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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Sinclair beging den Fehler, Ihnen zu sagen, daß auch sie nicht an einen Selbstmord glaubte.«
    »Verschwinden Sie!« brüllte Darrow.
    Lynley packte in aller Ruhe die Unterlagen ein. »Wir kommen wieder«, sagte er freundlich.

    Um vier Uhr nachmittags hatte sich die im Agincourt Theatre versammelte Truppe nach siebenstündiger Debatte wenigstens auf einen Autor geeinigt. Zur Eröffnung des Theaters sollte ein Stück von Tennessee Williams gespielt werden. Welches Stück, war noch immer nicht entschieden. St. James, der hinten im Zuschauerraum saß, beobachtete die Gruppe auf der Bühne. Man war immerhin so weit gediehen, daß nur noch drei Stücke zur Wahl standen, und soweit St. James sehen konnte, gab es im Augenblick eine gewisse Neigung, sich Joanna Ellacourts Argumenten anzuschließen, die absolut gegen eine Neuinszenierung von Endstation Sehnsucht war. Ihre Aversion gegen das Stück entsprang, wie es St. James schien, vor allem einer überschlägigen Berechnung der Zeit, die Irene Sinclair insgesamt im Rampenlicht stehen würde, falls sie die Stella spielen sollte. Wer die Rolle der Blanche Dubois übernehmen würde, daran schien es keinen Zweifel zu geben.
    Lord Stinhurst hatte in der Viertelstunde, seit St. James die Diskussion beobachtete, bemerkenswerte Geduld gezeigt. Ungewöhnlich liberal, hatte er allen Schauspielern, den Kostümberatern, dem Regisseur und den Assistenten gestattet, ihre Meinung zu äußern. Jetzt stand er, beide Hände ins Kreuz gedrückt, etwas mühsam auf.
    »Ich werde Ihnen meine Entscheidung morgen mitteilen«, sagte er. »Wir haben jetzt lange genug diskutiert. Ich schlage vor, wir treffen uns morgen vormittag wieder. Um halb zehn. Zu einer ersten Lesung.«
    »Und Sie wollen uns nicht mal einen kleinen Tip geben, Stuart?« fragte Joanna Ellacourt. Sie streckte sich mit träger Bewegung und bog sich auf ihrem Stuhl nach rückwärts, so daß das lange blonde Haar wie ein goldener Schleier ins Licht fiel. Robert Gabriel, der neben ihr saß, flocht genüßlich seine Finger hinein.
    »Das kann ich gar nicht«, antwortete Stinhurst. »Ich habe mich selbst noch nicht endgültig entschieden.«
    Joanna sah lächelnd zu ihm auf und zog die Schulter nach vorn, um Gabriels Hand abzuschütteln. »Sagen Sie mir, was ich tun muß, damit Sie in meinem Sinn entscheiden.«
    Gabriel lachte kurz und rauh. »Nehmen Sie sie beim Wort, Stuart. Wir wissen doch alle, wie glänzend unsere liebe Jo die Kunst der Überredung beherrscht.«
    Einen Moment lang sagte keiner etwas auf die gereizte Bemerkung. Alle schienen wie erstarrt; nur David Sydeham hob langsam den Kopf von dem Skript, in dem er gelesen hatte, und blickte dem anderen Mann direkt ins Gesicht.
    Seine Miene war voll eisiger Feindseligkeit, aber Gabriel schien das nicht im geringsten zu erschüttern.
    Rhys Davies-Jones warf das Skript, das er in der Hand hielt, auf den Tisch. »Mann, Sie sind wirklich ein Idiot«, sagte er verdrossen zu Gabriel.
    »Und ich glaubte immer, Rhys und ich könnten niemals einer Meinung sein«, bemerkte Joanna.
    Irene Sinclair stand auf. Ihr Stuhl rutschte laut über den Bühnenboden. »Also dann«, sagte sie ruhig und nicht unfreundlich. »Ich gehe jetzt. Bis morgen.« Damit drehte sie sich um und stieg die Stufen zum Seitengang des Theaters hinunter. St. James sah, als sie an ihm vorüberkam, welche Anstrengung es sie kostete, die Fassung zu bewahren, und er fragte sich, wie und warum sie die jahrelange Ehe mit Robert Gabriel ertragen hatte.
    Während die anderen Schauspieler, die Assistenten und die Kostüm- und Bühnenbildner allmählich in den Kulissen verschwanden, stand. St. James auf und ging durch den Zuschauerraum nach vorn. Der Saal war nicht übermäßig groß, faßte vielleicht fünfhundert Personen und wirkte jetzt wie eingenebelt von Zigarettenqualm, der sich im Licht der Scheinwerfer brach. Langsam stieg St. James die kurze Treppe hinauf.
    »Haben Sie einen Moment Zeit, Lord Stinhurst?«
    Stinhurst war im Gespräch mit einem spindeldürren jungen Mann, der sich mit angestrengt gerunzelter Stirn Notizen machte. »Sorgen Sie dafür, daß wir für die Lesung morgen genug Exemplare haben«, sagte er abschließend und richtete erst dann den Blick auf St. James.
    »Sie haben also geschwindelt, als Sie sagten, Sie hätten sich noch nicht entschieden«, bemerkte St. James.
    Stinhurst antwortete nicht gleich, sondern rief zur Beleuchterbrücke hinauf: »Wir brauchen die vielen Lichter jetz!nicht mehr,

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