02 - komplett
unter nicht ganz erfreulichen Umständen kennen, aber machen Sie sich keine Sorgen. Der junge Mann wird in einer Woche wieder wie neu sein, wenn er tut, was man ihm sagt, und sich ausruht.“
„Das wird er“, versicherte Hester ihm lächelnd, bedachte Jethro jedoch mit einem strengen Blick. Sie wandte sich Guy zu. „Lord Buckland war so freundlich, mich zu benachrichtigen.“
Die beiden Männer begrüßten sich höflich, und Hester kniete sich neben das Bett.
„Jethro, tut es sehr weh? Ist deine Schulter gebrochen?“ Der Arzt hatte ihm den rechten Arm bandagiert und in eine Schlinge gelegt.
„Nein, Miss Hester. Ich habe sie mir nur ausgerenkt und mir ein paar Muskeln und Sehnen gezerrt. Tut kaum weh. Ich kann bestimmt aufstehen.“
Er war totenblass unter seinen Sommersprossen. „Du bleibst gefälligst liegen und tust, was der Arzt gesagt hat“, befahl sie ihm streng, strich ihm aber sanft über das zerzauste Haar.
„Und wie wollen Sie ohne mich zurechtkommen, Miss Hester?“
Guy kam ihr zuvor. „Ich werde einen meiner Diener herüberschicken, Ackland. Und sehen Sie mich nicht so beleidigt an, junger Mann. Er untersteht natürlich Ihrem Befehl.“
Jethro entspannte sich sichtlich, bis im nächsten Moment hastige Schritte auf der Treppe zu hören waren und gleich darauf Miss Prudhome hereinstürzte. Zu Hesters Überraschung besah ihre Gesellschafterin sich die Situation nur kurz und verkündete: „Sie brauchen bequemere Kissen, Jethro, und etwas Wasser mit Zitronengerste. Überlassen Sie ihn ruhig mir, Hester. Ich habe Erfahrung darin, solche Verletzungen zu pflegen.“
Und tatsächlich fanden Hester und Guy sich vor dem Zimmer wieder, während Miss Prudhome mit dem Arzt sprach. „Was ist denn in Ihre Gesellschafterin gefahren?“, fragte Guy amüsiert. „Sonst ist sie immer so ängstlich und jetzt ...“
„Jetzt glaubt sie, wieder eine Gouvernante zu sein. Zweifellos hat sie sich zu ihrer Zeit unzählige Male um verletzte oder an den Masern erkrankte kleine Jungen kümmern müssen. Jethro wird sich damit abfinden müssen, wieder behandelt zu werden, als wäre er sieben.“
Guy lachte, legte ihre Hand auf seinen Arm und begleitete Hester zur Treppe. „Ich denke, jetzt reden wir am besten mit Susan darüber, was genau passiert ist.“
„Das werde ich gewiss tun, aber Sie, Sir, brauchen sich keine Umstände mehr zu machen. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe, doch jetzt komme ich allein zurecht.“ Sie wollte sich von ihm lösen, doch er gab ihre Hand nicht frei. „Mylord!“
„Guy. Und wenn Sie glauben, ich gehe einfach und lasse Sie allein in einem Haus, zu dem sich offensichtlich jemand Zugang verschaffen kann, wann immer er will, Tag oder Nacht, und in dem sich ein Mitglied Ihres Haushalts fast das Genick gebrochen hätte, dann haben Sie sich im Verlauf unserer kurzen Bekanntschaft ein sehr falsches Bild von meinem Charakter gemacht.“
Hester ergab sich in ihr Schicksal und ließ sich von Guy in die Küche führen, wo Susan gerade die Rosen in das Feuer warf. „Es waren diesmal nur zwölf, Miss Hester“, sagte sie. „Letztes Mal waren es vierzehn.“ Sie nahm den Kessel vom Herd und stellte ihn unter die Wasserpumpe. „Ich mache Tee, ja?“
„Ja, bitte. Und fragen Sie den Arzt, ob er auch welchen möchte.“
Dr. Forrest kam bereits in die Halle herunter. Hester ging ihm entgegen und fragte ihn, was sie noch für Jethro tun konnte.
„Nichts, Ma’am, bis auf das, was ich Miss Prudhome aufgeschrieben habe. Eine erstaunlich fähige Dame. Sie weiß genau, was zu tun ist. Noch einen schönen Tag, Ma’am, Mylord.“
Nachdem er gegangen war, griff auch Guy nach Hut und Handschuhen. „Dann verabschiede ich mich also auch. Ich schicke nachher meinen jüngsten Diener herüber.“
„Danke, Mylord, aber wir brauchen Ihren Diener nicht. Ich wäre Ihnen allerdings dankbar, wenn Sie einen Ihrer Stalljungen entbehren könnten, damit er sich um mein Pferd kümmert.“
Guy runzelte die Stirn. „Sie sollten nachts nicht unbehütet sein. Ich schicke einen Mann. Er kann in Acklands Zimmer schlafen.“
„Wie ich schon sagte, Mylord, brauche ich keine Hilfe, obwohl ich Ihre Besorgnis natürlich zu schätzen weiß.“
„Hester, Sie werden viel mehr als meine Besorgnis zu schätzen lernen, wenn Sie nicht aufhören, so störrisch zu sein.“ Er legte ihr die Hände auf die Schultern, bevor Hester etwas dagegen tun konnte. „Ich weiß nicht, ob ich Sie schütteln soll oder
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