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02 - komplett

02 - komplett

Titel: 02 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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verstorben. Insgesamt waren sie nur achtzehn Monate zusammen gewesen, und dennoch sehnte Hester sich nach seiner Gesellschaft, nach der Freundschaft und Vertrautheit, die sie verbunden hatten. Was wäre nach dem Tod ihres Vaters aus ihr geworden, hätte John sie nicht unter seinen Schutz genommen?
    Sie schüttelte mühsam die traurigen Erinnerungen ab. Jener Abschnitt ihres Lebens war vorüber. Dank John hatte sie an Erfahrung gewonnen und konnte genügend Geld ihr eigen nennen, um unabhängig ein bescheidenes, aber respektables Leben zu führen.
    Heute betrat sie das geheimnisvolle Moon House zum ersten Mal. Für die langwierigen Verhandlungen mit dessen Besitzer hatte sie einen Makler beauftragt.
    Tief durchatmend schloss sie jetzt die Tür hinter sich und stellte fest, dass sie sich in der Küche befand. Genau so hatte man sie ihr beschrieben – ein alter Herd und ein Tisch, einige Stühle, eine Anrichte. Das Licht, das schwach durch die Spinnweben am Fenster drang, fiel auf das unpolierte Kupfer der Küchenutensilien an der Wand.
    Jethros nächste Aufgabe würde sein, im Herd Feuer zu machen, wenn der Kamin dazu gebracht werden konnte durchzuziehen.
    Nachdem sie den Koffer und den Regenschirm achtlos auf dem Tisch abgestellt hatte, nahm sie den Hut ab und warf ihren Mantel über einen Stuhl. Nach kurzem Wühlen in ihrem Koffer förderte sie ein Schultertuch zutage, das sie sich umlegte, eine viel zu große Schürze, die sie sich umband, und mehrere weiche Tücher, die zum Staubwischen und Entfernen der Spinnweben bestens geeignet waren.
    Neugierig machte sie sich auf, das Haus näher zu erkunden. Sie öffnete eine mit grünem Stoff bezogene Tür und befand sich vor einer breiten Treppe, die mit elegantem Schwung in das erste Stockwerk führte. Der geschmackvolle Eindruck wurde lediglich von den offenbar unausweichlichen Spinnweben verdorben. Hester wischte einige davon mit einer ungeduldigen Geste fort, musste niesen und rieb sich mit dem Handrücken die Nase, wobei sie einen großen Schmutzfleck auf Nasenspitze und Wange hinterließ. Schließlich trat sie in die Vorhalle hinaus.
    „Oh.“
    Der Ausruf entfuhr ihr ganz gegen ihren Willen, und sie war sich auch gar nicht bewusst, dass sie ihn ausgestoßen hatte. Sie achtete nur auf die wundervollen Proportionen, die elegante Treppe, das Licht, das die Halle erfüllte, obwohl das Fenster über der Tür von wucherndem Efeu fast ganz verdeckt wurde.
    Die Wände waren staubig. Überall hoben sich hellere Rechtecke und Ovale ab, an denen früher einmal Familienporträts oder Spiegel gehangen haben mochten. Der grauweiße Marmorfußboden starrte ebenfalls vor Schmutz, doch Hester bemerkte keinen dieser Makel. Das Gefühl, dass sie hier willkommen war, dass sie hierher gehörte, erfasste sie wieder, und sie ging langsam weiter und lehnte sich gedankenverloren an die verzierten Paneele der Eingangstür.
    „Das alles gehört mir“, sagte sie, als könne sie es nicht ganz glauben, und fügte dann entschlossener hinzu: „Mir ganz allein.“
    Das Pochen gegen die Tür genau hinter ihr kam so unerwartet, dass es ihr wie ein Donnerschlag erschien. Mit einem leisen Aufschrei zuckte sie zusammen und wandte sich schwer atmend um. Es vergingen einige Momente, bevor sie sich wieder gefasst hatte. Jemand hatte an die Tür geklopft, mehr war nicht geschehen. Wenn sie nicht mit offenen Augen geschlafen hätte, statt ein wenig Staub zu wischen, wie es sich gehörte, hätte sie sich nicht so erschreckt.
    Hester suchte in ihrer Tasche nach den Schlüsseln und holte den größten hervor. Der musste eigentlich zur Eingangstür gehören. Hastig drehte sie ihn im Schloss, kämpfte einen Moment mit den schweren Riegeln und zog schließlich die massive Holztür auf.
    Guy Westrope klopfte ungeduldig mit einem bestiefelten Fuß auf den Boden und schimpfte sich insgeheim einen sentimentalen Dummkopf. Was zum Teufel tat er hier? Wäre es nicht viel unterhaltsamer gewesen, Carews Abendgesellschaft in Rutland zu besuchen? Stattdessen saß er jetzt hier in einem kleinen Kuhdorf in Buckinghamshire fest, noch dazu in einem abscheulichen Haus, und musste es hinnehmen, dass jeder Bauerntrampel ihn sich zur Zielscheibe seiner Neugier erkor.
    Schon wollte er wieder den Klopfer heben, da wurde endlich die Tür geöffnet.
    Die zerzauste junge Person, die in der halb offenen Tür erschien, betrachtete ihn stumm. Sie war von mittlerer Größe, besaß ein ovales, ebenmäßiges Gesicht, einen ernsten,

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