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02 - komplett

02 - komplett

Titel: 02 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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Richtung gewechselt hatte und nun ebenfalls die Tür ansteuerte. Ruth wusste, dass er sie leicht einholen konnte, wenn er es wollte. Aber er schien es nicht eilig zu haben. Oder spielte er mit ihr Katze und Maus?
    Ruth hob das Kinn. Zwar hatte sie in der Überraschung des ersten Augenblicks unbedacht den Rückzug angetreten, aber sie würde sich von ihm nicht in eine würdelose Flucht treiben lassen. Mit zitternden Knien, aber erhobenen Hauptes setzte sie ihren Weg fort. Trotzdem entfuhr ihr ein überraschtes Aufkeuchen, als sich nur wenige Schritte von ihrem Ziel entfernt kräftige Finger unerbittlich um ihren Unterarm schlossen.
    „Lassen Sie mich los“, zischte sie, während die verstohlenen Blicke der Umstehenden ihr auf der Haut zu brennen schienen.
    „Nur, wenn Sie mir den gleichen Gefallen erweisen, Herzchen“, gab er eisig zurück.
    „Aber Sie wissen sehr gut, dass das nicht möglich ist, nicht wahr?“
    „Doch, natürlich ist es möglich!“ Ruth legte so viel Überzeugung in ihre geflüsterten Worte, wie sie konnte. „Es tut mir wirklich leid, das müssen Sie mir glauben. Aber wir brauchen nur ein bisschen Zeit verstreichen zu lassen, bevor wir die angebliche Verlobung wieder lösen ...“
    Ein harsches Lachen war die einzige Antwort auf diesen Vorschlag.
    „Später dürfen Sie sich gerne ausführlich bedanken“, bemerkte er mit trügerischer Sanftheit. „Aber jetzt glaube ich, dass es an der Zeit ist, meine Verlobte heimzubringen.“

    Ruth versuchte sich von ihm loszumachen, doch sie war in seinem Griff gefangen.
    Stolz blickte sie Clayton in die Augen. „Ich werde gehen, wie ich gekommen bin: zusammen mit Sarah und Gavin.“
    „Ob Sie es wollen oder nicht, Sie kommen jetzt mit mir.“
    Ihre trotzig zusammengepressten Lippen zeigten Clayton deutlich, dass sie keineswegs die Möglichkeit wählen würde, sich willig von ihm hinausgeleiten zu lassen.
    „Sicherlich brauche ich Sie nicht erst darauf aufmerksam zu machen, dass es Ihrer Würde kaum zuträglich sein dürfte, wenn ich Sie über die Schulter werfe und hier hinaustrage. Die Damen hätten dann in den nächsten Tagen wirklich etwas zu tratschen – zumindest diejenigen, die nicht vor Entsetzen in Ohnmacht fallen.“
    „Das würden Sie nicht wagen!“, flüsterte Ruth, aber ihre Augen waren schreckgeweitet.
    Er ließ einen Augenblick verstreichen, bevor er antwortete; sein sarkastisches Lachen ging ihr durch Mark und Bein. Endlich entgegnete er leise: „Sie glauben anscheinend tatsächlich, dass ich etwas Derartiges nie zuvor getan habe.“
    Ruth konnte sich nicht von seinem erbarmungslosen Blick lösen. Merkwürdigerweise verletzte seine Verachtung sie tiefer, als es sein berechtigter Zorn vermocht hatte.
    Plötzlich verließ sie der Mut. Tränen schossen ihr in die Augen, und ihre Stimme zitterte verräterisch, als sie sagte: „Vermutlich scheren Sie sich überhaupt nicht um die Würde einer Frau. Doch, ich glaube, dass Sie fähig wären, mich gewaltsam hier fortzutragen. Und das ist noch lange nicht alles, was ich Ihnen zutraue.“
    „Gut, dann hätten wir das also geklärt“, antwortete er glatt. „Suchen wir die Gastgeber, um ihnen für diesen wunderbaren Abend zu danken.“
    Ruth hatte erwartet, dass Claytons Zorn sich über ihrem Haupt entladen würde, sobald sich der Schlag seiner Kutsche hinter ihnen geschlossen hatte. Aber darin täuschte sie sich. Nachdem Clayton ihr in die Chaise geholfen hatte, sprang er ebenfalls hinein und ließ sich ihr gegenüber nieder. Seine Körperhaltung zeigte ihr deutlicher, als Worte es vermocht hätten, wie schwarz seine Laune war. Es bedurfte nur eines einzigen finsteren Blickes, damit Ruth sich ängstlich in ihre Ecke drückte.
    Danach jedoch wandte Clayton sich von ihr ab und starrte durch das Fenster in die Dunkelheit hinaus.
    Vermutlich wollte er ihr zeigen, dass er für sie nichts als Verachtung übrig hatte. Kein Wort, keinen Blick, nur eiskalte Verachtung. Eine Weile tat Ruth es ihm nach und sah ebenfalls nach draußen in die Nacht, während die Kutsche über das Straßenpflaster ratterte. Doch endlich hielt sie es nicht mehr aus. Die Angst hatte sich wie ein kalter Knoten in ihrem Innern zusammengeballt und verursachte Ruth Übelkeit. Abrupt stieß sie hervor: „Es tut mir wirklich leid. Ich weiß, dass ich heute Abend etwas entsetzlich Übereiltes gesagt habe, und ich würde es gerne ungeschehen machen, wenn ich es nur könnte. Aber mit der Zeit wächst sicher Gras darüber.

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