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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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zukam.
Ungeachtet deiner Blutlinie warst du immer der Sohn dieses wackren Herzogs.
    In dem kühlen Hain fielen die Sonnenstrahlen auf einen kleinen Teich und ein weißes, steinernes Monument. Sie wartete geduldig, wie die Göttin es befohlen hatte. Ein größerer Felsbrocken ragte aus dem Boden neben dem Teich hervor, also setzte sie sich darauf und starrte ins Wasser, in dem kleine Fische schwammen und über das Insekten huschten. Nach einer Weile blickte sie hoch und ließ ihren schweifenden Blick auf dem Monument ruhen. Sie betrachtete genau die Steinmetzarbeiten an seiner Seite, als es plötzlich in dem dichten Unterholz raschelte. Schließlich wichen die Zweige zurück, und die große Gestalt einer Frau in einem langen Umhang aus Blättern trat vor. Während sich das Blattwerk hinter ihr schloss, schritt die Göttin barfuss und ohne Hast über den weichen, moosigen Boden, blieb neben dem Monument stehen und betrachtete die wartende Frau. Ein Gefühl von Erwartung erfüllte die Luft, und ein juwelenartiges Licht schien sie zu umgeben. »Suviel«, sagte die Göttin. »Komm her.«
    Die Frau erlebte einen Moment der Furcht, als sie den Namen hörte, ihren eigenen Namen, der Besitz von ihr zu ergreifen schien. Dennoch musste sie gehorchen, also stand sie auf und ging mit gesenktem Blick zu der Göttin. »Sieh hoch.«
    Suviel gehorchte. Die Erden-Mutter überragte sie. In ihr langes, dunkles Haar hatte sie blaue Blumen geflochten, ihre Gesichtszüge waren kräftig und klar, ihre Augen von einem kupfernen Grün, das Suviels Gedanken auszuleuchten schien. Einen Moment betrachtete die Göttin sie aufmerksam, dann ging sie zu der undurchdringlichen Wand aus Ranken und Blättern auf der anderen Seite der Lichtung. Suviel musste ihr folgen. »Ich habe einige Aufgaben für dich«, erklärte die Göttin. »Erstens wäre es von Vorteil, einige deiner Erinnerungen und Fähigkeiten zu restaurieren …«
    In einem Moment war sie nur eine leere Hülle, die einen fremden Namen trug. Im nächsten Augenblick drängten sich das Wissen und die Geschichte der Länder des Reiches in ihrem Kopf, Namen, Orte, Bedeutungen, all die Dinge, welche Suviel im Tal der Linderung abgeschüttelt hatte. Sie hätte am liebsten geweint. »Jetzt pass auf.«
    Die Erden-Mutter machte eine kleine Handbewegung, und die Macht wallte um sie herum, als sich in der Wand aus Ranken eine ovale Öffnung bildete, die so groß war wie die Erden-Mutter selbst. Funkelnde Wellen liefen über die Dunkelheit in dem Loch und beruhigten sich, um den Blick auf eine dämmrige Kammer freizugeben, die von zwei großen Kerzen erleuchtet wurde. Auf einem Tisch lagen einige Gegenstände, ein Buch und zwei Kästchen, die plötzlich transparent wurden und ihren Inhalt enthüllten. Suviel gab einen leisen Laut von sich, als sie die Gegenstände wiedererkannte.
    »Das Kristallauge und der Mutterkeim.«
    »Die Beute, welche die Schattenkönige, vor allem Byrnak mehr als alles andere begehren«, antwortete die Erden-Mutter. »Der Besitz dieser Artefakte würde ihnen die Macht geben, sich ein für allemal des Herrn des Zwielichts zu entledigen. Aber das werde ich nicht erlauben, denn ich werde meine Rache nehmen!« Der Groll der Göttin ließ die Luft erzittern, und die Umgebung schien sich plötzlich zu verdunkeln. Sie machte eine weitere, winzige Handbewegung, und die Szenerie veränderte sich erneut. Die Kammer verschwand in einem schimmernden Nebel, der sich klärte und einen Hof mit einem offenen Torbogen zeigte, von dem aus man auf eine weite Wasserfläche unter einem bewölkten Himmel blickte. Im Vordergrund stand ein untersetzter kahlköpfiger Mann in der braunen Kutte eines Mönches, und zwei militärisch gekleidete Männer, die rote Umhänge, identische, versilberte Brustplatten und aufwendige goldene Gesichtsmasken trugen. Die Maskierten waren Offiziere der Theokratie von Jefren, aber war das im Hintergrund nicht die Birrdaelin-See? War die Theokratie so schnell so weit vorgedrungen? Der Kahlköpfige war eindeutig Coireg Mazaret. Die Erinnerungen, zu denen Suviel jetzt Zugang hatte, verrieten ihr nur wenig zu diesem Namen, aber irgendwie schien er mehr zu bedeuten, etwas, was sie nicht zu fassen vermochte.
    Einige Meter von Coireg Mazaret entfernt standen fünf verhüllte Gestalten, die wie Reiter oder Kundschafter gekleidet waren. Die erste näherte sich Mazaret, beugte vor ihm das Knie und schob seine Kapuze zurück. Suviel erkannte ihn, und unterdrückte rasch ihr

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