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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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hier, dein geliebtes Innerland zu verlassen und dich wieder in den finsteren Kampf zu stürzen?«
    Die ältere Hexenmähre sah Shondareth an. »Ich fürchte, eher nicht, mein Freund. Dieser Kampf war bereits verloren, als wir und das Kaiserreich noch stark waren. Was sich jetzt dort draußen abspielt, ist nur die lange aufgeschobene Schlussszene des letzten Akts. An einem solchen Kampf teilzunehmen, wäre ein sinnloses Opfer, also muss ich Euer Ansinnen mit allem Respekt ablehnen, Kaiser von Besh-Darok. Außerdem werde ich müde und ziehe mich für den Abend zurück.« Er sah die drei verhüllten Frauen an. »Dank Euch, dass Ihr mir so erleuchtete Verse vorgetragen habt, danke, Pel, danke Cava, und dank auch dir, Suvi, für Eure wunderschönen Stimmen …«
    Als die Frauen aufstanden und sich verabschiedeten, konnte Tauric sie besser sehen. Die namens Pel hatte langes, dunkles Haar und eine gemessene Art, Cava hatte schwarzes, lockiges Haar, dunkle Haut und ihre Augen blitzten übermütig, und Suvi hatte schulterlanges, blondes Haar und ein offenes Lächeln. Tauric und Shondareth verabschiedeten sich rasch von der älteren Hexenmähre, und als sie mit den drei Frauen die Scheune verließen, richtete Tauric es so ein, dass er neben Suvi gehen konnte. Etwas an ihr weckte seine Neugier. »Lebt Ihr hier in der Nähe?«, fragte er, als sie die Scheune verließen. Es wurde langsam dunkel, und Schleier aus Nebel und Schatten senkten sich herab.
    Sie warf ihm einen belustigten Blick zu. »In gewisser Weise«, sagte sie und deutete zu den Bergen, zum Vorgebirge des Oshang Dakhal, auf dessen Gipfel jetzt die Lichter von Trevada flackerten. »Dort arbeite, lebe, esse, bete und studiere ich, was ich Euch eigentlich erst sagen sollte, nachdem wir uns vorgestellt worden sind.«
Was…?
    Thoumyrax hat verhindert, dass Sie Euch vorher hören konnten.
    »Ich … verstehe …« Er räusperte sich. »Gut, ich bin Tauric … dor Barleth.«
    »Barleth?«, erwiderte Suvi nachdenklich. »Gehört das nicht zu den herzoglichen Ländereien in Patrein?« »Ich habe die Ehre, der Sohn seiner Hoheit des Herzogs zu sein«, sagte er und verbeugte sich leicht. »Und ich bin Suviel Hantika aus der Stadt Kessio in Cabringa.« Sie lachte und knickste, dann drehte sie sich um, als ihre Freundinnen sie aus einem Stall weiter stromaufwärts riefen.
    »Ich muss gehen, sonst verspäte ich mich«, erklärte sie. »Gute Reise, Tauric dor-Barleth.«
    Er sah ihr nach, wie sie jugendlich und schwungvoll durch das kniehohe Gras lief, und wurde bei ihrem Anblick an die freundliche, aber erschöpfte Frau erinnert, die Keren geholfen hatte, ihn nach Krusivel zu bringen, und sich um ihn gekümmert hatte, nachdem er seinen Arm verloren hatte.
    Warum ist sie hier?, dachte er.
    Thoumyrax muss sie in seiner Jugend gekannt haben,
erwiderte der Geist des Vater-Baumes.
Und in seinem intensiven Bedürfnis, eine tröstende Innerland-Illusion zu schaffen, hat er einen Teil des nördlichen Anghatan mit genauesten Einzelheiten geschaffen. Allerdings vermute ich, dass sich jeder Spätsommertag hier immer und immer wiederholt…
    Während Tauric den drei Frauen nachsah, die nach Norden ritten und zwischen den Bäumen verschwanden, spürte er plötzlich eine starke Sehnsucht nach Frieden, Glück und dem Ende aller Kämpfe.
Das könntet Ihr leicht gewinnen. Friede, Glück, Erfolg und Komplimente, die Liebe und Hingabe Eurer Bewunderer. All das und mehr, eine Burg, ein Reich oder sogar ein eigenes Königreich. Ihr könntet König oder Kaiser sein, alles, was Ihr wollt oder wovon Ihr träumt, könnte Euch gehören … Fragt Shondareth.
Tauric blieb stehen und dachte über die Möglichkeiten nach, die ihm der Geist des Vater-Baumes soeben aufgezeigt hatte. Er konnte all seine Bedürfnisse hier verwirklichen. Er berührte die Rinde eines Baumes, pflückte eine Hand voll Blätter von einem niedrigen Zweig und stellte sich vor, dies alles aus seiner eigenen Erinnerung zu schaffen… Dann sah er hoch zum bewölkten Himmel und fragte sich, wie real ein solcher Ort sein konnte.
    Für Euch wäre er real.
    Und unwirklich für alle anderen, dachte er und ließ die Blätter fallen. Während ich meinen Wünschen nachgebe, würde alles andere im Chaos versinken. Nein, es wäre eine Lüge, und ich bin zu sehr der Sohn meines Vaters, um meine Pflicht zu vernachlässigen, das weiß ich jetzt.
    Ja,
sagte der Geist des Vater-Baumes, während die Hexenmähre Shondareth durch das Gras auf sie

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