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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Bündel aus Kräutern und blies die Flammen aus, damit sie glühten und ihren Rauch entwickelten. Schon bald war der ganze Raum von dem duftenden Qualm erfüllt, der merkwürdige Lichthöfe um die kleinen Binsenlichter bildete. »Es wird Zeit, in die Pforte der Träume zu schauen«, flüsterte er und öffnete die Fensterläden des Raumes. Kalte Luft drang herein. Er atmete sie tief ein und setzte sich dann mit gekreuzten Beinen vor das Fenster, wo er die Aromen auf sich wirken ließ.
    Atrocs Traum trug ihn auf einen Kamm, von dem er auf eine Stadt blickte, die von einer Festung mit hohen Mauern und einem gewaltigen zylindrischen Fried beherrscht wurde. Die Festung stand auf einem breiten Felsvorsprung, und die Stadt verfugte über einen großen Hafen, der durch ein weites, geschwungenes Kap geschützt wurde. Er erkannte sie sofort. Es war Rauthaz, die Hauptstadt von Yularia und die Höhle des Schattenkönigs Grazaan. Es war der Stützpunkt, den Gunderlek und seine zusammengewürfelte Armee vor weniger als einem Jahr erobert hatten, und welche die Akolythen in ihre Grabstätte verwandelten, als sie ihre bösartigen Nachtjäger dorthin schickten.
    Während Atroc zusah, rollte eine riesige Woge vom Meer heran. Es war eine lange Wand aus Wasser, deren sich überschlagender, schäumender Rand die Form einer gewaltigen, tobenden Pferdeherde annahm. Auf jedem Pferd saß ein Reiter, eine unüberschaubare Menge von Personen. Die Gesichter in der ersten Reihe jedoch erkannte Atroc fast ausnahmslos. Er sah Byrnak, Yasgur, Welgarak, Alael und Bardow, den jungen Kaiser Tauric, Grazaan und Thraelor, Kodel und Ystregul, Mazaret und Gilly, Keren und ihre Spiegelschwester Nerek, und viele, viele andere vertraute Züge. Die gewaltigen Rösser aus Gischt donnerten über die Stadt Rauthaz hinweg, dann über die niedrigen Hügel, und als sie auf die Gorodar-Berge zurauschten, flog Atroc mit ihnen und hielt Schritt mit den Reitern an der Spitze.
    Er stieg höher und konnte auf die Gipfel des Gorodar hinabschauen, als die gewaltige Welle gegen seine nördlichen Hänge prallte und sie, ohne auch nur langsamer zu werden, überflutete. Die fahlen Wellenreiter kämpften mit ihren Schlachtrössern, als sie auf die finsteren Wälder des Nördlichen Khatris hinabdonnerten und weiter strömten. Sie nahmen zügig Kurs nach Süden. Für Atroc ähnelte dieses Bild bemerkenswert einem der allegorischen Gemälde, das nach der Schlacht um Besh-Darok aus seinem Versteck geholt worden war.
    Die Flut strömte nach Süden, ertränkte alles in ihrem Weg, und Atroc bemerkte, dass nach und nach Gesichter aus den ersten Reihen verschwanden. Viele Mogaun waren nicht mehr zu sehen, ebenso wie zahlreiche Soldaten und Offiziere der Südmänner verschwanden. Eine Gruppe von Akolythen taumelte und wurde unter den Fluten begraben. Es fielen noch andere, Mazaret, Yarram, Ghazrek, auch Nerek, die in einem Lidschlag verschwand, und der alle Schattenkönige folgten, bis auf einen, Byrnak. Gilly versank ebenso in den tosenden Wellen wie auch Yasgur. Mittlerweile erstreckte sich die kochende Flut von den Gorodar-Bergen bis zum Rukang-Massiv, floss über Zentral-Khatris hinweg, wendete sich nach Westen und überflutete den Königstor-Pass. Bardow, Keren und Medwin fielen in Sichtweite von Besh-Darok, wie auch die letzten überlebenden Oberhäuptlinge der Mogaun. Durch den Pass und über den Buckelgurt rann die abgeschwächte Sintflut, über die Wiesen und durch die Wälder, mit nur noch drei schaumgeborenen Reitern an der Spitze. Auf der einen Seite befand sich der Schattenkönig Byrnak, und Alael und Tauric waren auf der anderen. Die Mauern Besh-Daroks kamen näher, aber bevor die Wasser sie erreichten, begann dieser außergewöhnliche Albtraum zu verblassen. Zu Atrocs großer Enttäuschung schlössen sich die Pforten der Träume wieder, Momente zu früh.
    Er öffnete seine entzündeten Augen und sah sofort die Feuer auf den Stadtmauern. Die meisten Brände sammelten sich am Schild-Tor. Also hatte Bardow mit seiner Vermutung Recht behalten, dass Byrnak nächtliche Dramen liebte. Während er zusah, flammten noch mehr Feuer weiter im Süden auf. Während sich seine Augen auf die Dunkelheit einstellten, sah er, wie große Gruppen von Reitern durch die dämmrige, verschneite Ebene unterhalb der Mauern ritten. Das bedeutete, Byrnak und die anderen Schattenkönige zögerten noch, ihre ganze Stärke zu zeigen. Natürlich schien der Traum, den er gerade durchlebt hatte, ihren

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