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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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geschleudert hätte, wäre es ihr vielleicht gelungen, den Stuhl in die Lage zu bringen, die er auf dem Foto hat.«
    »Und warum soll es nicht so gewesen sein? Der eine Schuh ist ja tatsächlich im Stuhl hängengeblieben«, entgegnete Barbara.
    »Das ist richtig. Aber es ist der rechte Schuh, Havers. Und wenn Sie sich das Bild noch einmal ansehen, werden Sie feststellen, daß der Stuhl nach links gekippt war.«
    Barbara merkte genau, daß er wild entschlossen war, sie von seiner Auffassung zu überzeugen, und weitere Einwände kaum etwas fruchteten. Dennoch fühlte sie sich zum Widerspruch getrieben.
    »Sie behaupten also, daß Joy Sinclair bei ihren Recherchen für ein Buch über einen Selbstmord auf einen Mordfall stieß. Wie soll das zugegangen sein? Wie soll sie unter den zahllosen Selbstmorden, die in diesem Land jedes Jahr verübt werden, ausgerechnet auf einen gestoßen sein, der in Wirklichkeit ein Mord war? Überlegen Sie doch mal, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß so was passiert?«
    »Bedenken Sie, warum die Geschichte von Hannah Darrows Tod sie ursprünglich lockte, Havers. Die Umstände, die Kulisse waren von einer Eigentümlichkeit, die diesen Fall von allen anderen abhob. Der Ort: die Fens. Weites, flaches Land, das dem Meer abgerungen worden ist, von Kanälen durchzogen, immer wieder von Fluten überschwemmt - eine Atmosphäre also, die jeden Schriftsteller von Dickens bis Dorothy L. Sayers inspiriert hat. Wie beschrieb Joy Sinclair es auf ihrem Tonband? ›Das Quaken der Frösche und das Keuchen der Pumpen, das unendlich weite Flachland.‹ Dann der Tatort selbst: eine alte, verlassene Mühle. Die bizarre Kleidung, die Hannah Darrow trug: zwei schwere Wollmäntel über zwei dicken Pullovern. Und dann die Ungereimtheit, die Joy Sinclair zweifellos sofort auffiel, als sie die Polizeiaufnahmen sah: der umgefallene Stuhl.«
    »Wenn das wirklich eine Ungereimtheit ist, wie erklären Sie es sich dann, daß Plater selbst sie bei seinen Ermittlungen übersah? Ich hab nicht gerade das Gefühl, daß er ein vertrottelter Dorfpolizist ist.«
    »Bis Plater an den Tatort kam, hatten die Männer aus dem Pub bereits stundenlang nach Hannah gesucht, und alle waren überzeugt, daß sie nach einer Selbstmörderin suchten. Als sie sie fanden und die Polizei anriefen, meldeten sie einen Selbstmord. Plater war vorprogrammiert, er war auf Selbstmord eingestellt, als er zur Mühle kam. Er war schon nicht mehr objektiv, als er die Tote zu Gesicht bekam. Und er erhielt einen relativ überzeugenden Beweis dafür, daß Hannah Darrow tatsächlich vorgehabt hatte, sich das Leben zu nehmen, als sie aus der Wohnung weggegangen war. Den Brief nämlich.«
    »Aber Plater sagte uns doch auch, daß der Brief eindeutig echt ist.«
    »Natürlich ist er echt«, meinte Lynley. »Ich bin überzeugt, daß das ihre Handschrift war.«
    »Wie erklären Sie sich dann ...«
    »Lieber Gott, Havers, sehen Sie sich den Brief doch mal an! Enthält er auch nur ein einziges falsch geschriebenes Wort? Oder einen einzigen Interpunktionsfehler?«
    Barbara nahm den Brief heraus, überflog ihn und wandte sich wieder Lynley zu. »Wollen Sie sagen, daß Hannah Darrow den Text irgendwo abgeschrieben hat? Aber warum? Machte sie Handschriftenübungen? Oder tat sie es aus Langeweile? Ich kann mir ja vorstellen, daß das Leben in Porthill Green nicht gerade aufregend ist, aber daß sie sich die Zeit damit vertrieben haben soll, ihre Handschrift zu verbessern, scheint mir ehrlich gesagt etwas weit hergeholt. Und selbst wenn sie es getan haben sollte - wollen Sie behaupten, daß Darrow den Zettel irgendwo fand und zu späterer nützlicher Verwendung aufbewahrte? Daß er selbst ihn dann auf den Küchentisch legte? Daß er - was? Seine Frau getötet hat? Wie denn? Wann denn? Und wie soll er sie dazu gebracht haben, sich so verrückt anzuziehen? Aber selbst wenn es so gewesen sein sollte, Inspector, welche Verbindung sollte zwischen ihm und Westerbrae sowie Joy Sinclairs Ermordung bestehen?«
    »Nun, wir wissen immerhin von den Telefongesprächen«, versetzte Lynley. »Wales und Suffolk, immer wieder. Joy Sinclair erzählte ihrem Vetter Rhys Davies-Jones in aller Unschuld von ihren fruchtlosen Bemühungen, etwas aus Joh!Darrow herauszubekommen, und wahrscheinlich auch von ihrem aufkeimenden Verdacht über die wahren Hintergründe von Hannah Darrows Tod. Und Davies-Jones, der nur auf den rechten Moment wartete, sorgte dafür, daß Joy Sinclair ein Zimmer neben

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