ihm offenbar gar nicht ein.
    »Lass dich anschauen«, sagte die Stimme. Ich drehte mich
    um und sah einer Frau in die Augen, die früher alt geworden
    war, als es die Jahre verlangten. Der Arm mit der Waffe zitterte,
    ihr Gesicht war gerötet und ihr Haar war ungeschickt zu einem
    Knoten geschlungen. Trotz allem war zu erkennen, dass sie
    einmal schön gewesen sein musste; ihre Augen waren fröhlich
    und hell, ihr Mund geschwungen und ihre Haltung entschlossen.
    »Was tust du hier?« fragte sie.
    »Das ist das Haus meiner Mutter.«
    »Ah!« sagte sie, und ihre Lippen deuteten ein Lächeln an.
    »Dann bist du also Thursday.«
    Sie schob die Pistole in ein Holster, dass sie unter mehreren
    Lagen Tüll und Brokat an ihrem Oberschenkel versteckt hatte,
    und suchte in den Küchenschränken herum. »Weißt du, wo
    deine Mutter den Schnaps hat?«
    »Wie wär's, wenn Sie mir mal sagen, wer Sie eigentlich sind?«
    sagte ich und meine Augen glitten zum Messerblock. Es konnte
    sicher nicht schaden, eine Waffe zu haben.
    Die Frau gab mir keine Antwort, zumindest nicht auf die
    Frage, die ich gestellt hatte. »Dein Vater hat mir gesagt, Lavoisier hat deinen Ehemann genichtet?«
    Ich unterbrach meine Seitwärtsbewegung zu den Tranchiermessern. »Sie kennen meinen Vater?« sagte ich überrascht.
    »Ich hasse diesen Ausdruck genichtet«, erklärte sie bitter,
    während sie vergeblich unter den Obstkonserven nach etwas
    Alkoholischem suchte. »Mord ist das, Thursday – nicht mehr
    und nicht weniger. Meinen Mann haben sie ebenfalls umgebracht, auch wenn es drei Anläufe gebraucht hat.«
    »Wer?«
    »Lavoisier und die französischen Revisionisten.« Sie schlug
    mit der Faust auf den Küchentisch und drehte sich zu mir um
    »Hast du noch Erinnerungen an deinen Mann?«
    »Ja.«
    »Ich auch«, seufzte sie. »Ich wünschte bei Gott, ich hätte keine, aber so ist es nicht. Ich habe jede Menge Erinnerungen an
    Dinge, die hätten sein können. Ich weiß um den Verlust. Das ist
    das Schlimmste daran.«
    Sie öffnete einen weiteren Küchenschrank, fand aber nur
    weitere Einmachgläser mit Erbeeren, Birnen und Bohnen.
    »Soweit ich gehört habe, war dein Ehemann kaum zwei Jahre
    alt – meiner war siebenundvierzig. Vielleicht denkst du, das
    wäre besser, aber so ist es nicht. Seine Scheidung wurde im
    Sommer nach Trafalgar genehmigt, wir haben sofort geheiratet
    und es folgten neun glorreiche Jahre als Lady Nelson. Und dann
    wachte ich eines Tages in Calais auf und war eine versoffene,
    hoch verschuldete Schlampe, deren große Liebe zehn Jahre
    zuvor auf dem Achterdeck der Victory von einem französischen
    Scharfschützen abgeknallt worden war.«
    »Jetzt weiß ich, wer Sie sind«, sagte ich. »Sie sind Emma Hamilton.«
    »Ich war Emma Hamilton«, sagte sie traurig. »Jetzt bin ich
    eine bankrotte Zeitflüchtige mit schlechtem Ruf, ohne Ehemann und einem Durst so groß wie die Gobi.«
    »Aber Sie haben immer noch Ihre Tochter.«
    »Ja«,

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