02 - komplett
aufgefallen, sobald sie mich erkannte?“
„Mir ist nur eine Frau aufgefallen, die aussah, als hätte sie ein Gespenst gesehen, nicht als würden sie Schuldgefühle quälen.“ Guy hielt die Haustür für Georgy auf und übergab dem Butler ihre Mäntel. „Wir sind in der Bibliothek, Parrott, und möchten nicht gestört werden.“
Er schloss die Tür hinter ihnen und lehnte sich dagegen. „Ich bin ein unglaublicher Narr.“ Er hatte noch nie solchen Schmerz erlitten, doch was schlimmer war – er war sicher, dass Hester noch mehr leiden musste.
„Es ist nicht deine Schuld, dass du getäuscht wurdest.“ Seine Schwester, eine hübsche Frau von Mitte Dreißig, nahm seinen Arm und drängte Guy, sich in einen Sessel zu setzen. Zu sehr in Gedanken versunken, ließ er es mit sich geschehen. „Sie sieht so respektabel aus, so wohlerzogen.“
„Ich wurde nicht getäuscht, und sie ist genau das, was du gesagt hast. Ich sollte endlich lernen, erst zu überlegen und dann zu sprechen. Georgy, ich habe sie geküsst und in meinen Armen gehalten. Wenn Hester Lattimer keine Jungfrau ist, dann bin ich der Prinzregent.“
Seine Schwester errötete leicht. „Vielleicht ist sie nur eine sehr gute Schauspielerin.
Mrs. Norton sagte ...“
„Wie gut kennst du diese Mrs. Norton?“
„Nun, wie man eben eine Bekannte kennt.“
„Und hatte sie Aussichten auf eine Erbschaft vom Colonel? Etwas, das seine Beziehung zu Hester, was es auch für eine gewesen sein mag, hätte gefährden können?“
„Ich weiß es nicht.“ Georgy saß still da und presste die Lippen zusammen.
Guy sah ins Feuer und fragte sich, ob er die Situation überhaupt schlechter hätte handhaben können. Wahrscheinlich nicht.
Dann sagte sie: „Ich glaube, Mrs. Nortons Sohn war sein Erbe. Oh, Guy, habe ich einen schrecklichen Fehler begangen?“
„Nein, du hast einen verständlichen Fehler begangen, meine Liebe. Mein Fehler war unverzeihlich. Entschuldige mich bitte. Wenn ich jetzt nicht ausreite, werde ich der Versuchung nachgeben und zu ihr gehen. Was die Dinge nur verschlimmern würde.“
„Kannst du es wieder einrenken?“, fragte Georgy kleinlaut.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich sie liebe. Aber das wird jetzt vielleicht nicht mehr genug sein.“
Hester erschien am nächsten Morgen mit einer grimmigen Energie beim Frühstück, die die übrigen Bewohner ihres Haushalts erschreckte. Als sie ihre ängstlichen Blicke bemerkte, holte sie tief Luft und setzte sich. „Ich werde nicht über die gestrigen Ereignisse sprechen. Ihr kennt die Wahrheit, aber ich verbiete euch, Lord Buckland oder seiner Schwester eine Erklärung anzubieten. Weder sie noch einer ihrer Diener dürfen den Fuß in dieses Haus setzen. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?“
„Aber, Hester, wenn er die Wahrheit wüsste ...“ Maria verließ der Mut beim entschlossenen Blick ihrer Arbeitgeberin.
„Wenn ich ihm die Wahrheit sage, wie soll ich dann jemals wissen, ob er mir vertraut? Wenn er das nicht tut, dann will ich weder ihn noch seine Liebe.“
„Schuft“, zischte Jethro, die Wangen hochrot. Hester sah ihm an, dass er den Tränen nah war.
„Es tut mir leid, du wirst dir einen anderen Mentor suchen müssen anstelle von Mr.
Parrott, Jethro.“
„Das ist mir schnuppe. Wenn er für den Schuft arbeitet, will ich seinen Rat gar nicht.“
„Und jetzt genug davon“, rief Hester mit plötzlich erwachtem Trotz. „Wir müssen ein Fest vorbereiten, zu dem ich die halbe Nachbarschaft eingeladen habe. Es werden eben zwei Gäste weniger sein als geplant. Ich habe nichts getan, dessen ich mich schämen müsste, und beabsichtige nicht, mich zu verstecken wie eine Aussätzige.“
„Und die Nugents?“, erinnerte Susan sie. „Lord Buckland hatte doch einen Plan, um ihnen heimzuleuchten. Was wird nun damit?“
Der Schmerz, der sie bei der Erwähnung seines Namens durchfuhr, traf Hester völlig unvorbereitet. Einen Moment lang fehlte ihr der Atem, um antworten zu können.
„Daran kann ich nichts ändern. Mir bleibt nur, ihnen zu zeigen, dass ich mich nicht von ihnen vertreiben lasse.“
„Heute sind zwei Rosen fällig“, sagte Maria leise.
Hester zuckte die Achseln. „Wenn sie nicht eine Ladung Schießpulver dazulegen, wird es uns schon nicht schaden.“ Entschlossen hob sie das Kinn. „Ich werde nicht wegen eines Mannes, dessen Liebe sich als zu schwach erwiesen hat, niedergeschlagen sein“, versuchte sie, sich selbst zu überzeugen. „Und ich
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