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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wurde jetzt drinnen der Riegel zurückgeschoben und die Tür geöffnet, wenn auch nur einen schmalen Spalt. »Hier ist alles in Ordnung.« Die braunen, leicht gelbstichigen Augen wanderten zu Lynleys Dienstausweis.
    »Kann ich einen Moment hereinkommen?«
    Darrow sah nicht auf, während er überlegte und dann fragte: »Hat Teddy was angestellt?«
    »Ihr Sohn? Nein, mit ihm hat es nichts zu tun.«
    Es schien den Mann zu beruhigen. Er zog die Tür ein Stück weiter auf, trat zurück und ließ Lynley eintreten. Die Gaststube war bescheiden, so nüchtern und schmucklos wie die Häuser des Dorfes. Die einzige Dekoration bildeten einig!Leuchtreklameschilder über und hinter dem Resopaltresen, die jedoch um diese Zeit noch nicht eingeschaltet waren. Das Mobiliar bestand aus fünf oder sechs kleinen runden Tischen mit Hockern und einer gepolsterten Sitzbank unter den Fenstern. Ein beißender Geruch nach Zigarettenqualm und kaltem Rauch aus dem offenen Kamin hing in der Luft. Die Fenster in diesem Raum schienen seit Tagen nicht mehr geöffnet worden zu sein.
    Darrow stellte sich hinter den Tresen, vielleicht in der Absicht, Lynley trotz der ungewöhnlichen Stunde und trotz seines Polizeiausweises wie einen zahlenden Gast abzufertigen. Lynley tat ihm den Gefallen, sich ihm gegenüber an die Theke zu lehnen, obwohl er sein Gespräch mit dem Mann lieber an einem der Tische geführt hätte.
    Darrow mußte etwa Mitte Vierzig sein, dem Aussehen nach ein rauher Bursche, mit dem nicht gut Kirschen essen war.
    Er hatte die Figur eines Boxers, vierschrötig, mit langen, kräftigen Gliedmaßen und einer breiten, gewölbten Brust. Seine Ohren waren unverhältnismäßig klein und lagen eng am Kopf an. Seine Kleidung verriet den Mann, der nicht lange fackelte, sollte es zu Tätlichkeiten kommen. Die Ärmel des Wollhemdes waren über dichtbehaarten, muskulösen Armen hochgekrempelt, die weite, lose sitzende Hose ließ ihm viel Bewegungsfreiheit. Prügeleien, dachte Lynley, gab es im Wine's the Plough sicherlich nur, wenn Darrow selbst sie vom Zaun brach.
    In seiner Tasche hatte er den Schutzumschlag von Tod in der Dunkelheit, den er aus Joy Sinclairs Arbeitszimmer mitgenommen hatte. Er nahm ihn heraus und knickte ihn so, daß das Foto der Autorin obenauf kam.
    »Kennen Sie diese Frau?« fragte er.
    Darrows Augen blitzten unmißverständlich auf. »Ja, die kenn ich. Und?«
    »Sie wurde vor drei Tagen ermordet.«
    »Vor drei Tagen war ich hier«, versetzte Darrow mürrisch.
    »Samstags ist bei uns immer am meisten los. Kann Ihnen jeder hier im Dorf sagen.«
    Diese Reaktion hatte Lynley nicht im entferntesten erwartet. Überraschung vielleicht, Verwirrung oder Zurückhaltung, ja. Aber eine reflexhafte Zurückweisung von Schuld? Das war, gelinde gesagt, ungewöhnlich.
    »Sie war hier bei Ihnen«, stellte Lynley fest. »Sie hat im vergangenen Monat mindestens zehnmal hier angerufen.«
    »Und?« sagte Darrow wieder.
    »Ich möchte von Ihnen Näheres darüber wissen.«
    Darrow schien etwas verwirrt darüber, daß Lynley seine aggressive ablehnende Haltung völlig überging.
    »Mit der wollt ich nichts zu tun haben«, erklärte er. »Sie wollte so ein blödes Buch schreiben.«
    »Über Hannah?« fragte Lynley.
    Alle Muskeln in Darrows Gesicht spannten sich. »Ja. Über Hannah.« Er trat zu einer kopfüber hängenden Whiskyflasche und drückte ein Glas an den Zapfhahn. Lynley den Rücken zugekehrt, leerte er mit mehreren Schlucken das Glas. »Wollen Sie auch einen?« fragte er, während er sich ein zweites Mal nahm.
    »Nein, danke.«
    Darrow nickte und trank. »Sie kreuzte plötzlich wie der Blitz aus heiterem Himmel hier auf«, sagte er. »Hatte einen ganzen Packen Zeitungsausschnitte über alle möglichen Bücher dabei, die sie geschrieben hatte, und hat mir mordswas von den vielen Preisen erzählt, die sie schon gekriegt hatte. Sie bildete sich ein, ich würd ihr Hannah auf dem Silbertablett überreichen und noch froh und dankbar sein, daß sie über sie schreiben wollte. Aber da hatte sie sich getäuscht. Für so was geb ich mich nicht her, und Teddy, meinen Sohn, schon gleich gar nicht. Schlimm genug, daß seine Mutter sich umgebracht hat und die Leute hier sich jahrelang die Mäuler darüber zerrissen haben. Ich wollte nicht, daß das alles jetzt wieder losgeht. Der Junge hat schon genug mitgemacht.«
    »Hannah war Ihre Frau?«
    »Ja.«
    »Wie war Joy Sinclair denn überhaupt auf sie gekommen?«
    »Ach, sie behauptete, sie hätte monatelang

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