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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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alte Selbstmordfälle studiert, weil sie irgendwas Interessantes aufstöbern wollte, und da wär sie auf Hannahs Geschichte gestoßen. Sie wär ihr ins Auge gesprungen, sagte sie.« Sein Ton war erbost. »Stellen Sie sich das mal vor, Mann - ins Auge gesprungen! Für die war Hannah kein Mensch, sondern so was wie ein saftiger Brocken. Ich hab ihr gesagt, sie soll sich schleichen, aber schnell.«
    »Aber nach den zehn Anrufen zu urteilen, scheint sie ziemlich hartnäckig gewesen zu sein.«
    Darrow lachte verächtlich. »Das hat ihr nichts geholfen. Von mir hat sie nichts erfahren, und Teddy konnte ihr nichts erzählen. Er war noch viel zu klein, als die Sache passierte.«
    »Das heißt also, ohne Ihre Hilfe hätte sie das Buch gar nicht schreiben können?«
    »Genau. Von mir hätte sie nichts erfahren, und es hätte nie ein Buch gegeben.«
    »War sie allein, wenn sie Sie besuchte?«
    »Ja.«
    »Nie in Begleitung? Hat nicht vielleicht im Auto mal jemand auf sie gewartet?«
    Darrow kniff mißtrauisch die Augen zusammen.
    »Was soll das heißen?«
    Lynley fand, seine Frage sei durchaus klar gewesen. Er fragte sich, ob Darrow aus irgendeinem Grund Zeit gewinnen wollte.
    »Kam sie auch einmal in Begleitung?«
    »Nein. Sie war immer allein.«
    »Ihre Frau hat 1973 Selbstmord begangen, nicht wahr? Hat Joy Sinclair Ihnen irgendwann einmal eine Erklärung dafür gegeben, was sie an einem Selbstmord, der solang zurücklag, interessant fand?«
    Darrows Gesicht verfinsterte sich. Er verzog angewidert den Mund. »Der Stuhl gefiel ihr, Inspector. Sie war so freundlich, mir das zu sagen. Ihr gefiel der gottverdammte Stuhl.«
    »Der Stuhl?«
    »Ja, der Stuhl. Hannah verlor den Schuh, als sie den Stuhl umstieß. Und das gefiel diesem Frauenzimmer. ›Eindrücklich‹ nannte sie es.« Er wandte sich wieder der Whiskyflasche zu. »Sie müssen entschuldigen, wenn's mir ziemlich egal ist, daß das Weib umgebracht worden ist.«

    St. James und Deborah waren im obersten Stockwerk, St. James in seinem Labor, Deborah in dem anschließenden Entwicklungsraum. Die Verbindungstür war offen, und St. James, der gerade einen Bericht für die Verteidigung in einem bevorstehenden Prozeß zusammenstellte, sah von seinen Papieren auf und gönnte sich das Vergnügen, einen Moment lang seine Frau zu beobachten. Sie stand stirnrunzelnd über einer Sammlung von Fotografien, und das Licht lag schimmernd auf ihrem vollen lockigen Haar, das sie mit zwei Kämmen zurückgesteckt hatte.
    »Hoffnungslos«, murmelte sie, während sie auf der Rückseite einer Aufnahme einen Vermerk machte und eine andere in den Papierkorb warf, der neben ihr auf dem Boden stand. »Das verflixte Licht - lieber Gott, was hab ich denn da wieder zusammengeschustert -, und das hier! Noch schlechter!«
    St. James lachte. Deborah blickte auf. »Entschuldige«, sagte sie. »Ich lenke dich von deiner Arbeit ab.«
    »Du lenkst mich immer von der Arbeit ab, Liebling. Viel zu sehr. Besonders, wenn ich eine Weile weg war.«
    Sie errötete leicht. »Schön, daß nach einem Jahr noch ein bißchen Romantik da ist. Ich - es klingt albern, ich weiß, aber du hast mir gefehlt, Simon. Nur eine Nacht, und ich habe mich richtig allein gefühlt.« Sie lachte leise, als Simon von seinem hohen Hocker rutschte und zu ihr kam. »Nein, Simon, so hab ich das nicht gemeint. - Wir wollten doch arbeiten«, protestierte sie, als er sie in die Arme nahm.
    »Das können wir nachher auch noch. Es gibt wichtigere Dinge.« Er küßte sie. »Hm, ja«, murmelte er dann zärtlich.
    »Viel, viel wichtigere Dinge.«
    Als sie von draußen Cotters Stimme hörten, fuhren sie schuldbewußt auseinander.
    »Sie sind beide oben«, erklärte er irgend jemandem wesentlich lauter, als nötig gewesen wäre, und trampelte die Treppe herauf, wohl, um sicherzustellen, daß sie ihn hörten. »Sie sind beide an der Arbeit. Kommen Sie nur. Wir sind gleich oben.«
    Diese letzten Worte sprach er noch einmal lauter. Deborah lachte. »Ich weiß nicht, ob ich über meinen Vater lachen oder weinen soll«, bemerkte sie leise. »Woher weiß er nur immer, was wir hier oben treiben?«
    »Er merkt, wie ich dich ansehe, und das reicht ihm. Dein Vater weiß genau, was für Gedanken mir durch den Kopf gehen, das kannst du mir glauben.«
    St. James kehrte pflichtschuldig in sein Labor zurück und schrieb schon wieder an seinem Bericht, als Cotter, gefolgt von Jeremy Vinney, an der Tür erschien.
    »So, da wären wir«, sagte er mit breiter Freundlichkeit

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