02 - komplett
Sarah, die Augen ängstlich aufgerissen.
10. KAPITEL
„Legenden dieser Gegend – wie unterhaltsam“, sagte Hester und gab Sir Lewis das schmutzige, seltsam raue Papier zurück. „Sie dürfen dieses Dokument nicht verlieren, Sir Lewis. Einer Ihrer Ahnen war offenbar ein Liebhaber antiquarischer Überlieferungen.“
„Großonkel William, glaube ich.“ Er sah seine Schwester finster an. „Du solltest Miss Lattimer nicht mit diesem Unsinn beunruhigen, Sarah.“
„Ich bin ganz und gar nicht beunruhigt. Vielmehr glaube ich, dass dieses Gespräch eher Ihre Schwester verstört als mich.“ Tatsächlich war Sarahs Gesicht gerötet, und in ihren Augen stand ein seltsames Glitzern.
Doch statt mitfühlend auf sie einzugehen, sagte Sir Lewis nur streng: „Sarah, du wirst noch krank. Vergiss diese verstaubten Bücher und deinen dummen Aberglauben.
Frische Luft wird dir guttun. Es ist ein wunderschöner Tag heute. Warum zeigst du Miss Lattimer nicht den Garten?“
„Ich möchte keine Umstände ...“
„Wie kannst du nur?“, fuhr Sarah ihn an. „Wie kannst du mich abergläubisch nennen? Vater hat Moon House verkauft, und sieh, was mit ihm geschehen ist.“
„Ein tragischer Unfall. Vater war unwohl, und er rutschte aus.“
„Ihm war von dem Moment unwohl, als er die Papiere für den Verkauf unterzeichnete. Wie konnte er in einer hellen Mondnacht auf den Stufen ausrutschen? Und wo kam die Rose her, kannst du mir das sagen?“ Sie hielt schwer atmend inne und sah ihren Bruder herausfordernd an.
„Eine Rose?“, warf Hester ein, obwohl sie die Antwort lieber nicht hören wollte.
„Er hatte eine verwelkte Rose in der Hand“, stieß Sarah schluchzend hervor und lief aus dem Raum.
Sir Lewis seufzte tief auf. „Verzeihen Sie mir. Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten, bis meine Schwester sich wieder gefangen hat?“
„Nein, danke. Ich möchte Ihnen nicht zur Last fallen, solange Miss Nugent unwohl ist.
Entschuldigen Sie mich bitte bei ihr.“ Hester ging eilig in die Halle hinaus. „Sie müssen mich einmal besuchen, sobald sie sich besser fühlt.“
In verlegenem Schweigen gingen sie nebeneinander weiter. „Es tut mir leid, falls Sarah Sie erschreckt hat. Es bekümmert sie, dass ihr Verlobter länger als erwartet auf seinen Plantagen auf den Westindischen Inseln aufgehalten wird. Die Hochzeit musste schon wegen des Todesfalls verschoben werden, und Sarah gerät immer mehr ins Grübeln. Wenn ich könnte, würde ich jeden verflixten Schauerroman verbrennen, der jemals geschrieben wurde!“
„Sie hat eine sehr lebhafte Vorstellungskraft“, versuchte Hester ihn zu trösten. „Ich bin sicher, sie ist sehr empfindsam.“
„Das Problem ist“, erwiderte Sir Lewis grimmig, „dass nicht alles allein auf ihrer Vorstellungskraft beruht. Ich gebe mir Mühe, Ihre Ängste zu beschwichtigen, aber es stimmt wirklich etwas nicht mit dem Haus. Bitte, seien Sie vorsichtig, Miss Lattimer.“
Er hielt sie auf, indem er sanft die Hand auf ihren Arm legte. „Ich wünschte so sehr, Sie könnten sich entschließen, es an mich zu verkaufen. Ich bin davon überzeugt, dass es meine Pflicht wäre, es Ihnen abzunehmen. Das Problem geht allein die Nugents an.“
Hester sah in sein attraktives Gesicht. „Nein, Sir Lewis. Ich danke Ihnen, aber Moon House ist jetzt mein Zuhause, und ich lasse mich weder von Menschen noch Gespenstern daraus vertreiben.“
Er gab sie daraufhin frei und bat sie noch ein letztes Mal, es sich zu überlegen.
Hester lenkte Hector gerade am Haus vorbei, da kam Sir Lewis wieder herausgelaufen, ein braunes Medizinfläschchen in der Hand. „Probieren Sie es aus.
Damit wird der Junge schlafen können, und der übrige Haushalt kommt dann auch zu seiner wohlverdienten Ruhe.“
Zu Hause angekommen, war Susan nirgendwo zu sehen, also spannte Hester das Pferd allein aus und ging sofort zu Jethro hinauf, der noch immer blass aussah, aber offenbar bester Laune war. Auf der anderen Seite des Treppenabsatzes erhaschte sie durch die geöffnete Tür ihres Zimmers einen Blick auf Susan, die gerade ein Hemd flickte. Aus Marias Raum kam ein leises Schnarchgeräusch. Auch da schien alles in bester Ordnung zu sein.
Jethro wollte sich aufsetzen, als er sie sah, doch die Anstrengung ließ ihn zusammenzucken und er sank wieder in die Kissen. „Pass doch bitte auf, Jethro. Du darfst deine Schulter noch nicht anstrengen.“ Hester legte eine Hand auf seine Stirn.
Kein Fieber, stellte sie erleichtert fest. „Wie
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