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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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man den Gottesstrom anwendete, wie die Niedere Macht damals geheißen wurde.
    Dies erzürnte den Herrn des Zwielichts, der daraufhin eine Armee seiner Gefolgsleute aushob, den Vater-Baum einkerkerte und den weisen Mann und seine Schüler in tiefe, uralte Wälder vertrieb. Die Erden-Mutter sah mit an, wie wehrlose Menschen durch Speere und Knüppel starben, und wusste jetzt, dass der Herr des Zwielichts falsch handelte. Sie ging zum Vater-Baum und bot ihm ihre Hilfe und ihre erneute Liebe an. Zusammen stellten sie sich gegen den Herrn des Zwielichts, und als die Erden-Mutter ihn öffentlich rügte und seine Annährungsversuche barsch zurückwies, schlug sein Zorn in Hass um. Aber sie hatte den Mutterkeim und der Weise hatte das Kristallauge. Also musste der Herr des Zwielichts den Vater-Baum freilassen und zog sich in seinen großen Tempel zurück.
    Dort brütete er und nährte seinen Hass viele Äonen lang, bevor er zu einer schicksalhaften Entscheidung kam. Er zögerte nicht mehr, als er in die Abgründe der Welt hinabstieg, um zu erkunden, wo Die Großen Wasser der Nacht entsprangen. In einer gewaltigen unterirdischen Höhle, in der die Finsternis an ausgedehnte Strände schlug, fand er eine stolze und wilde Rasse, die er von den Bestien erhob und zur Dämonenbrut machte. Sie waren die ersten und tödlichsten seiner Diener. Als Nächstes warf er einen Blick auf seine Anhänger und wählte die Treuesten unter ihnen für eine ähnlichen Erhöhung aus. Dies waren die Erst-Erweckten. Danach war es einfacher, die Mittel für den Krieg zu erschaffen, der da kommen sollte, die Armeen, die Waffen, die Befestigungen und Bastionen, welche am Ende allesamt von der ungeheuerlichen Zitadelle von Jagreag überschattet wurden.
    Der Krieg selbst war eine Sintflut von Blut, die alles Land und alles Leben verfinsterte. Meere bäumten sich auf und begruben Wälder und Hochländer unter sich, während neue Berge und Felder aus den Tiefen der Ozeane emporstiegen. Der gewaltige Kampf gipfelte in der jahrelang andauernden Schlacht von Kogil, die mit dem Fall Jagreags endete, welcher vom Stab der Leere herbeigeführt wurde, dem Artefakt, das die Erden-Mutter mit ihren eigenen Händen schuf.
    Der Herr des Zwielichts wurde in ein neu gebildetes Reich verbannt, wo er fortan hausen musste. Seine überlebenden Diener wurden eingekerkert, bis auf die Dämonenbrut, die vor dem Ende der Schlacht weggeschickt worden war. Dieses Ende war jedoch eher der Beginn eines äonenlangen Kampfes, der weniger umwälzend war als der erste, aber mit derselben gnadenlosen Zielstrebigkeit geführt wurde … Der Bogen spann sich weiter, berührte einige der Wendepunkte des Zeitenlaufs, den Aufstieg und Fall von Reichen und ihrer grausamen oder gerechten Herrscher.
    Die Geschichte erzählte von den Ränken des Brunn-Quell, dem die Aussaat und das Wachstum der Macht der Wurzel folgte. Sie streifte die Gründung des Khatrimantinischen Reiches und seinen Untergang tausend Jahre später, zusammen mit der Vernichtung der Macht der Wurzel…
    Als die Kette aus Erinnerungen an ein Ende kam, bemerkte sie auch den Faden ihrer eigenen Geschichte, der sich dazwischen wob, und der durch den Sturz von der Hohen Basilika in Trevada jäh zerrissen worden war. Dann war dieser Gedankenfaden verschwunden, wieder in die Tiefe gesunken, aber ihr Erinnerungsbild lächelte sie jetzt an. Es glitt auf sie zu und breitete die Arme weit aus, um sie trotz ihrer Angst zu umarmen und sie an sich zu drücken …
    Eine lange Zeitspanne verstrich wie im Flug, und all ihre Wahrnehmungen änderten sich. Sie wurde sich ihres Körpers bewusst und seines Gewichtes, während sie auf dem Rücken lag, spürte den unebenen Boden und ertastete unter ihren Fingerspitzen das feuchte Gras. Benommen richtete sie sich auf, schaute an sich herunter und sah, dass sie den gleichen Schal und dieselbe blaue Robe trug wie ihr Erinnerungsbild. Sie fühlte sich bereit, zu weinen oder zu schreien, und konnte dennoch keins von beidem tun …
Dein Weg war lang und hart, Suviel, Tochter meiner Töchter, aber dein Kampf ist noch nicht zu Ende, der letzte Ton deines Liedes noch nicht gesungen.
    »Ich verstehe nicht«, sagte sie und bedeckte ihr Gesicht mit ihren Händen. »Wer bin ich?«
Du wirst das alles am Ende erfahren, Stück um Stück. Doch jetzt hab ich eine kleine Aufgabe für dich. Sieh!
Sie öffnete die Augen und ließ die Hand sinken. Sie erkannte eine junge, schlanke Frau mit langem, blondem Haar, die in einiger

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