02_In einem anderen Buch
der Ausflug in meine Erinnerungen war zu Ende. Pickwick stand vor mir auf dem Bettvorleger
mit der Leine im Schnabel und machte plock plock. Ich starrte
sie wütend an.
»Pickers, du bist eine Plage. Gerade als es so richtig schön
wurde!«
Sie starrte mich interessiert an, ohne auch nur zu ahnen, was
sie getan hatte.
»Ich werde dich ein paar Tage bei Mutter abgeben«, sagte
ich, als ich mich auf die Bettkante setzte und streckte. »Ich muss
nach Osaka.«
Pickwick legte den Kopf auf die Seite.
»Ihr seid da gut aufgehoben, du und dein Ei«, sagte ich.
Ich stand auf und trat auf etwas Haariges, Hartes. Ich bückte
mich und lächelte. Ein Stückchen Kokosschale. Das war ein
gutes Zeichen. Und was noch besser war: An meinen Füßen
klebte noch etwas Sand. Ich hatte Robinson Crusoe also doch
nicht vergeblich gelesen.
14.
Die Gravitube™
Wir haben die Absicht, bis zum Ende dieses Jahrzehnts ein
Transportsystem zu entwickeln, das einen Menschen in
zwei Stunden von New York nach Tokio und zurück zu befördern vermag.
US-Präsident JOHN F. KENNEDY
Für den Massentransport gab es in erster Linie Eisenbahnen
und Luftschiffe. Die Eisenbahnen waren schnell und bequem, vermochten aber nicht die Ozeane zu überqueren.
Die Luftschiffe konnten große Entfernungen überwinden,
fuhren aber relativ langsam und waren sehr wetterabhängig.
In den fünfziger Jahren brauchte man etwa zehn Tage, um
Neuseeland oder Australien zu erreichen. Deshalb wurde im
Jahre 1960 mit der Entwicklung eines neuen Verkehrssystems begonnen, das unter dem Namen Gravitube patentiert
wurde. Es versprach störungsfreies Reisen an jeden Ort des
Planeten. Die Reisezeit war stets dieselbe: etwas über vierzig
Minuten, ob es nun nach Auckland, Rom oder Los Angeles
ging. Es war möglicherweise die größte Ingenieurleistung,
die sich die Menschheit je vorgenommen hatte.
VINCENT DOTT
– Das zehnte Weltwunder: Die Gravitube
Pickwick bestand darauf, den ganzen Weg bis zu meiner Mutter
auf ihrem Ei sitzen zu bleiben, und jedesmal wenn ich schneller
als zwanzig Meilen pro Stunde zu fahren versuchte, fing sie
nervös an zu plocken. Ich machte ihr ein Nest in der Trockenkammer und ließ sie mit ihrem Ei herummurksen, während die
anderen Dodos neugierig die Hälse reckten und durchs Fenster
hereinzuschauen versuchten. Meine Mutter ging in die Küche,
um mir ein Sandwich zu machen, und ich rief Bowden an.
»Ist alles in Ordnung bei Ihnen?« fragte er. »Das Telefon war
offenbar nicht richtig eingehängt.«
»Mir geht's gut. Was läuft im Büro?«
»Die Sache ist bekannt geworden.«
»Die Sache mit Landen?«
»Nein, der Cardenio-Fund. Irgendjemand hat der Presse etwas verraten. Vole Towers wird von einer Meute Reportern und
Kameraleuten belagert. Lord Volescamper hat sich bei Victor
beschwert und behauptet, wir wären schuld.«
»Ich hab niemandem was gesagt.«
»Ich auch nicht. Ein erstes Angebot von fünfzig Millionen
Pfund hat Volescamper schon abgelehnt. Jeder Theaterleiter auf
dem Globus will die Rechte für die Welturaufführung. Aber das
Wichtigste: SO-1 hat alle Vorwürfe in Sachen Neandertalermisshandlung gegen Sie fallen lassen. Kaylieu ist gestern Morgen von einem SO-14-Kommando erschossen worden, und jetzt
nimmt SO-1 an, dass Sie womöglich doch Recht hatten.«
»Sehr großzügig. Heißt das, mein Zwangsurlaub ist zu Ende?«
»Victor möchte Sie so schnell wie möglich hier sehen.«
»Sagen Sie ihm, ich sei krank. Ich muss nach Osaka.«
»Warum?«
»Ach, es ist besser, wenn Sie das nicht wissen. Ich rufe Sie
wieder an.«
Ich legte den Hörer auf. Meine Mutter brachte mir einen Käsetoast und eine Tasse Tee. Sie setzte sich mir gegenüber und
blätterte in der ziemlich zerlesenen FeMole vom letzten Monat
mit dem Bericht über mich.
»Irgendwas von Mycroft und Polly gehört, Mum?«
»Eine Karte aus London. Es geht ihnen gut«, sagte sie. »Sie
haben geschrieben, dass sie ein Glas Essiggurken und einen
Schraubenschlüssel brauchen. Ich hab die Sachen in Mycrofts
Werkstatt gelegt, und am Nachmittag waren sie weg.«
»Mum?«
»Ja?«
»Wann hast du eigentlich Daddy das letzte Mal gesehen?«
Sie lächelte. »Ach, eigentlich jeden Morgen. Er kommt kurz
vorbei und sagt guten Tag. Manchmal mach ich ihm sogar ein
Lunchpaket –«
In diesem Augenblick wurde sie durch ein donnerndes Gebrüll unterbrochen, das sich wie tausend Tubas gleichzeitig
anhörte. Das Getöse erschütterte das Haus und
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