02 - komplett
Gründe Sie überhaupt kennen. Das heißt nicht, dass ich der Schuldige sein muss.“
„Da mir als Frau verboten ist, Logik oder sonst etwas zu studieren, lässt sich nicht leugnen, dass ich darin ungeschult bin. Dennoch meine ich, genügend gesunden Menschenverstand zu besitzen, um zu erkennen, wenn jemand etwas vor mir verbirgt. Sie wollen mir nicht sagen, warum Sie Moon House so unbedingt besitzen wollen, also können Sie sich auch nicht beschweren, dass ich misstrauisch bleibe.
Verraten Sie mir, warum Sie mein Haus haben wollen, und ich werde Ihnen vielleicht vertrauen.“
Guy fuhr sich mit der Hand über das Kinn und schüttelte dann den Kopf. „Es ist nicht allein meine Entscheidung.“
Scheinbar gleichgültig zuckte Hester die Achseln.
„Glauben Sie ernsthaft, ich könnte Ihnen schaden wollen?“ Er legte die Hand auf ihre. „Glauben Sie das?“
„Nein.“ Ohne nachzudenken, drehte Hester die Hand in seiner, sodass sie die Finger miteinander verschränken konnten. „Ich glaube genauso wenig, jemand anders wolle mir wirklich schaden. Wer immer für die Rosen verantwortlich ist, muss einen Helfer geschickt haben. Und dieses Mal hat er sich vielleicht erschrocken, legte die Rosen einfach hin, wo er stand, und floh. Es war reiner Zufall, dass Jethro sie nicht gesehen hat.“
„Er hätte sich das Genick brechen können.“
Hester schauderte bei dem Gedanken.
„Versprechen Sie mir wenigstens, vorsichtig zu sein.“ Er ließ ihre Hand los, und Hester hätte in ihrer Enttäuschung fast protestiert.
„Natürlich verspreche ich das“, sagte sie mit einem kleinen Seufzer. „Wir haben die Schlösser und Riegel an allen Türen und Fenstern auswechseln lassen.“
„Wenn er tatsächlich so hereingekommen ist. Heute ist schließlich auch jemand im Haus gewesen.“ Guy erhob sich mit ernster Miene.
„Dann glauben Sie also an ein Gespenst?“ Hester lachte und wünschte, sie wäre wirklich so zuversichtlich. „Fast habe ich Sie im Verdacht, ein Liebhaber von Schauerromanen zu sein, Mylord.“
Er war bereits an der Hintertür, doch jetzt drehte er sich verärgert zu ihr um. „Nein, bin ich nicht, Miss Lattimer, doch ich wünschte, Sie wären es. Denn vielleicht hätten Sie dadurch ein wenig gesunde Angst bekommen. Und hören Sie um Himmels willen auf, mich in jedem zweiten Satz ‚Mylord‘ zu nennen. Sie klingen wie eine alberne Debütantin bei Almack’s.“
„Da ich nie das Glück hatte, Almack’s zu besuchen, Mylord , kann ich nicht sagen, wie eine alberne Debütantin dort klingt. Ich musste mir allein einen Weg in der Welt erkämpfen, und das mag mich ein wenig unabhängiger gemacht haben, als es Gentlemen gemeinhin begrüßen.“
Er hob die Augenbrauen. „Ich missbillige Ihre Unabhängigkeit keineswegs, Hester. Ich wünschte nur, sie würde Ihnen nicht dieses tollkühne Selbstvertrauen eingeben.“
„Und ich dachte, es ärgert Sie, dass ich Ihnen nicht vertraue?“, stichelte sie, jetzt völlig verärgert. „Dabei sollten Sie mir gratulieren, weil ich keinem Mann vertraue, den ich erst so kurze Zeit kenne.“
„Wie ich sehe, kann man nicht vernünftig mit Ihnen sprechen. Guten Tag, Miss Lattimer.“
„Guten Tag, Mylord.“ Er schloss die Tür hinter sich, und Hester sah ihm durch das Fenster nach, bis er den Zaun erreicht hatte. „Guy“, fügte sie leise hinzu. Ihre so heiß ersehnte Anerkennung in dieser kleinen Gemeinde erschien ihr plötzlich ein sehr hohles, sinnloses Bestreben.
Der Donnerstag begann mit allen Anzeichen für schönes Wetter, wie Miss Prudhome verkündete, als sie sich zu Hester und Susan in der Küche gesellte. „So schön sonnig trotz des Regens gestern Nacht. Außergewöhnlich für die Jahreszeit.“
Susans Laune war bei Weitem nicht so strahlend. „Ich bin keinen Moment zur Ruhe gekommen, und ich glaube, Sie auch nicht, Miss Hester. Sie haben ganz dunkle Ränder unter den Augen.“
„Das tut mir so leid“, entschuldigte sich Maria. „Ich habe wirklich versucht, leise zu sein, aber Jethro fühlte sich nicht so wohl und brauchte mich.“
„Es lag nicht an Ihnen, Miss Prudhome.“ Susan griff nach dem Schneidemesser und bearbeitete den Schinken, als wäre er an allem schuld. „Der Grund ist, dass wir nicht wissen, wann dieser Unhold sich wieder ins Haus schleichen wird.“
Hester war nicht nur durch Gedanken an den Eindringling am Schlafen gehindert worden. Ständig hatte sie darüber nachgegrübelt, ob sie sich Guy gegenüber nicht anders hätte
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