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02 - komplett

02 - komplett

Titel: 02 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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Wohnsitz genommen?
    Seufzend drehte Hester sich um und öffnete die letzte Tür des Raums. Sie führte in ein Ankleidezimmer und bot ein Bild bestürzender Gewalttätigkeit. Entsetzt hielt sie auf der Schwelle inne. Ein Spiegel, der auf der Frisierkommode gestanden haben musste, lag jetzt zerschmettert auf dem Boden. Die Türen des Wäscheschranks standen offen, und jemand hatte die leeren Fächer herausgerissen und den Stuhl vor der leeren Frisierkommode zur Seite geschleudert. Ein Teil der Vorhänge wurde nur noch von zwei Ringen gehalten, der Rest war offenbar in einem Wutanfall heruntergerissen worden.
    Zu ihren Füßen lag ein zarter Stoff. Ohne zu überlegen, bückte Hester sich, hob ihn auf und schüttelte ihn aus. Es war ein wunderschönes Nachtkleid aus indischem Musselin, das einen langen Riss vom Hals bis zum Saum aufwies. Unwillkürlich wich sie zurück und wäre fast ausgerutscht. Der Boden war übersät mit schimmernden Perlen.
    Was war hier nur vorgefallen? Entführung, Vergewaltigung oder gar Mord? Die glückliche Atmosphäre des Hauses schien hier in Furcht und Wut erstarrt. Die Vorhänge bauschten sich, als jemand die Tür zum Zimmer öffnete, und die Tür zum Ankleideraum fiel gleichzeitig mit solcher Wucht ins Schloss, dass sie Hester in den verwüsteten Raum stolpern ließ. Sie wirbelte ängstlich herum und wäre fast gefallen, weil sie überall auf Perlen zu treten schien. Jemand war hereingekommen.

2. KAPITEL
    „Jethro! Du hast mir einen Riesenschrecken eingejagt!“
    „Tut mir leid, Miss Hester, aber ich habe die Körbe gebracht und konnte Sie nirgends finden.“ Er sah sich um und wurde blass. „Gütiger Himmel, Miss Hester, was ist denn hier passiert?“
    Sie zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht, Jethro, aber sicherlich nichts Gutes.“
    Schnell knüllte sie das Nachthemd in ihrer Hand zusammen. Jethro war immerhin noch sehr jung, so erwachsen und erfahren er sich auch zu geben versuchte, und sie wollte nicht, dass er dieses entwürdigte Kleidungsstück sah.
    „Das ist Blut, Miss Hester.“ Er hatte das Zimmer betreten. Das zerbrochene Glas knirschte unter seinen Schuhen.
    „Nein, nein.“ Hester folgte ihm vorsichtig und besah sich bestürzt die braunen Spritzer an der Wand. „Vielleicht ist es Rotwein, oder wer immer den Spiegel zerbrach, hat sich dabei in den Finger geschnitten.“
    „Ja, das wird es zweifellos sein, Miss Hester“, gab Jethro freundlich nach. „Es waren wohl Einbrecher“, fuhr er fort. „Als sie nichts in den Schränken vorfanden, haben sie in ihrer Wut einfach mit Dingen um sich geworfen. So wird es gewesen sein. Soll das Ihr Zimmer werden, Miss Hester?“
    „Ja ...“ Hester wurde sich bewusst, wie unsicher sie klang, und fügte entschlossen hinzu: „Ja. Susan kann das Zimmer rechts neben der Treppe im ersten Stock bekommen. Und ich denke, Miss Prudhome gefällt gewiss einer der Schlafräume im hinteren Teil.“
    Der flüchtige Blick, den sie auf die Tür zum Ankleidezimmer warf, entging dem Jungen nicht. „Dann fege ich die Zimmer also am besten gleich nach dem Mittagessen, ja? Danach mache ich Feuer in den Kaminen und bringe das Gepäck.“
    In den Ställen hatte sie einen Topf Schlämmkreide gesehen. Damit könnte Jethro die Flecken an der Wand übermalen. Wenn das erst mal getan und die Scherben entfernt worden waren, würde sie sich viel besser fühlen.
    „Die Räume über den Ställen sind sehr gemütlich, Miss Hester“, fuhr Jethro fort und ging ihr voraus die Treppe hinunter. „Es gibt da auch einen alten Kanonenofen, also werde ich es richtig warm haben.“
    „Das sind gute Neuigkeiten, Jethro“, erwiderte Hester und fasste neuen Mut.

    „Ich wollte zum Gasthaus laufen und einen Krug Ale bestellen, Miss Hester.“
    „Das ist eine gute Idee, und du kannst genauso gut jetzt schon aufbrechen. Wer weiß, wie lange sie noch brauchen werden, wenn Miss Prudhome den Kutscher dazu überreden konnte, den ganzen Weg über langsam zu fahren.“
    Er nahm die Münzen, die sie ihm reichte, und ging hinaus.
    Jeder weitere Gedanke an mögliche Gewalttaten oder gar unheimliche Gespenster, die sie vielleicht hätte beunruhigen können, wurde von ihrem knurrenden Magen vertrieben. Wie spät mochte es sein? Die hohe Standuhr in der Küche musste vor Jahren zum letzten Mal aufgezogen worden sein, doch ihre Taschenuhr verriet ihr, dass es zwei Uhr war. Seit dem Frühstück im Wirtshaus in King’s Langley waren viele Stunden vergangen.
    Jethro hatte zu

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