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02 - komplett

02 - komplett

Titel: 02 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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Wort von dem wahr, was sie las.
    „Kommen Sie zurück zum Kamin“, bat Clayton. „Dort drüben, wo Sie stehen, muss es schrecklich ziehen.“
    Augenblicklich ließ Ruth die Hand sinken, mit der sie sich abwesend den anderen Arm gerieben hatte, um sich zu wärmen. Sie gönnte ihm die Genugtuung nicht, dass er recht hatte. Glaubte er etwa, er könne sie nach Belieben herumkommandieren?
    „Vermutlich gesellen sich Gavin und Sarah bald zu uns“, fuhr Clayton besänftigend fort. „Und ich verspreche Ihnen, dass ich gleich morgen nach London zurückkehre, wie die Straßenverhältnisse auch aussehen mögen.“
    „Es besteht keinerlei Notwendigkeit für Sie, bei diesem Wetter eine so riskante Reise anzutreten. Ich habe es viel weniger weit als Sie und werde mich gleich morgen früh auf den Weg machen.“ Ruth schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass ihr die Heimfahrt möglich sein möge. Der Blick aus dem Fenster ließ sie allerdings daran zweifeln, dass über Nacht Tauwetter einsetzen würde. Wenn es weiterhin schneite, würden die Straßen am nächsten Tag für Kutschen unpassierbar sein.
    „Lassen Sie uns wenigstens nicht darüber streiten, wer das Recht hat, als Erster zu fahren“, bemerkte Clayton, und in seiner Stimme lag bereits wieder ein Anflug des früheren Humors. „Es sollte uns genügen, dass wir beide den Rückzug angedroht haben.“
    Obwohl er bemüht war, die Stimmung aufzulockern, verwünschte Clayton sich innerlich selbst. Er hatte es genossen, mit Ruth zu plaudern, deren ruhige Anmut er ebenso anziehend fand wie ihre Schönheit. Doch gleichzeitig schwelte in ihm der Zorn über seine intrigante ehemalige Geliebte. In dieser Stimmung hatte er sich dazu hinreißen lassen, auf eine harmlose Frage unangemessen bissig zu antworten.
    Er hatte London verlassen, um Lorettas Erpressungsversuch zu entkommen.
    Allerdings verfolgten ihn auf Schritt und Tritt Zweifel daran, ob er richtig gehandelt hatte. Vielleicht hätte er besser in Mayfair bleiben und sich der ganzen unangenehmen Angelegenheit stellen sollen. Er sah keinerlei Grund, sich bei Pomfrey zu entschuldigen. Zu dem Zeitpunkt, als Pomfrey die schöne Loretta um ihre Hand bat, wusste jeder in der ganzen Stadt von der schon längst bestehenden Affäre zwischen Lady Vane und Sir Clayton Powell. Die war nun beendet. Trotzdem drängte es ihn, Pomfrey aufzusuchen und ihm in aller Deutlichkeit zu erklären, dass er selbst keineswegs Ehepläne hegte. Mochte Loretta behaupten, was sie wollte.
    „Ach, da bist du ja, Ruth! Es tut mir leid, dass ich dich allein gelassen habe.“ Die Tür zur Bibliothek hatte sich geöffnet, und in einem Wirbel gelber Seide kam Sarah hineingetänzelt. „Rosie sagte mir vorhin, du seist eingeschlafen, und ich wollte dich nicht wecken. Aber wie ich sehe, befindest du dich in bester Gesellschaft. Ich hoffe, ihr beiden habt euch gut unterhalten.“ Hinter ihr war Gavin aufgetaucht, der das gut gelaunte Geplapper seiner Frau mit einem ruhigen Lächeln begleitete.
    Bevor eine unbehagliche Pause eintreten konnte, bemerkte Clayton gelassen: „Ich habe die charmante Gesellschaft von Mrs. Hayden sehr genossen. Wie sie mir erzählt hat, hören Sie sie gerne singen und Klavier spielen.“
    Ein Ausdruck ungläubiger Überraschung erschien auf Ruths Gesicht, bevor sie Clayton mit einem sprechenden Blick befahl, augenblicklich das Thema zu wechseln.
    Er jedoch erwiderte den stummen Appell mit einem gelassenen Lächeln.
    „Ruth ist wunderbar musikalisch“, erklärte Sarah stolz, „aber leider viel zu bescheiden. Schon für ein einziges Lied muss man eine gehörige Portion Überzeugungskraft aufbieten.“
    Gavin schien die frostige Stimmung im Raum besser wahrzunehmen als seine lebhafte Gattin. Er warf seinem Freund einen forschenden Blick zu und hob beredt die Augenbrauen. Schließlich sprang er in die Bresche. „Ich bin halb verhungert, und unsere Gäste sind es vermutlich auch. Lasst uns zu Tisch gehen, dort können wir uns weiter unterhalten.“ Damit legte er sich die Hand seiner Frau auf den Arm.
    Doch Sarah war nicht zu bremsen. Während sie sich ins Speisezimmer geleiten ließ, redete sie über die Schulter hinweg ununterbrochen weiter. „Ruth, du musst heute Nacht hier bleiben. Bei diesem schrecklichen Wetter ist es einfach unmöglich für den Kutscher, den Weg zu erkennen.“
    Sir Clayton bot ihr mit ausgesuchter Höflichkeit den Arm, und Ruth blieb keine andere Wahl, als den Schein zu wahren und sich zu Tisch führen zu

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