Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
Vom Netzwerk:
glaube.«
    »Und gehorchst du meinem Willen?«
    »Ich gehorche.«
    »Dann empfange meinen Segen und meine Gabe und geh …«
    Bei den letzten Worten der Göttin umwirbelte Suviel plötzlich ein dunkler Strudel mit huschenden Gestalten, als wäre sie der ruhende Mittelpunkt eines rasenden Abgrunds. Ebenso rasch ebbten die Bewegungen ab, und sie fand sich in einer finsteren, hohen, fensterlosen Kammer wieder. In einer Ecke hinter ihr verblasste langsam das Strahlen einer Weinranke, welche aus einem Spalt in dem gepflasterten Boden heraus und an der Wand hochgewachsen war. Mit diesem spärlichen Mittel hatte die Erden-Mutter ein Portal für sie geöffnet. Nachdem dieses Leuchten der Macht vollkommen erloschen war, sah Suviel nur noch das schwache Flackern von Fackeln, das durch eine vergitterte Tür schien, die sich hoch oben in dem Raum befand, und in deren Licht eine Treppe zu erkennen war, die hinaufführte. Sie machte sich unverzüglich an den Aufstieg. Suviels verstärkte Sinne verrieten ihr die Lage von Ystreguls Gefängnis. Umhüllt von einer Vielzahl von Zaubern wirkte es wie ein flammendes Leuchtfeuer, das die undeutlichen Umrisse der anderen Korridore und Räume umgab. Die Kammer, in der sie aufgetaucht war, lag einige Meter tiefer im Fels des Oshang Dakhal als der Kerker des Schattenkönigs, aber sie musste zunächst zu einem höheren Stockwerk der Hohen Basilika hinaufsteigen, weil sie nur von dort Zugang zum Verlies bekommen würde.
    Die Tür am Ende der Treppe war nicht verschlossen, und umhüllt von Magie, die das Auge der Feinde täuschte, stahl sich Suviel durch die Korridore, auf der Suche nach einem Weg nach oben. Die vielen unterirdischen Tunnel und Räume waren vor über zweihundert Jahren auf Befehl von Zothelis in den Fels gehauen worden, dem Erzmagier dieser Zeit, der ehrgeizig eine ganze Stadt in den Oshang Dakhal hatte graben lassen wollen. Nach seinem Tod war sie unvollendet geblieben, und die zahlreichen Räume dienten den jeweiligen Verwaltern der Hohen Basilika als Lager- und Schlafstätten. Die Akolythen des Zwielichts hatten allerdings eine andere Verwendung dafür gefunden.
    Suviel nahm noch die Spuren des Schmerzes der Gefangenen wahr, die früher hier eingekerkert gewesen waren, während sie die Treppe hinaufging und durch die Korridore schlich. Sie fühlte diese Schmerzen aber nur, weil die versammelten Erinnerungen ihres alten Selbst sie fühlten, und die Fetzen von Qualen verfolgten sie auf ihrem Weg durch einen von Fackeln erleuchteten Korridor, der zu einer Wendeltreppe führte, die nach unten führte.
    Die Gänge waren nicht gänzlich verlassen, und zweimal musste Suviel einen Umweg in Kauf nehmen, um Meistern der Akolythen auszuweichen, die von kleinen Gruppen von Novizen begleitet wurden. Ihre Magie genügte dagegen vollkommen, um die Wachen und Schließer zu täuschen, die ihre Runden drehten, und schon bald stieg sie zu der Ebene hinab, auf welcher der Schattenkönig eingekerkert war. Einige Wendeltreppen brachten sie in eine kleine, schwach erleuchtete Vorkammer, in der ein merkwürdiges, blaugrünes Leuchten von seltsamen, an den Wänden befestigten Emblemen ausging, welche über Torbögen befestigt waren. Ohne innezuhalten trat Suviel durch einen Bogengang zu ihrer Rechten und duckte sich rasch in eine Nische, um in dem schmalen Gang einem Wächter auszuweichen.
    Augenblicke später stand sie vor der Tür von Ystreguls Kerker. Sie war mit Alarmzaubern gesichert, welche den Türflügel an den massiven Türrahmen banden, zum Glück jedoch banden sie den Rahmen nicht auch an die Steinmauer. Suviel wusste, welchen Gedankengesang sie einsetzen musste, und nach einigen vorsichtigen, gespannten Momenten schickte sie den Zauber aus und ließ den schweren, hölzernen Rahmen eingehüllt in einem Netz von Niederer Macht lautlos mitsamt der Tür nach innen aufschwingen. Sie trat über die Schwelle, erzeugte rasch die Illusion eines unversehrten Rahmens hinter sich, drehte sich um und betrachtete den Gefangenen.
    Uralte Hieroglyphen der Macht brannten grün in dem Boden unter ihm, während Suviels Blick die zahllosen, miteinander verbundenen Ketten der Hexerei sichtbar machte, in denen der Käfig des Schattenkönigs hing. In dieser Kammer zu stehen fühlte sich an, als wäre sie in ein riesiges Maul getreten, das jeden Eindringling erbarmungslos zermalmte. Die Erden-Mutter hatte ihr gesagt, wie sie eben diese lauernden Kräfte für ihre Aufgabe einsetzen konnte. Suviel rief sich diese

Weitere Kostenlose Bücher