02 - komplett
eigenen Halle küssen. Sehen Sie selbst, wie wütend Sie jetzt auf mich sind.“
„Oh, Sie sind unerträglich“, schimpfte Hester. „Hinaus!“ Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah zu, wie Guy gehorsam die Tür öffnete und sich mit einer knappen Verbeugung entfernte.
8. KAPITEL
Hester zog sich zutiefst bestürzt in den Salon zurück. Du hast ihm erlaubt, dich zu küssen, sagte sie sich vorwurfsvoll und mit der ihr eigenen Aufrichtigkeit: Du hast seinen Kuss sogar erwidert. Die Rosen hatten sie aus dem Gleichgewicht gebracht, doch das war keine Rechtfertigung für ihr entschieden liederliches Benehmen. Was würde Guy jetzt von ihr denken? Sie lächelte bitter. Das war wohl nur allzu offensichtlich.
Früher hatten verliebte junge Offiziere in Portugal ihr Avancen gemacht und sie geküsst. Damals war es ihr allerdings nie schwergefallen, die Annäherungsversuche der hoffnungsvollen Männer abzuwehren und recht schnell wieder zu vergessen. Das hier war etwas ganz anderes. Ihre Beziehung zu John war im Gegensatz zu allem, was seine entrüstete Familie gedacht haben mochte, völlig platonisch gewesen und gab ihr so auch keinen Maßstab, mit dem sie Guys Liebkosungen hätte vergleichen können. Schon der Gedanke an ihn brachte ihren Körper wieder in Aufruhr, und hastig zwang Hester sich, stattdessen über die verwelkten Rosen nachzudenken.
Jemand versuchte, ihr Angst einzuflößen, und leider war es ihm gelungen. Energisch überlegte sie, wer sie von hier vertreiben wollte.
Lord Buckland – sie weigerte sich, eine vertrautere Anrede für ihn zu benutzen – war die offensichtliche Antwort. Tatsächlich war er die einzige Antwort. Und dennoch drängte es sie im Innersten, ihm zu vertrauen, wenn auch nur, insofern es um Moon House ging.
„Miss Hester, das Frühstück ist fertig. Ich habe Sie schon vor zehn Minuten gerufen.“
Susan stand an der Tür, etwas rot im Gesicht und ziemlich verärgert.
Hester sah geistesabwesend auf. Mit einer Hand berührte sie die Lippen und senkte sie hastig, sobald es ihr bewusst wurde. „Ich habe dich nicht gehört. Aber ich hörte ein Krachen.“
„Das Tablett ist mir hinuntergefallen“, gab Susan zerknirscht zu. „Schinken und Ei.
Und es ist ganz schön schwer, das Fett wieder von den Steinplatten zu bekommen.“
Hester stimmte ihr mitfühlend zu und folgte ihr. Jethro und Maria saßen bereits am Küchentisch, doch hier war offensichtlich mehr vorgefallen als nur das Missgeschick mit dem Tablett. Maria saß steif auf ihrem harten Stuhl und kämpfte mit ihren Gefühlen. Ihre spitze Nase war gerötet, und die Augen hinter dem Kneifer schimmerten verdächtig.
Jethro sprach gerade verlegen auf sie ein, als Hester und Susan hereinkamen. „...
wollte Sie nicht verurteilen, Miss Prudhome. Ich habe nur gesagt, dass man im Dorf redet. Und ich ahnte auch nicht, dass Sie mich hören können.“
„Was ist hier los?“, verlangte Hester zu wissen. „Susan, schenk uns bitte Kaffee ein.
Wie es scheint, haben wir alle ihn nötig.“ Ich brauche jedenfalls ganz bestimmt eine Tasse, dachte sie und hoffte, ihre Lippen waren nicht so rot und geschwollen, wie sie sich anfühlten.
„Ich habe kläglich versagt“, platzte Maria unglücklich heraus, „und bin nicht geeignet, Ihre Gesellschafterin zu sein.“
„Unsinn, Maria. Jetzt trinken Sie Ihren Kaffee, während Jethro wiederholt, was immer er gesagt hat, um das alles zu verursachen.“
Jethro errötete noch heftiger und brachte hervor: „Bei jedem Neuankömmling fangen die Leute an zu reden.“
„Ach?“ Hester ahnte Böses. „Gerede, das du im ‚Bird in Hand‘ gehört hast, nehme ich an. Was sagt man sich also?“
„Nur, wie seltsam es doch sei, dass eine alleinstehende junge Dame in ein Dorf wie das hier zieht, und dann ...“
„Ja?“, drängte Hester ihn unruhig.
„Dann zieht Seine Lordschaft genau gegenüber ein, noch dazu fast zur gleichen Zeit.“
„Was?“ Hester sah ihren jungen Butler entsetzt an. Mit Klatsch hatte sie gerechnet, aber nicht dass man sie mit Guy Westrope in Verbindung bringen könnte. Wie es schien, war er eine Bedrohung für ihren guten Ruf.
Um sich Zeit zum Überlegen zu geben, biss sie mit gespielter Gelassenheit in eine Schinkenscheibe. „Esst jetzt“, sagte sie ruhig. „Wir wissen, dass wir ein anständiger Haushalt sind. Solange wir uns nicht davon beirren lassen, werden die dummen Gerüchte von selbst verstummen. Maria, Sie und ich werden nach dem Frühstück
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